Machen wir heute mal einen Tag des Verkehrszivilrechts :-). Starten will ich mit dem OLG Hamm, Urt. v. 18.06.2013 – 9 U 1/13 – über das auch schon an anderer Stelle berichtet worden ist.
Zum Sachverhalt: Eine 49-jährige Inlineskaterin fährt auf einer ca. 4m breite Straße in einer schlecht einsehbaren, langgezogenen Linkskurve mittig auf der Gegenfahrbahn. Dort kommt ihr ein Pkw entgegen. Der Fahrzeugführer bremst und weicth zu seinem rechten Fahrbahnrand aus, ohne den Zusammenstoß mit der Inlineskaterin abwenden zu können. Gestritten wird dann um den Schadensersatz. Die Skaterin hat 100%igen Schadensersatz verlangt.
Den bekommt sie aber nicht, denn das OLG Hamm geht von einem 75 %igen Mit- bzw. Eigenverschuldens aus. Auf Seiten des Pkw-Fahrers sei demgegenüber lediglich die Betriebsgefahr des Pkw zu berücksichtigen, die hier – so das OLG – nicht durch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten erhöht worden sei. Dass der Beklagte mit einer den Straßenverhältnissen nicht angepassten, überhöhten Geschwindigkeit gefahren sei, auf die entgegenkommende Klägerin zu spät oder falsch reagiert habe, lasse sich nicht feststellen. Er habe zu seinem rechten Fahrbandrand ausweichen dürfen, weil für ihn nicht voraussehbar gewesen sei, wohin die ihm mittig seiner Fahrbahn entgegenkommende Klägerin gegebenenfalls ausweichen würde.
Demgegenüber hat das OLG ein erhebliches Mitverschulden der Skaterin am Zustandekommen des Verkehrsunfalls bejaht.. Als Inlineskaterin hätten für sie die Vorschriften des Fußgängerverkehrs gegolten. Demnach habe sie außerhalb einer geschlossenen Ortschaft im Rahmen des Zumutbaren den linken Fahrbahnrand benutzen müssen. Bereits hieran habe sie sich nicht gehalten, weil sie mit den Inlinern mittig der Gegenfahrbahn gefahren sei. Vor der für sie schlecht einsehbaren Linkskurve habe sie zudem entweder das Fahren mit den Inlinern einstellen und sich der Kurve gehend nähern oder rechtzeitig zum rechten Fahrbahnrand wechseln müssen, um ihre Fahrt dort fortzusetzen. Auch diesen Anforderungen habe sie nicht genügt. Deswegen treffe sie ein gegenüber der Betriebsgefahr des beteiligten Fahrzeugs mit 75% zu berücksichtigendes Mit- bzw. Eigenverschulden. Mit dieser Haftungsquote habe das Landgericht über die noch nicht aufgeklärte Höhe ihrer Zahlungsansprüche in dem in erster Instanz insoweit fortzusetzenden Prozess zu entscheiden.
Also: Immer schön auf der eigenen Seite bleiben.
Dass die überhaupt was bekommt, halte ich für reichlich unfair.