Vor einigen Tage ist in dem gebührenrechtlichen Forum auf meine Homepage Burhoff-online eine gebührenrechtliche Frage gestellt worden, deren Problematik bislang – so weit ich es übersehe, noch nicht entschieden ist. Und zwar.
Der Kollege ist Verteidigerin der F in einem Verfahren wegen einer gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil ihres Ex-Mannes M. M ist im gleichen Verfahren wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung zu Lasten der F angeklagt. Die beiden Verfahren werden getrennt und nach Trennung der Verfahren ist der Kollege im Verfahren gegen den Ex-Mann M als Nebenklägervertreter der F tätig. Seine Frage: Kann ich noch einmal die Grundgebühr abrechnen?
Nun, wenn man antworten will, fällt einem sofort die Formulierung in der Nr. 4100 VV RVG ins Auge: „einmalig“ und „Einarbeitung in den Rechtsfall“. Das führt grds. dazu, dass die Grundgebühr, wenn ein Verfahren abgetrennt wird, in dem abgetrennten Verfahren nicht noch einmal entsteht. Zwar liegen ab Trennung verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG vor, so dass der nicht entgegensteht. In den Rechtsfall des abgetrennten Verfahrens hat sich der Rechtsanwalt aber bereits eingearbeitet. Damit scheidet der Anfall der Grundgebühr aus.
Etwas anderes muss m.E. gelten, wenn es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt und der Rechtsanwalt/Verteidiger unterschiedliche Einarbeitungstätigkeiten erbringt. Das ist z.B. für den Rechtsanwalt anerkannt, der zunächst als Verteidiger für den Angeklagten tätig war und dann – nach dessen rechtskräftiger Verurteilung – für den Angeklagten, der nun in anderen Verfahren als Zeuge vernommen wird, als Zeugenbeistand tätig ist. Insoweit wird von den Obergerichten ausgegangen, dass die Einarbeitung in ein Verfahren als Verteidiger eine andere ist als die als Zeugenbeistand (vgl. OLG Düsseldorf, RVGreport 2008, 182 = StRR 2008, 78; OLG Hamm, StraFo 2008, 45 = RVGreport 2008, 108 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79; dazu OLG Koblenz, RVGreport 2006, 232 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254; OLG Köln, AGS 2008, 128 = StraFo 2008, 223 = StRR 2008, 439; OLG München, AGS 2008, 120; LG Dresden, AGS 2008, 120; LG München, 19.02.2007 – 2 KLs 247 Js 228539/05). Und das m.E. auch zutreffend. Die Argumentation gilt m.E. aber auch für die Reihenfolge „Verteidiger“/“Nebenklägervertreter“. Dass der Nebenklägervertreter die Akten aufgrund seine Verteidigertätigkeit schon kennt, kann man über § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG berücksichtigen.
Ich bin mal gespannt, was aus dem Verfahren des Kollegen wird. Ich habe ihn gebeten zu berichten 🙂
Ach so: Und steht demnächst auch alles in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014; zu den Vorbestellungen geht es hier. Das war jetzt Werbung 🙂 :-).
Und zum Schluss dann ein „Aufruf“: Wer solche Fragen hat, der kann sie mir gern über das Forum auf Burhoff-online stellen. Ich bin natürlich auch immer an interessanten gebührenrechtlichen Entscheidungen interessiert, um sie auf meiner Homepage einzustellen und/oder auch darüber im StRR, VRR, RVGreport oder hier zu berichten.