Wie bereits in der letzten Woche „gepostet“: Derzeit ist an der „Anfragenfront“ Flaute = es kommen nur wenig Anfragen zu gebührenrechtlichen Problemen. Aber eine ist dann in dieser Woche gekommen, so dass ich heute etwas vorstellen kann. Und zwar:
„…. ich habe nach 5stündigem Aktenstudium und im Rahmen zweier mündlicher Besprechungen einen Mandanten wegen der Erfolgsaussichten einer bereits von einer anderen Kollegin gefertigten Strafanzeige wegen Rechtsbeugung beraten und bin mir über die Abrechnung nach RVG unsicher.
Ich fürchte, ich kann nur mangelns schriftlicher Honorarvereinbarung nach § 34 RVG abrechnen.
Ist dies zutreffend?“
Na, wer hat eine Idee?
Solche Mandanten zahlen doch sowieso nicht, egal auf welcher Grundlage der RA abrechnet. 😉
5 Stunden Akten gelesen, ohne über die Vergütung nachzudenken? Man sollte nie vergessen, weshalb man eigentlich diese Arbeit macht. OK, manchen genügt es, gute juristische Arbeit zu leisten, andere wollen subjektiv zufriedene Mandanten. Ich auch, aber zu allererst geht es – besonders beim Berufsanfänger – um Geld-Verdienen. Es sei denn der Ehemann ist Chefsozius, oder man hat andere deckende Einkünfte. Und was denkt der Mandant von einem Anwalt, der 5 Stunden Akten liest, stundenlange Gespräche führt, und dann keine vernünftige Rechnung stellt? Beim HNO-Arzt lasse ich für 15 Minuten „Beratung, auch telefonisch“ , Laryngoskopie, und Ein-und Abschalten einiger Apparaturen jedes Mal 400 Euro. Schon der Selbstrespekt verlangt zumindest kostendeckende Rechnungen. Ging es bei der Beratung nicht auch, oder vielleicht sogar vor allem um die Geltendmachung von zivilrechtlichen Forderungen? Was steht für den Mandanten auf dem Spiel? Ich stelle diesbezüglich immer eine Relation zwischen dem, worum es geht, und wofür ich mit eventuellem Beratungsfehler hafte, und dem, was ich koste, her. Bei diffuser Gebührentatbestandslage würde ich dem Mandanten vorschlagen, „daß ich, da die Aufarbeitung des Vorgangs sehr zeitaufwendig war, in Ermangelung einer anderen die Gebühren betreffenden Vereinbarung, einen moderaten aufwandsbezogenen Stundensatz von XX Euro zzgl. Mhwst. berechne“ und ihn im „Falle seines Einvernehmens“ bitte, den Rechnungsbetrag aus „anliegend beigefügter Rechnung“ zu begleichen. Falls jemand sagt, das war nicht schriftlich vereinbart, würde ich ggf. alternativ Grundgebühr und Verfahrensgebühr bemühen. Diesbezüglich erinnere ich an den kreativen Kollegen Burhoff, der bezüglich der Pflichtverteidigerbeiordnung das Modell der konkludenten Beiordnung thematisierte. Auch der Mandant glaubt nicht ernsthaft, daß der Anwalt Dinge, die typischerweise weit über eine flüchtige Erstberatung hinausgehen, unentgeltlich macht. Konkludente Mandatierung, auch ohne Unterzeichnung einer Vollmacht, für Strategieentwicklung über die Angriffs- oder Verteidigungslinie ( je nachdem, auf welcher Seite man steht) wäre die Alternative. Dann ggf . für die Einzeltatbestände der Grundgebühr und Verfahrensgebühr die Rahmen ausschöpfen. Die Dritte Alternative besteht darin, beratende Tätigkeiten und Verteidigung von „Kindern“ überhaupt nicht zu berechnen, sondern den Aufwand durch Vergütungsvereinbarungen bei anderen solventen strafrechtlichen Privatpatienten zu kompensieren. Ein Kollege,der sicher nicht genannt sein will, ließ sich mitunter das Wohnungseigentum seiner Mandanten überschreiben. Dann hat man viel Luft für kostenlose Aktenlektüre.
„Diesbezüglich erinnere ich an den kreativen Kollegen Burhoff, der bezüglich der Pflichtverteidigerbeiordnung das Modell der konkludenten Beiordnung thematisierte.“
Na, ich hoffe, dass in dem „kreativ“ nicht eine leise Kritik mitschwingt. Im Übrigen will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken, und schon gar nicht, wenn die vom BGH und verschiedenen OLG kommen, die auch immer wieder – Gott sei Dank – auf „das Modell der konkludenten Beiordnung“ zurückgreifen.
Im Übrigen: Gute Arbeit, guter Lohn 🙂 .
Nee, keineswegs als Kritik gemeint. – Wir stehen immer wieder in scheinbar auswegloser Situation:
Erst im Staatsexamen, dann vor der Strafkammer, oder auch mal vor dem Kammergericht, oder BGH. Und das macht den guten Juristen aus, daß er sagt, „Bitte kurze Unterbrechung, Herr Vs!“, und daß ihm dann immer doch noch etwas einfällt.