Verfahrensverzögerungen und Verfahrensdauer spielen in Zusammenhang mit der Vollstreckungslösung des BGH und der darauf ggf. beruhenden Berücksichtigung einer zu langen Verfahrensdauer bei der allgemeinen Strafzumessung und der Kompensation in der Praxis mit zunehmender Belastung der Gerichte immer mehr eine Rolle. Deshalb sind obergerichtliche Entscheidungen, aus denen man ableiten kann, was der BGH als zu lang ansieht, von Bedeutung. Zur Gruppe dieser Entscheidungen gehört der BGH, Beschl. v. 27.07.2012 – 1 StR 218/12, der in einem Totschlagsverfahren ergangen ist.
Folgender Zeit-/Verfahrensablauf:
„Vorliegend geschah die den Angeklagten zur Last gelegte Tat am 8. Juli 2010. Die Ermittlungen waren mit dem Eingang des DNA-Gutachtens am 15. November 2010 abgeschlossen, worauf die Staatsanwaltschaft ohne jede Verzögerung am 13. Dezember 2010 Anklage zum Landgericht erhob. Auf die dort am 15. Dezember 2010 eingegangene Anklage wurde, ohne dass weitere Untersuchungshandlungen erkennbar sind, erst am 4. Oktober 2011 das Hauptverfahren eröffnet, wobei in der Zwischenzeit der Vorsitzende im Mai 2011 bei den Verfahrensbeteiligten nach geeigneten Verhandlungstagen nach-fragte. Nach dem Eröffnungsbeschluss wurde die Hauptverhandlung zügig vom 28. Oktober 2011 bis zur Urteilsverkündung am 24. November 2011 durchgeführt.“
Zur zeitlichen Bewertung führt der BGH aus:
„Somit liegt eine die normale Dauer für die erforderliche Vorbereitung der Hauptverhandlung nur geringfügig übersteigende Verfahrensdauer vor, welche allenfalls sechs Monate beträgt. Danach war es als Kompensation ausreichend, zumal durch die Verzögerung keine ersichtlichen Nachteile entstanden sein können, nur die gerichtliche Feststellung zu treffen, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (BGH, GSSt, NStZ 2008, 234, 235; BeckOK-StPO/Graf, Ed. 14, § 199 GVG Rn. 10).„
Die „Vorbereitung der Hauptverhandlung“ darf also „allenfalls sechs Monate“ dauern. Allerdings wird man m.E. ergänzen müssen: In diesem bzw. vergleichbaren Fällen, denn es kommt insoweit m.E. schon auf den Tatvorwurf an.
In der Sache hat der BGH dann aber nur eine Kompensation in der Form vorgenommen, dass er festgestellt hat, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Damit ist dann auch ausreichend wieder gut gemacht i.S. des § 199 Abs. 3 GVG.