Man glaubt es nicht. Herr Kollege, das sollte man aber wissen…

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© J.J.Brown – Fotolia.comBGH, Wieder

Manchmal bin ich dann doch erstaunt, wer alles – und ich formuliere jetzt bewusst so „scharf“ sein (Un)Wesen als Verteidiger in Strafverfahren treibt. Der BGH, Beschl. v. 25.04.2014 – 1 StR 84/14 – ist dafür ein (un)schönes Beispiel. Nach einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von immerhin vier Jahren – also kein Pappenstiel – wird Revision eingelegt. Da bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eine Revisionsbegründung nicht beim LG eingeht, wird die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Dagegen dann der „durch den Verteidiger des Angeklagten gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung nach Versäumung der Frist zur Revisionsbegründung.

Und: Man glaubt es dann nicht: Der ist unzulässig.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem zuständigen Gericht zu stellen. Zu der von § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO gefor-erten Begründung des Antrags gehören außer Angaben zu der versäumten Frist und dem Hinderungsgrund auch solche zum Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN). Die diesen Umstand umfassende Begründung des Antrags muss innerhalb der Wochenfrist erfolgen (BGH, Beschluss vom 5. August 2010 – 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378, 379).

Dem genügt der keinerlei Begründung enthaltende Wiedereinsetzungsantrag nicht. Der mit einer Begründung versehene Schriftsatz vom 29. Januar 2014 ist nicht innerhalb der Wochenfrist eingegangen.“

Also, lieber Herr Kollege, die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Wiedereinsetzungsantrag stehen in der StPO. Da hilft also ein Blick ins Gesetz. Und noch besser: wenn man sich nicht sicher ist – was der Fall zu sein scheint, dann hilft ein Blick in den Kommentar.

10 Gedanken zu „Man glaubt es nicht. Herr Kollege, das sollte man aber wissen…

  1. Sascha Petzold

    Leider gibt es gar nicht zu wenige Kollegen, die sich ohne Fachkenntnisse als Strafverteidiger gerieren. Toll ist, dass oftmals gerade diese Kollegen bei den Richtern sehr geschätzt sind und mit Pflichtverteidigungen belohnt werden.

  2. Matti

    Ja, Herr Petzold, irgendwie musste der Dreh zu den Richtern ja wieder kommen.

    Fragen Sie sich doch mal, welche Auswirkungen es haben wird, wenn der Wunsch der Anwaltschaft Gesetz wird und die Richter bei der Auswahl von Pflichtverteidigern an eine starre Liste von Anwälten anstatt an die Auswahl nach Fachkenntnis gebunden sein sollen.

    Glauben Sie mir, Richter haben kein Problem mit fachkundigen Verteidigern, lediglich ab und an mit Stinkstiefeln .

  3. T.H., RiAG

    Gerade für den Amtsrichter gibt es kaum etwas ätzenderes als einen strafrechtlich kenntnisfreien RA auf der Verteidigerbank, der meint, die „kleine Strafverteidigung“ beim AG könne er allemal noch, auch nach ein paar Jahren Strafrechtspause. Ich musste mal einem Vereinsrechtler in einem Btm-Verfahren erläutern, dass seine für den Fall der Verurteilung angekündigte „Berufung zum Bundesgerichtshof“ wohl kaum Sinn machen dürfte….. Da verhandele ich lieber mit dem Fachmann auf Augenhöhe. Das kann durchaus auch Spaß machen.

  4. schneidermeister

    Vielleicht gab es ja nicht so viel an Vortrag zur Wiedereinsetzung, den man wahrheitsgemäß anwaltlich hätte versichern können oder wollen.., aber der Mandant wollte es so……

  5. Sascha Petzold

    @Matti u T.H. RiAG
    ich wünsche, Ihre mitgeteilte Auffassung ist repräsentativ.
    Ich höre aber immer wieder Berichte, die anders klingen. So scheint verbreitet ein Verteidiger, der Anträge stellt und an der Hauptverhandlung mitwirkt, von Pflichtverteidigungen ausgeschlossen zu sein. Aktive Verteidigung ist aber keine Frage des „Stinkstiefels“ sondern der fachgerechten Wahrnehmung der Aufgabe.
    Vielleicht ist die Wahrnehmung aber auch nur extremer Einzelfälle geschuldet. Ich habe ja keine Untersuchung dazu gemacht.

  6. Matti

    Die mitgeteilte Auffassung dürfte tatsächlich repräsentativ sein, weil man – wie Sie so schön sagen – als Außenstehender immer nur von den krassen Einzelfällen erfährt.

    Im Übrigen ist es im hiesigen Gerichtsbezirk so, dass die fachlich exzellenten Strafverteidiger, die natürlich oftmals eine „aktive“ Verteidigung betreiben, über einen Mangel an Mandaten ohnehin nicht klagen können und nicht gerade erfreut über weitere Beiordnungen aus dem Bereich des § 265a StGB o.ä. wären. Dann könnten sie nämlich den Großteil ihrer Zeit nicht mehr den Mandaten widmen, die wirklich Geld (BtM-Handel im großen Stil) oder Presse (Kapitaldelikte) bringen.

  7. Matti

    Würde man beispielsweise Herrn RA Strate, bekannt aus Funk und Fernsehen aus der Causa Mollath, mit Kleinstbeiordnungen aus dem Bereich der Drogen- und Beschaffungskriminalität zupflastern, würde er sich „bedanken“. Damit ist nämlich kein Geld zu verdienen und er hätte schon gar keine Zeit, sich in Bayern und in Verfahren vor dem BVerfG zu betätigen.

  8. Brody

    @ Matti und T.H. RiAG
    Im Jahr 2009 „versprach“ mir der Vorsitzende der Grossen Strafkammer unseres Landgerichts, dass er dafür sorgt, dass ich im Strafrecht keinen Fuss auf den Boden bringe, wenn ich weiterhin so „renitent“ verteidige…es war mein erster grösserer Fall im Jahr meiner Zulassung als Rechtsanwalt.
    Natürlich war ich erstmal perplex, da man als Frischling auf solche Situationen nicht vorbereitet ist.
    Letztlich habe ich meine Arbeit gemacht mit der Konsequenz, dass ich bis heute im keine Beiordnung erhielt; im Gegensatz zu versierten Baurechtlern, Familienrechtlern etc.
    Und ich bin kein Einzelfall

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