Fachanwälte müssen sich nach der FAO fortbilden, derzeit 15 Stunden/Jahr. Das ist eine ganze Menge und kostet Zeit. Die können/dürfen Fachanwälte nicht nur in Fortbildungsveranstaltungen (v)erbringen, sondern auch durch wissenschaftliche Veröffentlichungen. Und mit der Frage,wann dieses Kriterium erfüllt, ist hat sich jetzt das BGH, Urt. v. 20.06.2016 – AnwZ (Brfg) 10/15 – befasst. Da ging es um einen „Fachanwalt für Informationstechnologierecht“ zu führen. Der wollte seine Fortbildungsverpflichtung für das Jahr 2012 dadurch erfüllt haben, dass er drei Fachbeiträge auf seiner Homepage eingestellt hatte. Eigenen Angaben zufolge hatte er auf den ersten Beitrag 5,75 Stunden verwandt, auf den zweiten Beitrag 10,5 Stunden. Der dritte Beitrag sei mit einem Aufwand von 2 Stunden am 31. Dezember 2012 begonnen und im Januar 2013 abgeschlossen worden. Die RAK hat die Fortbildungspflicht für das 2012 als nicht erfüllt angesehen, nachgekommen. Sie hat die Erlaubnis, die Bezeichnung „Fachanwalt für Informationstechnologierecht“ zu führen, widerrufen. Dagegen die Klage, die dann letztlich beim BGH gescheitert ist. Der BGH meint: Ein nur auf der eigenen Homepage veröffentlichter Fachbeitrag ist keine wissenschaftliche Publikation, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann. Dazu der BGH:
3. Der Kläger ist der aus § 15 FAO folgenden Pflicht, sich jährlich fortzu-bilden, im Jahr 2012 nicht nachgekommen. Das Einstellen von Beiträgen auf einer eigenen Homepage ist keine wissenschaftliche Publikation im Sinne von § 15 FAO.
a) Eine „Publikation“ ist eine Veröffentlichung. Sie ist für die Öffentlichkeit bestimmt und an ein bestimmtes Träger- oder Übertragungsmedium gebunden. Eine wissenschaftliche Publikation ist nach herkömmlichem Verständnis eine schriftliche wissenschaftliche Arbeit, die von einem wissenschaftlichen Verlag zur Veröffentlichung angenommen und veröffentlicht worden ist. Mögliche Formen der wissenschaftlichen Veröffentlichung sind danach insbesondere die in einem Fachverlag veröffentlichte Monografie, der Beitrag in einem Kommentar oder Lehrbuch und der in einer wissenschaftlichen Zeitung, einem Tagungs- oder Sammelband oder einer Festschrift veröffentlichte Artikel. Veröffentlichun-gen in elektronischen Medien können jedoch nicht von vornherein aus dem Kreis der wissenschaftlichen Publikationen ausgeschlossen werden. Viele Fachzeitschriften erscheinen in elektronischer Form. Es gibt online-Ausgaben juristischer Kommentare, die auch in gedruckter Form vorliegen, sowie Aufsätze und Kommentare, die ausschließlich über Datenbanken abrufbar sind. Sinn ei-ner wissenschaftlichen Publikation ist die dauerhafte Sicherung und Verbreitung einmal gewonnener Erkenntnisse, die so von beliebigen Dritten zur Kenntnis genommen und fortentwickelt werden können. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich in – sei es auch öffentlichen – Gesprächen und Diskussionen ergeben haben, erfüllen diese Anforderungen nicht, weil das gesprochene Wort flüchtig ist und abwesende Dritte keinen Zugang zu ihm haben. Gleiches gilt für Er-kenntnisse, die in Briefen, etwa Mandantenrundschreiben, oder Gutachten niedergelegt sind. Sie sind dauerhaft verkörpert, sind aber nur für die jeweiligen Empfänger und nicht für die (Fach-) Öffentlichkeit bestimmt. Die (möglicher-weise) hohe Qualität und der (möglicherweise) hohe Erkenntniswert etwa eines wissenschaftlichen Gutachtens ändert nichts daran, dass es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Publikation handelt, solange keine Veröffentlichung erfolgt.
b) Das Einstellen eines Artikels auf der eigenen Homepage stellt keine wissenschaftliche Publikation in diesem Sinne dar. Der Artikel auf der Homepage ist zwar für die Öffentlichkeit zugänglich. Er ist jedoch nicht nachhaltig verfügbar. Es steht im freien Belieben des Inhabers der Homepage, ihn zu verändern, ohne dies zu dokumentieren, oder ganz zu entfernen. Dies hat zur Folge, dass er nicht wissenschaftlich verwertet werden kann. Ein Autor, der einen solchen Beitrag zitiert, kann das Zitat zwar absichern, indem er der Internetanschrift, unter welcher er ihn gefunden hat, den Tag seiner Recherche beifügt. Ein Dritter kann das Zitat später jedoch nicht mehr nachvollziehen, wenn der Artikel entfernt worden ist. Ist der Artikel in der Zwischenzeit verändert worden, ohne dass dieser Vorgang dokumentiert worden ist, würde das Zitat fälschlich als Fehlzitat bezeichnet werden. In diesem für die wissenschaftliche Diskussion und den wissenschaftlichen Fortschritt wesentlichen Punkt unterscheidet sich die „Eigenveröffentlichung“ auf der eigenen Homepage von einer Veröffentli-chung, die ein Verlag verantwortet, oder der Veröffentlichung auf dem von einer Universität oder einem Institut nach feststehenden Regeln betriebenen Doku-menten- und Publikationsserver. Hinzu kommt, dass eine Veröffentlichung, die von einem Fachverlag oder einer Universität verantwortet wird, typischerweise mindestens dem äußeren Anschein nach das für eine wissenschaftliche Publikation erforderliche Niveau aufweist, weil sie überhaupt zur Veröffentlichung angenommen worden ist. Dadurch, dass der Verfasser sich der Fachöffentlichkeit stellt, ist auch ein gewisses inhaltliches Niveau gewährleistet. Beides fehlt bei Veröffentlichungen auf der eigenen Homepage, die eher von Mandanten als von Fachkollegen zur Kenntnis genommen werden und die jederzeit zurückge-zogen oder verändert werden können, ohne dass dies von Dritten nachvollzogen werden könnte. Deshalb werden durch diese die Mindestanforderungen, die an eine wissenschaftliche Publikation zu stellen sind, nicht erfüllt.“
Also: Schön weiter auf die „Schulbank“ 🙂 , zumindest teilweise….
Ich finde das Urteil merkwürdig.
Es geht doch um die Beurteilung der Fortbildung des RA im Sinne der Anforderungen an das Führen eines Fachanwaltstitels. Warum soll es dann einen Unterschied machen, ob das Wissen dauerhaft gespeichert abrufbar ist, wenn der Autor zweifelsohne die gedankliche Leistung zur Fortbildung erbracht hat?
Mir erschließt sich der Zusammenhang nicht.
Es geht wohl um die Vergleichbarkeit…wissenschaftliche Veröffentlichung – HP
Wobei man schon die Frage stellen darf, warum eine übliche Veranstaltung, die nach obigem Urteil nur flüchtige Worte liefert, im Sinne der FAO als Fortbildung ausreichend sei, die eigene Auseinandersetzung mit einem Thema, zu der der Lernende dann auch noch selbst Unterlagen verfasst, plötzlich nicht. Ob man die Veröffentlichung nun als wissenschaftliche Veröffentlichung würdigt oder als Äquivalent zu einer üblichen Veranstaltung — das mag ja auch von Interesse sein; da aber die übliche Veranstaltung ausreicht (bzw. nur das Vorlegen eines irgendwie gearteten Teilnehmerscheins), ist die Entscheidung der RAK mE nicht ganz nachvollziehbar. Denn die (nicht-wissenschaftlichen) Veröffentlichungen des FA waren für die Kammer nachprüfbar, der Inhalt der üblichen Veranstaltung nicht per se.
Sie können jeden Frage stellen, ich kann sie nur nicht alle beantworten 🙂 🙂
Schönes Urteil, dazu musste es ja kommen.
Es hat aber ein wenig den Anschein als würde der BGH hier nach einer Begründung für die in den Köpfen der Richter schon getroffene „wo kämen wir da hin“-Entscheidung suchen (ich täusche mich hoffentlich…). Die Argumentationslinie überzeugt mich ganz und gar nicht. Ergebnis freilich nachvollziehbar. Denn: wo kämen wir da hin? 😉
Man könnte auch schreiben: Bloggen ist für den Blogger keine Fortbildung 🙂
Gott sei Dank kommt dann ja bald auch die nachzuweisende allgemeine Fortbildungsverpflichtung für Rechtsanwälte….Großartig auch die Idee des Ausschusses der Satzungsversammlung die Fortbildung von Fachanwälten hier nur teilweise anzurechnen und erstmal 40 (!!!) Stunden in den Raum zu werfen.
Wahrscheinlich wird man dann bald keine Anwälte mehr in Ihren Büros antreffen, sondern hauptsächlich bei Seminaren oder Lehrgängen…..ACHTUNG IRONIE!!!!!!!
Die Veranstalter wird es freuen 🙂 🙂 Ironie aus 🙂
Die Hotels sicher auch:-)
So hat jedes Ding zwei/drei Seiten…. 😀
Die Behauptung der Herren Selbstgerecht, dass ein „gewisses inhaltliches Niveau“ bei einer „Veröffentlichungen auf der eigenen Homepage“ „fehle“ ist ein ganz tiefer Griff in die Kloschüssel wider die Unschuldsvermutung und Ehrbarkeit der Verfasser.
Kein Wunder, dass bei solch offensichtlich inhaltsblinder, vorverurteilender selektiver und vom Kopfe stinkender Medienaversion auf Ebene des BGHs die „Neulandpolitiker“ keinen Anreiz haben, sich ihrerseits über neue Medien fortzubilden.