Ein in der Praxis offenbar nicht seltener Fall ist immer wieder Gegenstand von Fragen/Diskussionen. Und zwar:
Es wird ein Beratungshilfe-Berechtigungsschein, z.B. wegen „Beratung wegen Führerschein (Strafbefehl)“ mit der Maßgabe erteilt, dass die rechtliche Beratung und – soweit erforderlich – die Vertretung durch einen Rechtsanwalt bewilligt wird und dass sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in Straf- und Bußgeldsachen auf die Beratung beschränkt. Der Rechtsaanwalt berät den Fragesteller dann und nimmt Akteneinsicht in die Verwaltungsakte der Straßenverkehrsbehörde. Geltend gemacht wird dann später u. a. auch eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2503 VV RVG.
Die Frage dazu: Mit Recht, wenn der Rechtsanwalt mehr Tätigkeiten nicht erbracht hat?
Nach OLG Bamberg nicht. Diese Ansicht ist allerdings abzulehnen, weil.eine Akteneinsichtnahme stets erforderlich ist um eine sachadäquate Beratung vorzunehmen. Da diese dann eine „Tätigkeit nach außen“ zwangsläufig nach sich zieht entsteht auch notwendigerweise eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG; dies kann m.E. auch nicht – mit einem bloßen Kostenargument – vorher bereits auf eine Beratungsgebühr eingeschränkt werden.
Meiner Meinung nach ist es nur möglich, eine Beratung abzurechnen: § 2 II BerHG, Nr. 2501 VV RVG. Die AE ist insoweit zwar für eine konkrete, am Einzelfall orientierte Beratung erforderlich. Würde man aber der Auffassung folgen, dass mit der Beantragung der AE ein Betreiben des Geschäfts erfolgt, widerspräche das der Begrenzung des § 2 II BerHG, so dass i. R.d. gar nichts abgerechnet werden könnte.
Dann wäre BerH im StrafR m. E. nur im Hinblick auf die allgemeinen strafprozessualen Rechte und allgemeine materielleFragen möglich – evtl. konkretisiert durch die (nicht zwingend richtigen) Angaben des Mdt. M. E. wäre diese Art der Beratung mit einem erheblichen Haftungsrisiko verbunden und würde dem Beratungsbedürfnis des Rechtsuchenden nicht gerecht werden. Das kann vom Gesetzgeber so nicht gewollt sein, weil so der Sinn der BerH entfiele (wobei ich mir nicht sicher bin, was der Gesetzgeber so will und sich denkt).
Insgesamt scheint mir das ganze System (BerHG und RVG) in dieser Frage widersprüchlich und wenig durchdacht.
Leider Gottes ganz klares Nein. So wird es auch im hiesigen AG-Bezirk seit Jahren gehandhabt-wobei ich es für absolut falsch halte. Wie soll man zuverlässig beraten ohne in die Ermittlungsakte zu sehen?
Es gibt zu dieser Frage auch einige wenige gerichtliche Entscheidungen, die dem Anwalt hier – mit gut lesbarer Begründung – eine Geschäftsgebühr zugestehen, so z.B. AG Halle (Saale), Beschluss vom 06.03.2013 (AZ: 103 II 211/13) und auch OLG Naumburg, Beschluss vom 14.12.2012 (AZ: 2 Wx 66/12). Der Großteil der Gerichte lehnt wohl weiterhin das Entstehen der Geschäftsgebühr für die Akteneinsichtnahme ab; auch in der aktuellen Kommentarliteratur wird das weiterhin so gehandhabt (Groß, BerH/PKH/VKH, 13. Aufl. 2015, § 44 RVG, Rn. 20; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, PKH & VKH, BerH, 7. Aufl. 2014, Rn. 1004 a. E.).