Was ist im Moment bloß los?PoliscanSpeed ohne Ende, das Messverfahren beschäftigt die Gerichte. Nach dem AG Friedberg, Urt. v. 11.08.2014 – 45 a OWi – 205 Js 16236/14 (vgl. dazu PoliscanSpeed und keine Ende: Auswertesoftware 3.45.1und Gerätesoftware 3.2.4 – es bleiben Fragen) nun auch noch einmal das OLG Düsseldorf zu dem (mehr) grundsätzlichen Frage, ob PoliscanSpeed ein standardisiertes Messverfahren ist oder nicht. Nun, den Verkehrsrechtler wird es nicht überraschen: Der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.07.2014 – IV-1 RBs 50/14 – bejaht diese Frage (natürlich). Und natürlich macht die PTB alles richtig und ihr unterlaufen keine Fehler und ihr kann man in allen Fragen folgen. Man kommt sich vor, als gehe es um das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes, wenn das OLG ausführt:
„Das – normierte – Prüfverfahren vor der eigens hierfür mit Sachmitteln und Fachpersonal ausgestatteten PTB bietet nämlich die bestmögliche Gewähr dafür, dass ein neu entwickeltes System zur Geschwindigkeitsmessung die in der Eichordnung (EO) festgelegten Anforderungen erfüllt, also die in Anlage 18, Abschnitt 11 zu § 33 EO festgelegten Verkehrsfehlergrenzen einhält und eine korrekte Zuordnung der Messwerte zu den jeweils abgelichteten Fahrzeugen gewährleistet. Wie sich aus der im Internet (www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt1/fb-13/stellungnahme.html, letzte Änderung: 26. August 2013) veröffentlichten Stellungnahme der PTB zum Urteil des AG Aachen vom 10. Dezember 2012 (DAR 2013, 218) ergibt, liegt speziell im Fall des Messgerätes PoliScan Speed der Prüfumfang bei bislang mehr als 20.000 Einzelmessungen, die ausnahmslos im laufenden Straßenverkehr, also unter realen Bedingungen, erfolgt sind. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch im Stadium nach der Bauartzulassung eines Messgerätes eine weitere laufende Kontrolle gewährleistet bleibt, denn die PTB als zuständige technische Oberbehörde hat im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Hinweisen auf Messfehler nachzugehen, für das Abstellen der Fehler zu sorgen und – wenn notwendig – die erteilte Bauartzulassung zurückzunehmen (§ 25a EO).“
Nur die PTB hat Recht und alle anderen Instanzgerichte und vor allem aber auch Sachverständige haben Unrecht. M.E. wird hier der Begriff des standardisierten Messverfahrens schon überstrapaziert.
Auch die 20.000 Einzelmessungen, die als Beleg für die korrekte Funktion angeführt werden, erscheinen mir als Wissensbasis eher gering, und zwar vor allem deshlab, weil die Messungen im laufenden Straßenverkehr durchgeführt wurden und somit keine speziellen Fragestellungen gezielt untersucht werden konnten. Auch sind die Ergebnisse dieser Messungen samt den dabei vorliegenden Versuchsbedingungen nicht öffentlich zugänglich. Oder wer kennt sie? Nun, natürlich die PTB, womit sich dann der Kreis schließt.
Keine Überraschung; jeder anderslautende Beschluß hätte eine Unmenge von Verfahren zur Folge auf die man ersichtlich nicht erpicht ist. Schade daß sich das Recht der Arbeitsmoral der Richter unterordnen muss 🙁
Das war in der Tat zu erwarten. Ich hatte den Eindruck, dass sich die Düsseldorfer Gerichte mit Terminsverlegung über dieses Urteil hinaus zu retten versucht haben.
Was die PTB macht (oder besser: nicht macht), wurde ausführlich auf dem 1. Verkehrskongress der VUT in Saarbrücken erörtert. Den Vortrag des Dipl Ing Vogt gibt es hier:
http://vut-verkehr.de/vehrkerskongress/articles/verkehrskongress-2014.html?file=tl_files/dateien/inhalte/pdf_dateien/Vortraege%20Verkehskongress%202014/07%20Vortrag%20-%20Dipl.%20Ing.%28FH%29%20Juergen%20Vogt%20-%20Sachverstaendiger.pdf
Quelle: http://vut-verkehr.de/vehrkerskongress/articles/verkehrskongress-2014.html
20.000 Messungen sind ein Bruchteil der Messungen, die allein in Deutschland jeden Tag zustande kommen.
Man muss gezielt kritische Situationen untersuchen, wie in der Vergangenheit durch Sachverständige gezeigt wurde, um den Fehlerquellen auf die Spur zu kommen.
Darüber hinaus müsste mit jeder neuen Softwareversion (=Betriebssystem) erneut festgestellt werden, dass man von einem standardisierten Messverfahren sprechen kann.
Nun ja, wenn man die Definition des BGH zu dem standardisierten Messverfahren liest hat das OLG eindeutig recht. da steht nix davon dass ein Verfahren unfehlbar sein muss, es reicht eine ausreichende Sicherheit. und was die Fehlerhaftigkeit abgeht: Mir ist bisher kein Fall bekannt wo jemals ein Mess- oder Zuordnungsfehler nachgewiesen worden wäre im realen Verkehr. kann man doch etwa mit Zeugen beweisen. bei Millionen Messungen muss es doch mindestens einmal einen Fall gegeben haben, gibt es aber nicht. und was Sachverständige angeht: Die wollen halt gerne Gutachten machen und bei einen standardisierten Verfahren braucht man die nicht … 🙂