Eine interessante Frage, die mir bis dahin auch noch nicht untergekommen war, ist vor einiger Zeit in dem gebührenrechtlichen Forum auf meiner Homepage Burhoff-online gestellt worden. Auszugehen war von folgendem Sachverhalt:
Das AG hatte die drei Angeklagten H, G und A am 12.05.2014 u.a. wegen Raubes mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Pflichtverteidigerin des Angeklagten H. mit Schriftsatz vom 19.05.2014 Rechtsmittel eingelegt. Der Angeklagte G. ließ mit Verteidigerschriftsatz vom 17.05.2014 Berufung, der Angeklagte A. mit Verteidigerfax vom 19.05.2014 Rechtsmittel einlegen, welches er in der Folgezeit nicht weiter begründete. Die Pflichtverteidigerin des Angeklagten H. hat das von ihr eingelegte Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 13.07. 2014 als Revision bezeichnet und diese form- und fristgerecht begründet. Vor dem LG wurden sämtliche Rechtsmittel gem. § 335 Abs. 3 Satz 1 StPO als Berufung behandelt und mit Urteil vom 12.05.2014 alle kostenpflichtig verworfen. Die Pflichtverteidigerin des Angeklagten H. hat in ihrem Vergütungsfestsetzungsantrag die Revisionsverfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG in Ansatz gebracht. Das AG hat nur die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren gem. Nr. 4124 VV RVG angesetzt. “
Und wer hat Recht?
Auch wenn § 335 III S. 2 StPO vorschreibt, dass (wie hier geschehen) eine Revision beantragt UND begründet werden muss, so wird die eingelegte Revision dennoch nach § 335 III S. 1 StPO als Berufung behandelt, wenn ein anderer Beteiligter Berufung eingelegt hat (weitergehende Rechtsmittel).
Da durch Gebühren nur abgegolten wird was tatsächlich rechtlich passiert ist, und die Revision nach §335 III S. 1StPO umgeleitet wurde, ist sie rechtlich nie geschehen, so dass nur die Berufungsverhandlung vergütet wird.
„Umgedeutet“ nicht umgeleitet….. Autokorrektur:-)
Mit der Revisionsbegründung wird der Verteidiger im Revisionsverfahren tätig und die Verfahrensgebühr gemäß RVG-VV Nr. 4130 ausgelöst. So zumindest LG Hamburg, StraFo 2014, 526-527 und LG Aachen, Rpfleger 1991, 431-432.
Steht wie von Herrn Münster beschrieben auch im Kostenkommentar von Nomos. Der Rechtspfleger hat Recht.
Nur, weil etwas in einem Kommentar steht, muss es nicht richtig sein. Die Revision war schon allein für den Fall zu begründen, dass die Berufung zurückgenommen wird. Dem LG Hamburg und dem LG Aachen ist deshalb zuzustimmen. Entstanden ist danach im Übrigen nicht nur die Nr. 4130, sondern daneben auch die Nr. 4124.
Ganz schön lukrativ das Ganze. Da sollten sich 2 Anwälte aus einer Kanzlei aber ganz nett was dazuverdienen können…
Ach ja, da ist er wieder, der Generalverdacht Gebührenschinderei. Nur: Hier passt er nun gar nicht. Bei der Arbeit, die eine vernünftige Revisionsbegründung macht, ist die gesetzliche Revisionsverfahrensgebühr in aller Regel nicht kostendeckend. Und es macht auch keinen Spaß, Revisionsbegründungen zu schreiben, die wegen 335 III StPO voraussichtlich im Papierkorb landen. Die hier geschilderte Situation ist also für den Verteidiger alles andere als erstrebenswert und eignet sich in keiner Weise für Gebührenschinderei.
„Ganz schön lukrativ das Ganze. Da sollten sich 2 Anwälte aus einer Kanzlei aber ganz nett was dazuverdienen können…“
Können Sie den Kommentar mal bitte erklären – mir erschließt sich das nicht.
Also 2 Verteidiger einer Kanzlei verteidigen 2 Angeklagte. sie wollen beide eigentlich eine Berufung durchführen. Einer legt Revision ein und begründet nur: „Ich Rüge die Verletzung materiellen Rechts.“. Er will ja die Berufung und sein Kollege legt die auch ein. und schon hat man die Revisionsgebühr noch zusätzlich in der Kanzleikasse. Nicht schlecht für ein zusätzliches Schreiben. Aber so was machen Anwälte ja nicht, ich weiß 🙂
und was hat das mit den Posting zu tun? Nichts, außer Stimmungsmache
Im Übrigen auch falsch. Vielleicht kommen Sie selbst drauf, warum
Die Revisions-Verfahrensgebühr ist durch Einlegen des bestimmten Rechtsmittels allein noch nicht entstanden, denn die Anwältin war bereits in der Ausgangsinstanz tätig, § 19 Nr. 10 RVG. Erst die (zulässige) Begründung könnte sie auslösen. Allerdings scheint die Zulässigkeit des von ihr erhobenen Rechtsmittels zweifelhaft, denn während bei den anderen Verteidigern von Faxen die Rede ist, datiert ihr Rechtsmittelschriftsatz auf den Tag des Fristablaufs – wann der bei Gericht war, lässt der Sachverhalt offen.
Abweichend von dem Hamburger Fall, den ich zufällig kenne, gingen hier sämtliche Rechtsmittel von Angeklagten aus, so dass nach § 355 StPO ein Berufungsverfahren durchgeführt wurde (und die PV-Entgelte zu vergüten sind), aber kein davon unabhängiges Revisionsverfahren übrig blieb. Hinsichtlich der im Verhältnis zum Mandanten (Auftrag!) angefallenen Nr. 4130 VV RVG mag sie sich an ihn halten, jedoch nicht an die Staatskasse …
Herr Burhoff, ich komme nicht drauf, wieso das falsch ist. Bitte sagen Sie es mir.
„und schon hat man die Revisionsgebühr noch zusätzlich in der Kanzleikasse. “ ist falsch. Denn man hat allenfalls den Unterschied zwischen der VG für das Berufungsverfahren und der VG für das Revisionsverfahren „zusätzlich in der Kasse“. Oder wollen Sie dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in der Revisionsinstanz noch nicht einmal die VG für das Berufungsverfahren zahlen?
Im Übrigen: Für den geringen Betrag wird kein Büro den Aufwand des doppelten Rechtsmittels starten.
Ach so… sie meinen, dass man nur die Revisiongsgebühr abrechen kann und nicht noch zusätzlich die Berufungsgebühr? Wieso das? Weil eine Angelegenheit oder was?
§ 15 RVG
Hmm… also der Anwalt, der Revision einlegt, erhält die Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren und dann keine für das Berufungsverfahren, obwohl er auch dort dann tätig wird? Kommt mir merkwürdig vor. Die Kommentierung in ihrem Buch verstehe ich da anders. Aber wenn sie das so meinen: Ok.