Die bosnisch?herzegowinischen Justizbehörden haben die Auslieferung des Verfolgten zum Zweck der Strafvollstreckung beantragt. Zu vollstrecken ist/war noch eine Reststrafe von 1o Tagen. Das OLG Celle hat im OLG Celle, Beschl. v. 23.11.2015 -1 Ausl 46/14 – die Auslieferung abgelehnt:
„3. Die Auslieferung des Verfolgten widerspricht aber wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung i. S. von § 73 IRG.
a) Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 IRG ist eine Auslieferung zur Vollstreckung von Bagatellreststrafen von weniger als vier Monaten Freiheitsentzug unzulässig. Hierdurch soll nach dem Willen des Gesetzgebers vermieden werden, dass Auslieferungsverfahren eingeleitet würden, die außer Verhältnis zur Dauer der noch zu vollstreckenden Sanktionen stünden. Insbesondere gelte es zu verhindern, dass der Verfolgte für die Dauer des Auslieferungsverfahrens in Auslieferungshaft genommen wird, deren Dauer an die Dauer der noch zu vollstreckenden Sanktion heranreicht (vgl. BT?Drucks. 9/1338, S. 37). Auch wenn die Vorschrift aufgrund des Vorrangs des EuAlÜbk gemäß § 1 Abs. 3 IRG vorliegend keine Anwendung finden kann, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit das Vorliegen eines nur noch im Bagatellbereich liegenden Strafrestes die Prüfung veranlasst, ob die Rechtshilfe wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung i. S. von § 73 IRG widerspricht (vgl. KG, Beschluss vom 24. September 2012, 151 Ausl A 113/12, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 13. Juli 2015, OLG Ausl 98/15, juris).
b) Um einerseits die Grenzen zwischen Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk und § 3 Abs. 3 Satz 2 IRG nicht zu verwischen, andererseits aber der mit einer besonderen Belastung verbundenen Auslieferung eines Verfolgten aus Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen gerecht zu werden, hält der Senat die Auslieferung von Bagatellstrafresten allgemein für unzulässig, wenn diese die Dauer von zehn Tagen nicht übersteigt. Zwar sieht das EuAlÜbk keine Fristen vor, innerhalb derer nach Bewilligung der Auslieferung diese zu vollziehen ist. Es erscheint allerdings gerechtfertigt, die sich aus den Grundsätzen des EuAlÜbk entstandene Regelung für den Auslieferungsverkehr zwischen den EU?Staaten nach Art. 23 Abs. 2 Rb?EuHb und § 83 c Abs. 3 Satz 2 IRG heranzuziehen, wonach die Auslieferung vom Zeitpunkt der Bewilligung innerhalb von zehn Tagen zu vollziehen ist. Es bestünde sonst nämlich die Gefahr, dass eine verfolgte Person zur Durchführung der Auslieferung wieder in Gewahrsam genommen werden müsste, der Zeitraum der Ingewahrsamnahme sodann aufgrund der organisatorisch erforderlichen Vorbereitungen den der noch zu vollstreckenden Strafe erschöpfend abdeckt und eine Auslieferung wegen eines dann nicht mehr bestehenden Strafrestes letztlich doch unterbleiben müsste.“