Das Messverfahren PoliscanSpeed ist nach wie vor umstritten, aber: Es ist eine Bastion der OLG oder „die heilige Kuh“, an die man – aus welchen Gründen auch immer – nicht ran will. Warum eigentlich nicht mal ein OLG ein Sachverständigengutachten in Auftrag gibt und damit ggf. dann die Fragen ein für alle Mal klärt, erschließt sich mir nicht. Man versteckte sich lieber hinter der PTB und schreibt (immer wieder): Standardisiertes Messverfahren.
Um so erfreulicher sind daher die amtsgerichtlichen Stimmen, die das anders sehen und den OLG nicht folgen. Dazu gehört das AG Emmendingen. Aber ich muss leider schreiben: Gehörte, denn der Kollege RiAG Thomas Ullenbruch, der sich dort immer wieder gegen das OLG Karlsruhe – sein „übergeordnetes Gericht“ entschieden hat, ist leider plötzlich verstorben (vgl. Badische Zeitung vom 01.06.2015). Vom AG Emmendingen werden wir also in Sachen Poliscan Speed nichts mehr hören (vgl. „ein kleines gallisches Dorf…“, oder: AG Emmendingen versus PoliscanSpeed, die 2. m.w.N.). Seine letzte (?) Entscheidung hat das OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.07.2015 – 2(7) SsBs 212/15-AK 108/15 dann noch aufgehoben. Ich erspare mir Zitate aus der Entscheidung, ist alles sattsam bekannt.
Das OLG hat aufgehoben und zurückverwiesen, allerdings nicht an das AG Emmendingen, sondern an das AG Freiburg. Begründung im Beschluss:
„Auch im Hinblick auf die durch den plötzlichen Tod des Vorderrichters eingetretene Personalsituation beim Amtsgericht Emmendingen macht der Senat von der durch § 79 Abs. 6 OWiG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Sache an das Amtsgericht Freiburg zurückzuverweisen.“
Man beachte das „auch“, es gab also „auch“ noch andere Gründe. Sicherlich wollte man endgültig Ruhe an der „Poliscan Speed-Front“. Man weiß ja nie, ob nicht der neue „Vorderichter“ auch die alte Rechtsprechung fortführt. Aber: Man kann beim OLG beruhigt sein. Das ist nicht der Fall. Wie der Kollege Rinklin, der mir den OLG-Beschluss geschickt hat, mitteilt: „Mir liegt aber seitens des neuen Abteilungsrichters des AG Emmendingen ein Schreiben vom heutigen Tage vor, in dem er mitteilt, dass er künftig nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung des AG Emmendingen bzgl. Poliscan Speed festhalten wird.“
Nun, für den Betroffenen scheint das Verfahren aber ggf. noch einen günstigen Ausgang zu haben. Denn:
„Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- Sollte sich in der neuen Verhandlung ein Verstoß gegen §§ 3, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO erweisen lassen, wird der neue Tatrichter sorgfältig zu prüfen haben, ob angesichts des Zeitablaufs die Anordnung eines Fahrverbots noch ihren Zweck erfüllen kann (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 25 StVG Rn. 24 m.w.N.).
- Außerdem wird zu beachten sein, dass das Verfahren nach Aktenlage im Zeitraum zwischen Juni 2013 und Oktober 2014 nicht sachdienlich gefördert wurde. Da nicht ersichtlich ist, dass dem Betroffenen dadurch besondere Belastungen erwachsen sind, dürfte es jedoch – vorbehaltlich weiterer Feststellungen – ausreichen, die rechtsstaatswidrige Verzögerung durch die Feststellung derselben zu kompensieren (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl. 2015, § 46 Rn. 128, 132 m.w.N.).“
Immerhin.
Lieber und verehrter Herr RA Detlef Burhoff, RiOLG Hamm a.D.,
nach vorläufiger Auffassung wäre innerhalb Ihres vorstehenden Aufsatzes eine angemessene Würdigung der Person und seines Wirkens, des im 57. Lebensjahr allzufrüh verstorbenen, exzellenten Juristen u. Strafrichter aAG Emmendingen, Herrn Thomas Ullenbruch, wünschenswert gewesen. Vielleicht läßt sich dies noch im Rahmen einer juristischen Festschrift nachholen?
Das OLG KA wäre gut beraten gewesen, den Beschluß v. 17.07.2015 – 2 (7) SsBs 212/15-AK 108/15, gegen die letzte Entscheidung des Ende Mai 2015 verstorbenen Tatrichters Thomas Ullenbruch, nicht zu erlassen, bereits aus Respekt vor dem verfassungsrechtlichen Einsatz und der Lebensleistung eines allzufrüh verstorbenen, exzellenten Strafrichters und SV-Gutachters, in Anhörungen, auch auf Ebene unserer Bundes-Organe.