Vor einigen Tagen erreichte mich die Anfrage einer Kollegin, deren Inhalt mich dann doch überrascht hat. In der Anfrage, in der es um Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen geht, heißt es:
„….ich habe im Moment zwei OWi-Verfahren, in denen Mandanten in Rheinland-Pfalz (einmal AG St. Goar einmal AG Linz) mit einem BMW „verfolgt“ worden sind.
Beide haben mir gesagt, dass das ein schwarzer 5er BMW mit Stadthagener Kennzeichen war, also einem Kennzeichen aus Niedersachsen, weshalb sie sich einigermaßen sicher waren, dass sie nicht von der Polizei in zivil verfolgt wurden.
Es ist beide Male derselbe Wagen, in den ein ProViDa 2000 modular eingebaut worden ist.
Beide waren zu schnell und der Abstand zu gering.
Ich habe in beiden Fällen um Einsicht in die Lebensakte gebeten. Die Einsicht wurde unter Hinweis darauf, dass in Rheinland-Pfalz eine Lebensakte nicht geführt werde abgelehnt. Dagegen habe ich noch nichts unternommen. In beiden Fällen steht demnächst Termin an. 13.06.2013 und 10.07.2013.
In dem einen Fall war die letzte Eichung am 20.09.2011 und der Verstoß mehr als ein Jahr später am 04.10.2012. Also länger als ein Jahr nicht geeicht.
Im Eichschein ist das echte Kennzeichen des Fahrzeugs angegeben, nämlich MZ-34997 und keineswegs das „gefakte“ Kennzeichen SHG- ?? … Die Polizisten haben dem Mandanten auch bestätigt, dass es sich um ein „falsches“ Kennzeichen handelt und sie mehrere Kennzeichen hätten mit denen sie herum fahren. Hier geht es um ein Bußgeld in Höhe von 240 €. Da habe ich beanstandet, dass gegen die Eichordnung verstoßen worden ist, weil die Eichung länger als ein Jahr zurück lag.
In dem zweiten Fall ist das Gerät dann wieder neu geeicht worden. Fahrt ebenfalls mit dem schwarzen 5er BMW mit dem Kennzeichen aus SHG – ??…. Eichschein für das Gerät in dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen MZ- 34997.
Die Eichung war am 12.12.2012 und der Vorfall am 07.01.2013. Bußgeld 320 € plus 2 Monate Fahrverbot.
Ich finde es sehr bedenklich, dass die mit gefälschten Kennzeichen aus anderen Bundesländern fahren, finde aber keinen rechtlichen Ansatz, außer zu bestreiten, dass das Gerät überhaupt geeicht war, weil kein Eichprotokoll für ein Auto mit einem Kennzeichen aus Stadthagen vorgelegt werden kann, sondern nur eins aus Mainz.“
Warum „überrascht“? Nun, ich habe bislang von solchen Praktiken/Vorgehensweisen noch nichts gehört und kenne vor allem auch keine Entscheidung, die sich damit befasst. Daher habe ich der Kollegin zugesagt die Frage hier und auch bei Jurion Strafrecht mal zu veröffentlichen in der Hoffnung, dass vielleicht der ein oder andere Kollege so etwas schon mal erlebt hat und etwas dazu sagen. Man denkt natürlich sofort an ein Beweisverwertungsverbot, aber das fehlt mir noch der rechtliche Ansatz – mal abgesehen davon – um Kommentaren vorzubeugen -, dass man dann ja immer noch über die Hürde „Abwägung“ springen muss. Ich finde zumindest schon mal den Ansatz der Kollegen: Bestreiten der Eichung, nicht schlecht. Dazu wird sich das AG sicherlich Gedanken machen müssen. Allerdings wird man da auch nur weiterkommen, wenn man eine feste Verbindung „PKw – Kennzeichen – Eichung“ aufstellt, die nicht aufgelöst werden darf, um die Überprüfbarkeit sicher zu stellen.
Ich bin gespannt, ob jemand etwas beitragen kann.
Ich haben da mal eine Frage: Kfz-Kennzeichen “gefakt” – Messung verwertbar? via @burhoff http://t.co/vID3bzVM7v
RT @burhoff: Ich haben da mal eine Frage: Kfz-Kennzeichen “gefakt” – Messung verwertbar? via @burhoff http://t.co/vID3bzVM7v
Strafrecht Online: Ich haben da mal eine Frage: Kfz-Kennzeichen “gefakt” – Messung verwertbar?: Vor einigen Ta… http://t.co/H5iKyggqrR
„Eichschein für das Gerät in dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen MZ- 34997“
ich gehe davon aus, dass das gerät nicht nur mit dem kennzeichen des PKW sondern auch mit seiner seriennummer bezeichnet wurde? ansonsten könnte man sich ja fragen, ob sich der eichschein tatsächlich eindeutig auf die konkret benutzte fahrzeug-gerät-kombination bezieht. es wird bei der polizei ja nicht nur einen schwarzen bmw mit provida 2000 modular geben.
Wenn die Kennzeichen gewechselt werden, kann man nicht ausschliessen, daß auch zwischen verschiedenen Fahrzeugen gewechselt wird.
Die Polizisten als Zeugen können das nicht für das gesamte Präsidium ausschliessen.
Die Eichung zu bestreiten scheint mir der richtige Weg zu sein.
Im vollständigen Eichschein (Seite 2) müßte die Fahrgestellnummer angegeben sein.
Zur Frage der Eichdauer verweise ich auf § 12 III EichO:
(3) Beträgt die Gültigkeitsdauer der Eichung ein Jahr oder mehr, beginnt die Gültigkeitsdauer mit Ablauf
des Kalenderjahres, in dem das Messgerät zuletzt geeicht wurde. Bei einer verspäteten Nacheichung in den
ersten drei Monaten eines Kalenderjahres wird die Gültigkeitsdauer im Anschluss an die Gültigkeitsdauer der
vorhergehenden Eichung bemessen.
Also an der Gültigkeitsdauer der Eichung wird man nichts bestreiten können.
Die Eichung muß sich m.E. auf ein bestimmtest Gerät bzw. eine Gerätekombination beziehen. Ein Kennzeichen ist nichts dauerhaftes, so dass neben der Seriennummer des Gerätes auch die FIN des Fahrzeuges im Eichschein auftauchen müsste, um das Gerät exakt zu definieren.
Judex non calculat :-).
Die Kollegin wird sich im Übrigen über die (vielen) Hinweis freuen. Danke.
Anhand des Videofilms ist es i. d. R. nicht möglich, die eindeutige Zugehörigkeit zu einem spezifischen Messgerät erkennen zu können, da z. B. die Seriennummer des Geräts nicht in das Video eingeblendet ist. Häufig wird aber das Gerät so eingestellt, dass das Kennzeichen (also das echte) im Film angezeigt wird. Das wiederum ist aber in den Einstellungen des Geräts mehr oder weniger beliebig veränderbar. Das Tarnkennzeichen hat damit wiederum auch nichts zu tun.
Der Abstand lässt sich durch Auswertung des Videos bestimmen, für den Fall, dass die Beamten zu dicht aufgefahren sind. Ist zwar etwas aufwendig, geht aber.
Dass der Eichzeitraum bis zum Ende des Folgejahres läuft, wurde bereits gesagt. Die maximale Gültigkeit beträgt damit (theoretisch) 2 Jahre. Die Eichung war also formal gültig.
Videoaufzeichnungen bieten darüber hinaus die beste Möglichkeit, die tatsächliche Geschwindigkeit im Nachhinein bestimmen zu können, falls das gewünscht ist. Dabei ist es im Grunde egal, ob irgendwas geeicht war, oder der Beamte einfach mit seinem Handy gefilmt hat. (Man muss dann nur wissen, welcher Kameratyp zum Einsatz kam und einen gut erkennbaren Wegabschnitt auswerten können.)
Selbst wenn in dem Eichschein nicht auch die Fahrgestellnummer eingetragen ist – es ist doch wohl evident, dass das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen MZ- 34997 seine Identität nicht dadurch ändert, dass für eine Einsatzfahrt ein Tarnkennzeichen angeschraubt wird (was im Übrigen völlig alltäglich ist). Evident ist deshalb auch, dass die Wirkungen und der Nachweis der Eichung unberührt bleiben.
Schauen wir mal, was „völlig alltäglich“ und „evident“ ist. Vielleicht muss sich ja ein OLG damit befassen und sagt es uns dann.
Die Verwendung von Tarnkennzeichen an Provida-Fahrzeugen ist in einigen Bundesländern tatsächlich alltäglich. Mitunter findet man in den Eichscheinen dann neben dem echten Kennzeichen in Klammern auch das oder die Tarnkennzeichen, aber nicht immer. Kennzeichen aus einem anderen Landkreis bzw. sogar aus einem anderen Bundesland kannte ich aber auch noch nicht.
Man lernt eben nie aus 🙂
Tarnkennzeichen aus anderen Bundesländern sind mir bis jetzt auch nicht untergekommen. Bei uns ist die Schleierfahndung sehr aktiv (Grenznähe zu Tschechien), dort werden die Kennzeichen an den PKW auch munter durchgetauscht. Von PA (Passau), über SR (Straubing), über R (Regensburg) bis WEN (Weiden) habe ich da alles schon gesehen. Was man aber noch nicht wegtarnen konnte, ist die Funkantenne, die relativ lang ist und so gar nicht in das Designbild eines BMW 5er oder eines Audi A6 passt. Wenn man also schon meint, von einem Zivilfahrzeug der Polizei verfolgt zu werden, dann sollte man eher auf dieses Detail achten und nicht auf das vermeintlich auswärtige Kennzeichen.
Ich will damit aber der Raserei keinen Vorschub leisten. 🙂
@Herr Burhoff:
Suchen Sie doch mal bei Ihrem Verlag ( jurion recht) nach „Tarnkennzeichen“, da gibt es dann Treffer wie „Richtlinien über die Haltung und Benutzung von Dienstfahrzeugen in der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt;
Sonderregelungen für die Landespolizei
(Kraftfahrzeugrichtlinien Polizei – KfzR Pol)“ oder aus Thüringen „Erlass zur Zuteilung von Tarn- und Wechselkennzeichen und Anordnung von Übermittlungssperren“
Dort ist die Ausgabe und Dokumentation der Tarnkennzeichen geregelt.
😉
Wie es in Rheinland-Pfalz aussieht, kann die Kollegin evtl. über eine Anfrage beim Innenministerium erfahren, in der LaReDa Rheinland-Pfalz habe ich nichts gefunden.
das hilft der Kollegin wenig, wenn ich da suche
Sie sind spät mit Ihrem Kommentar 😉
Was ist denn der aktuelle Stand nun?
Gibt es Neuigkeiten?
Danke.
ist mir nicht bekannt, sorry. vielleicht meldet sich die Kollegin ja noch mal 🙂