Auch Blogger leben gefährlich bzw. sind gegen Durchsuchungen nicht gefeit 🙂 . Das musste ein Blogger erfahren, gegen den strafrechtliche Ermittlungsverfahren, u.a. wegen Veröffentlichung von Auszügen aus Ermittlungsakten, anhängig waren. Ds AG ordnete die Durchsuchung der Wohnräume des Bloggers an. Der Beschluss wird darauf gestützt, das der Blogger auf den von ihm betriebenen Blog wesentliche Auszüge aus den Ermittlungsakten der gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren veröffentlicht habe. Deren Inhalte seien noch nicht in öffentlicher Verhandlung erörtert worden, der Blogger habe sich durch die Veröffentlichung nach § 353d Nr. 3 StGB strafbar gemacht.
Der Blogger legt gegen die Entscheidung Beschwerde ein und beruft sich u.a. auf Rechtsprechung des EGMR zum Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 GG und Art. 10 MRK. Das LG Amberg hat die Beschwerde des Bloggers zurückgewiesen, ohne sich überhaupt mit seinen Ausführungen zu Art. 5 GG und Art. 10 EMRK auseinanderzusetzen. Der Blogger geht nach Karslruhe und bekommt im BVerfG, Beschl. v. 30.06. 2015 – 2 BvR 433/15 – Recht:
„a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 <220>; 72, 119 <121>; stRspr). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen jedoch nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <145 f.>).
b) Das Landgericht hat sich in den Gründen seines Beschlusses mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), insbesondere mit der vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Art. 10 EMRK nicht weiter auseinandergesetzt, obwohl dies im Vorbringen des Beschwerdeführers zentral war und auch materiell eine Auseinandersetzung mit Art. 10 EMRK nahe lag. Es ist daher – ohne dass daraus folgt, dass das Landgericht der Beschwerde des Beschwerdeführers hätte stattgeben müssen – in der Sache von einer Nichtberücksichtigung des Vorbringens durch das Landgericht auszugehen.“
Man versteht es nicht, warum in solchen Fragen immer wieder Karlsruhe eingreifen muss.
So als Theorie mal der Ansatz scheiternder staatlicher Einrichtungen:
Generell überlastete oder überforderte Ermittlungs-/Strafverfolgungsbehörden werden der Masse und Komplexität der Verfahren nicht mehr Herr und schlagen daher in Einzelfällen zu hart zu. Überlastete oder überforderte Amts-/Land-/Oberlandesgerichte bremsen die Fehler nicht. Per Internet besser informierte Bürger wehren sich mehr, was die Probleme der ersten beiden Sätze weiter bestärkt. Erst die Elfenbeinturmeinrichtung in Karlsruhe, die selbst über fachlich gutes Personal Tätigwerden und Untätigbleiben entscheidet, kann die erste Entscheidung mit vernünftiger Sachprüfung fällen, wo dann Trivialitäten wie die Begründungspflicht für Eingriffe in Bürgerrechte nicht etwa zum ersten Mal auffallen, aber an die Einhaltung der Dienstpflichten erinnert werden kann, ohne selbst in die Verlegenheit zu kommen, diese Arbeit leisten zu müssen.
Wer einmal gesehen hat, wie ein 55jähriger Beamter sich dank Abschaffung seiner Schreibkraft im Zwei-Finger-Adler-Suchsystem einen Text abquält und für jeden Mausklick einen jüngeren Kollegen ‚ranholen muss, der wundert sich nicht mehr, wieso die Qualität der Arbeit teilweise so mies ist und ständiger Korrekturen durch die Rechtsprechung bzw. der Obergerichte braucht.
Weil Karlsruhe nicht jedes 2. Urteil in Deutschland kassieren kann
und sich viele Richter darauf verlassen daß die Mehrzahl der Beschwerden
nicht zur Entscheidung angenommen werden wird.
Selbst wenn Karlsruhe mal eingreift kann es dem Richter doch egal sein.
Der schimpft kurz und macht genauso weiter wie bisher.