Bei meinen Recherchen bin ich auf den OLG Hamm, Beschl. v. 23.09.2013 – 3 U 71/13 gestoßen, der sich zur Frage der Rechtmäßigkeit einer identifizierenden Berichterstattung über einen Verkehrsunfall mit fahrlässiger Tötung durch Hochladen eines Videos auf die Internet-Plattform „YouTube“ verhält. Der Kläger des Verfahrens war 2009 wegen fahrlässiger Tötung zweier Personen im Straßenverkehr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Beklagte ist Inhaberin der Online-Plattform You Tube, auf der während der laufenden Bewährungszeit des Klägers eine den Kläger identifizierende Berichterstattung in Form eines Videos hochgeladen wurde. Der Kläger hatte sich gegen die Veröffentlichung dieses Videos gewendet. Das LG Münster hatte die entsprechende Klage abgewiesen. Gegen dieses erstinstanzliche Urteil hatte sich der Kläger mit seiner Berufung gewendet, die das OLG durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen hat.
In dem Beschluss wird auf den Hinweis, Beschl. v. o7.08.2013 – 3 U 71/13, in dem das OLG im Einzelnen zu den Fragen Stellung nimmt, Bezug genommen. Der ist im Grunde viel interessanter, da er zu den einzelnen Punkten Stellung nimmt, die im Verfahren von Bedeutung sind/waren. Das OLG verweist darauf, dass bei einer identifizierenden Berichterstattung über Straftaten das Anonymitätsinteresse des Täters und sein Recht auf Resozialisierung berührt sind. Für den Kläger sprach hier, dass das Geschehen nach dem Ablauf der Bewährungszeit aus seiner strafrechtlichen Verurteilung mittlerweile über zwei Jahre abgeschlossen war. Zulasten des Klägers hat das OLG berücksichtigt, dass er die Berichterstattung durch sein eigenes Verhalten hervorgerufen hat. Unstreitig habe er eine Straftat begangen. Dann müsse er neben der strafrechtlichen Sanktion hinnehmen, dass sich die Öffentlichkeit mit der Tat auseinandersetze.
Die Berichterstattung war nach Auffassung des OLG auch nicht deswegen rechtswidrig, weil sie noch im Jahre 2012 bei YouTube zu sehen gewesen sei. Mit zeitlicher Distanz zur Straftat nehme zwar das Interesse des Täters zu, mit seiner Tat nicht mehr konfrontiert zu werden. Jedoch bestehe auch ein Interesse der Öffentlichkeit, geschichtliche Ereignisse von besonderer Bedeutung recherchieren zu können. Soweit die Berichterstattung bei ihrer Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei, dürften die Berichte auch in Online-Archiven weiter zum Abruf bereitgehalten werden, wenn das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht aufgrund der Umstände des Einzelfalls überwiege. Letzteres treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die Berichterstattung sei ausdrücklich als Altmeldung erkennbar. Der Resozialisierung des Klägers stehe sie nicht entgegen, weil nur ältere Fotografien verwandt worden seien und der Kläger bereits vor Klageerhebung seinen Namen geändert habe.
Also: Ganz interessant auch für Strafrechtler und Strafverfahren. Ich bin gespannt, was der BGH darauf macht. Es ist Nichtzulassunsbeschwerde eingelegt.