Mal wieder Gebührenrecht, und zwar außer der Reihe des „RVG-Rätsel“ am Freitag, weil ich nämlich „böse“ bin über den LG Oldenburg, Beschl. v. 22.09.2014 – 5 Qs 304/14. Nicht über die Kammer des LG, denn die hat alles richtig gemacht, sondern über die im Beschluss angedeutete „Betrachtungsweise“ der Bezirksrevisorin zum Verhältnis Grundgebühr/Verfahrensgebühr nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG. Die sind am 01.08.2013 in Kraft getreten. Also vor mehr als einem Jahr. Und in der Zeit sollte es sich dann aber auch bis zu den Bezirksrevisoren im LG-Bezirk Oldenburg herumgesprochen haben, dass die Nr. 4100 VV RVG geändert worden ist und die Grundgebühr jetzt immer neben der Verfahrensgebühr entsteht. Das war nach der Gesetzesbegründung klares gesetzgeberisches Anliegen. Mir ist unverständlich, warum man das nicht sieht bzw. sehen will und sich nicht danach richtet. Auch ich habe zum Verhältnis Grundgebühr/Verfahrensgebühr für das alte Recht eine andere Auffassung vertreten. Aber daran kann man doch nicht festhalten, wenn das Gesetz so eindeutig geändert wird. es sei denn man steht auf dem Standpunkt, dass die gsetzlichen Regelungen im RVG nur für die anderen gelten, nicht aber für die „Staatskasse“. Für die soll dann eigenes Recht gelten, „Oldenburger Landrecht? Also bitte: Stellt Euch auf den neuen Rechtszustand ein. Das erspart allen Beteiligten Arbeit. Solche Ignoranz von Gesetzesänderungen steht den „Hütern“/Vertretern der Staatskasse zudem nicht gut zu Gesicht.
Das LG sieht/macht es dann richtig, wenn es ausführt:
Zurecht weist der Verteidiger allerdings darauf hin, dass die Verfahrensgebühr nach Ziff. 4104 VV RVG hier entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer kann die Verfahrensgebühr neben der Grundgebühr zwar nur dann beansprucht werden, wenn konkret über deren Abgeltungsbereich hinausgehende Tätigkeiten entfaltet worden sind (vgl. zuletzt etwa Beschl. v. 17.04.2014, 5 Qs 141/14). Mit Beschluss vom 18.08.2014 (Az. 5 Qs 323/14) hat die Kammer allerdings klargestellt, dass sie an dieser Auslegung nur bei so genannten Altfällen, bei denen also die Beauftragung des Verteidigers vor dem 01.08.2013 erfolgt war, festhält. Denn nach dem KostenRMoG ist nunmehr ein gleichzeitiger Anfall der Grundgebühr neben der Verfahrensgebühr vom Gesetzgeber gewollt und geregelt (so auch LG Duisburg, Beschl. v. 03.06.2014, Az. 34 Qs 52/13, zitiert nach Juris). Der Gesetzgeber hat dies klargestellt durch die Formulierung in Ziff. 4100 VV RVG, wo es heißt, dass die Grundgebühr neben der Verfahrensgebühr entsteht. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Grundgebühr grundsätzlich nicht allein anfällt. Sie soll lediglich den zusätzlichen Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Fall abdecken. Zweck der Gesetzesänderung ist die Vermeidung von – in der Tat immer wieder auftretenden – Abgrenzungsproblemen zwischen den Abgeltungsbereichen der Grundgebühr und der Verfahrensgebühr (vgl. zum Ganzen: BT-Drucksache 17/11471 (neu) S. 281). Die Betrachtungsweise der Bezirksrevisorin wird diesem gesetzgeberischen Anliegen nicht gerecht, zumal der Verteidiger hier bereits im Ermittlungsverfahren tätig geworden ist. Die vorgelegten Entscheidungen des Amtsgerichts Oldenburg befassen sich mit der Problematik der Gesetzesänderung nicht und können daher nicht herangezogen werden.“
Sollten Bezirksrevisoren etwa an Recht und Gesetz gebunden sein? Merkwürdiger Gedanke ! (Kein Spott, Erfahrung). 😉