Klein, aber fein der AG Diez, Beschl. v. 21.03.2014 – 11 Owi 69457/13, und: Große Wirkung: Nämlich Verfahrenseinstellung nach § 206a StPO wegen Verjährung 🙂 . Und warum? Nun, das schon öfters behandelte Problem der Blankovollmacht. Wir sind hier zwar nicht das Vollmachtsblog, aber man freut sich über eine solche Entscheidung dann Vor allem auch deshalb, weil der Kollege, der sie erstritten hat, über dieses Posting: Blankovollmacht – immer wieder schön, immer wieder erfolgreich und den AG Neuruppin, Beschl. v. 18.03.2013 – 84.1 OWi 3107 Js-OWi 31314/12 (239/12) zu dem Erfolg gekommen ist. Im AG Diez, Beschluss heißt es dann auch nur (kurz):
„Es besteht ein Verfahrenshindernis hinsichtlich des Betroffenen, § 206a StPO. Es ist Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Zustellung des Bußgeldbescheides an den Verteidiger die Verjährung nicht unterbrochen hat. Die Vorlage einer so genannten „Blankovollmacht“ eines Rechtsanwalts in einem Bußgeldverfahren, in der lediglich die Anschrift der Kanzlei im Kopf der Vollmacht angegeben, jedoch keine Rechtsangelegenheit benannt ist, für die die Vollmacht erteilt wurde, führt nicht zu einer wirksamen Zustellungsvollmacht i.S.d. §§ 145a StPO, 51 Abs. 3 OWiG, da eine derartige Vollmacht nicht geeignet ist, die förmliche Sicherheit bei Zustellungsadressaten zu gewährleisten. Die Zustellung eines Bußgeldbescheides in einer Verkehrsordnungwidrigkeitensache an den Verteidiger vermag daher die Verfolgungsverjährung nicht gemäß § 33 OWIG zu unterbrechen.“
Sollte man als Verwaltungsbehörde wissen/kennen die Problematik.
Schöner wäre es natürlich, wenn die Vollmacht gar nicht erst zu den Akten gelangt…
ok, aber man kann sich doch mal einfach über so ein „Schmankerl“ freuen 🙂
Stimmt – aber wir VollMachtsBlogger halten Blankovollmachten für (unnütz) riskant, weil sonst die Gefahr besteht, dass draus wieder irgend so ein Unsinn wie eine angeblich ausreichende „Rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht“ oder ähnlicher Unsinn konstruiert wird.
das hat aber mit dem Freuen nichts zu tun….
Einmal mehr: Es handelt sich hierbei um ein “Mittel der Verteidigertätigkeit mit dem Ziel, die gesetzliche Fiktion der Zustellungsvollmacht zu unterlaufen und die verjährungsunterbrechende Wirkung der an den Verteidiger bewirkten Zustellung des Bußgeldbescheides zu umgehen.” … „Ein solches Verteidigerverhalten, welches objektiv und subjektiv die Absicht erkennen lässt, das Bußgeldverfahren zu sabotieren, ist bei einem Rechtsanwalt mit Blick auf seine Stellung als Organ der Rechtspflege … dysfunktional und muss … ohne Erfolg bleiben.” (OLG Zweibrücken Beschl. v. 8. 4. 2008 – 1 Ss 51/08; OLG Düsseldorf Beschl. v. 17. 4. 2008 – IV – 2 Ss (OWi) 191/07 – (OWi) 101/07 III).
Betrifft nicht die Blankovollmacht, aber eine ähnliche Form der “Verjährungsfalle” und sollte sich auch für die missbrauchte Blankovollmacht noch durchsetzen.
Einmal mehr: Ich denke, da ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Ob die Rechtsprechung so richtig ist, wage ich zu bezweifeln. „Dysfunktional“ ist aber ein so richtig schöne Totschlagargument, das man immer dann aus der Kiste holen kann, wenn nichts Besseres einfällt.
Ja, so eine Entscheidung freut mich auch wahnsinnig. Vor allem, wenn der Experte, der durch diesen Trick weiter durch die Gegend kurvt bald jemanden totfährt. Echt spitze.
auch so ein Totschlagargument. Welcher „Experte“ fährt wen tot?
Wer es verstehen möchte, versteht es. Es gibt Entscheidungen, die sind lege artis und müssen so sein, ich hätte sie vielleicht auch so getroffen. Aber über so etwas freuen kann sich wohl nur ein bestimmter Schlag Mensch. Und welcher? Das verstehen Sie dann halt auch nicht.
„lege artis“, „vielleicht auch so“,
„nur ein bestimmter Schlag Mensch“ – es ist immer wieder schön zu sehen, wie so kleine Entscheidungen das Blut in Wallung bringen.
Und dann natürlich anonym.
Vielleicht verstehen Sie es wirklich nicht. Deshalb ein letzter Versuch:
Die Entscheidung dürfte in Ordnung sein. Ja, „vielleicht auch so“, weil ich mangels Aktenkenntnis nicht weiß, ob ich sie sicher (oder nur vielleicht) auch so getroffen hätte. Aber darum geht es nicht. Sich darüber zu freuen, dass mit einer Mischung aus Advokaten- und Bauernschläue der Betroffene einer Verkehrs-Owi nicht belangt wird, ist einfach befremdlich.
Und ja, selbstverständlich anonym. Das ist doch das Los der Richterschaft in der Blogo-Sphäre. Wenn ich meinen Klarnamen schreibe, kann ich in den nächsten Verhandlungen „unaufschiebbare Anträge“ aufnehmen. Anwälte können hingegen in Blogs und Kommentaren alles Mögliche unter Klarnamen in die Welt setzen.
„Alles Mögliche unter Klarnamen in die Welt setzen“ auch das ist eine „befremdliche“ Formulierung.
Ob es Kommentare zu einem Blogbeitrag reichen, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wage ich (auch) zu bezweifeln. Das wird man ähnlich wie bei Veröffentlichungen sehen können. Aber, was soll es: Auch da ist es natürlich einfacher, anonym zu bleiben. Da kann man dann so richtig „schön auf den Putz hauen“.
Für mich: Ende der Diskussion.
Richter, die die Menschheit in Menschenschläge einteilen sind mir ja die liebsten. Selbstverständlich sind wir Juristen allesamt Schubladendenker, aber wenn jemand dann auch noch meint, auf die Schublade „Menschenschlag“ draufschreiben zu müssen, dann wirds eklig.
@ Gast: Einmal mehr ist einmal zu viel! Zu diesem unsäglichen Blödsinn, gepaart mit richterlicher Arroganz hatte ich mich schon vor diversen Jahren geäußert. Eine „missbrauchte Blankovollmacht“ ist ähnlicher Unfug.
@ Nils: Wenn Sie wirklich Richter sein sollten, ist Ihre Befürchtung (auch entgegen dem Kollegen Burhoff) in der Tat berechtigt: Wer so an gesetzlichen Regeln vorbei nach dem Motto „verdient ist verdient“ judizieren möchte, darf (und sollte) sich völlig zu Recht mit Befangenheitsanträgen beschäftigen – und vielleicht in einer stillen Stunde mal über sein Rechtsverständnis nachdenken.
@ Beide: Würde die Bußgeldstelle ihren Job ordentlich machen (wie es auch von jedem Anwalt verlangt wird), gäbe es dieses Thema nicht. Schon mal daran gedacht?
Zitat aus dem Ausgangsposting:
„Sollte man als Verwaltungsbehörde wissen/kennen die Problematik.“ 🙂
Würden die Bußgeldbehörden ihre Mitarbeiter vernünftig schulen, wäre es mit dem ganzen Vollmachtsgedöns wohl schnell vorbei. Offensichtlich tut man das aber nicht, kostet nach dem Verständnis der Behörden wahrscheinlich zu viel Geld. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn man hin und wieder auf einen längst bekannten Bauerntrick hereinfällt…. Oder man möge sich an den Gesetzgeber wenden, auf dass dieser die Worte „dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet“ aus dem Gesetz streiche.
Und noch ein Wort zum „totfahrenden Experten“: mir ist in meiner Tätigkeit noch kein Fall der fahrlässigen Tötung untergekommen, der durch einen früheren Bußgeldbescheid hätte verhindert werden können.
Immerhin: mit der Nichtvorlage der Anwaltsvollmacht bin ich in allen meinen Bußgeldfällen bei mehreren Bußgeldstellen bisher überhaupt nicht durchgekommen. Da ging der gelbe Brief an den richtigen Adressaten.
Und die Einstellung habe ich am Ende häufig durch eine ehrliche Einlassung erreicht, in welcher der Vorwurf eingeräumt wurde nach dem Motto: „Stimmt im Wesentlichen, aaaaber…“ Oder aber wir haben doch noch einen technischen Fehler entdeckt. 🙂