Die Frage, ob ein „Fahrzeug“ ein „Kraftfahrzeug“ ist, kann für den Beschuldigten/Betroffenen weit reichende Folgen habe. Denn von der Antwort hängt z.B. ab, ob die Fahrerlaubnis nach den §§ 60, 69a StGB entzogen wird und ob eine Verurteilung nach den §§ 21, 24a StVG möglich ist oder nicht. Deshalb ist der OLG Hamm, Beschl. v. 28.02.2013 – 4 RBs 47/13 (erst jetzt bekannt geworden) von besonderem Interesse. Er behandelt nämlich ein „Fahrzeug“, bei dem – so weit ich es sehe – bislang Rechtsprechung zur Einordnung noch nicht vorgelegen hat, die Frage aber wegen der zahlenmäßigen Zunahme dieser „Fahrzeuge“ in der Praxis immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Es geht nämlich um ein sog. „E-Bike“. Mit dem war der Betroffene alkoholisiert auf öffentlichen Straßen gefahren und deshalb vom AG wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG verurteilt worden.
Das OLG hat das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben:
„Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen bleibt unklar, ob der Betroffene zur Tatzeit tatsächlich ein K r a f tfahrzeug geführt hat. Das Amtsgericht hat dazu ausgeführt:
„Das E-Bike des Angeklagten funktioniert in der Weise, dass der Angeklagte zur Beschleunigung desselben den rechten Griff des Lenkrades drehen kann. Durch die Drehung des Griffes wird das E-Bike durch den eingebauten Elektromotor angetrieben. Hierdurch kann durch die Geschwindigkeit erhöht werden, ohne die Pedale zu treten. Allerdings ist das Treten der Pedale erforderlich, um das E-Bike überhaupt in Betrieb zu setzen.“
Weiter heißt es:
„Das verfahrensgegenständliche E-Bike erfüllt die Anforderungen an ein Kraftfahrzeug nach § 1 Abs. 2 StVG. Als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Hinsichtlich der Art der Maschinenkraft, welche das Landfahrzeug fortbewegt, ist es unerheblich, ob es sich bei dieser Kraft um elektrische Kraft oder beispielsweise um aus einem Verbrennungsmotor produzierte Kraft handelt. Ausreichend ist, dass – wie im vorliegenden Falle elektrische – Energie zum Antrieb des Fahrzeugs führt. Darüber hinaus ist anerkannt, dass „E-Bikes“ im Gegensatz zu bestimmten Arten von sogenannten „Pedelecs“ als Kraftfahrzeuge fahrerlaubnispflichtiger oder nicht fahrerlaubnispflichtiger Art gelten.“
Diese Feststellungen reichen für die Überprüfung, ob es sich bei dem von dem Betroffenen geführten Fahrzeug tatsächlich um ein K r a f t fahrzeug – und nicht lediglich um ein Fahrrad – gehandelt hat, nicht aus.
Die rechtliche Einordnung sogenannter E-Bikes bzw. Pedelecs ist, jedenfalls teilweise, noch ungeklärt.
Obergerichtliche Rechtsprechung liegt, soweit ersichtlich, dazu noch nicht vor.
Dass § 24 a StVG eine Ahndung nur für den Fall des Führens eines
K r a f t fahrzeugs vorsieht, ist nach Auffassung des Senats darin begründet, dass von einem Kraftfahrzeug, insbesondere wegen der erzielbaren Geschwindigkeit, zum einen eine höhere Gefährlichkeit ausgeht als von einem bloß pedalbetriebenen Fahrrad, zum anderen das Führen von Kraftfahrzeugen aber auch höhere Leistungsanforderungen an den Fahrer stellt. Ausgehend davon sieht der Senat kein Erfordernis, dass Führen eines relativ langsamen und einfach zu bedienenden Fahrzeugs – wenn nicht die Voraussetzungen des § 316 StGB vorliegen – als Ordnungswidrigkeit zu sanktionieren. Fahrräder mit einem elektrischenH i l f s antrieb, der sich bei Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h abschaltet, sind, unabhängig von einer etwaigen Anfahrhilfe, nach Auffassung des Senats n i c h t als Kraftfahrzeuge einzustufen (so auch Jaeger, ZfSch 2011, 663 – 668).
Wie danach das Fahrzeug des Betroffenen einzuordnen ist, lässt sich den insoweit unklaren Urteilsgründen nicht entnehmen.“