Der münsterische Polizeipräsident H. Wimber ist immer für Diskussionsanstöße gut. Nachdem er sich vor einiger Zeit für die Freigabe weicher Drogen eingesetzt hat, hat er in den letzten Tagen mit einem Vorschlag überrascht, der nun mehr oder weniger heftig diskutiert wird. Vorgeschlagen hat er nämlich u.a.: Die Polizei soll nicht mehr bei Verkehrsunfällen mit Blechschäden zur Unfallstelle kommen müssen. Es werde dort nämlich i.d.R. mit einem Personalaufwand von zwei Polizeibeamten und einem Zeitaufwand von ein bis zwei Stunden der Sachverhalt für Haftpflichtversicherer geklärt. Das sei nicht Aufgabe der Polizei.
Na ja.
- Wirklich für den Haftpflichtversicherer oder nicht doch auch für die unfallbeteiligten Bürger?
- Und führt das Nichterscheinen der Polizei nicht ggf. dazu, dass dann an anderer Stelle sehr viel mehr Arbeit entsteht, die ggf. durch eine polizeiliche Unfallaufnahme hätte vermieden werden können? Nämlich bei den Gerichten, wenn der Unfallhergang streitig wird.
- Und wie bitte schön sollen die Unfallbeteiligten den Unfallhergang klären und/oder Feststellungen treffen? Können/dürfen sie die Straße sperren, um Feststellungen zum Stand der Fahrzeuge pp. treffen zu können? Wie beweissicher sind die getroffenen Feststellungen?
Da tun sich m.E. eine ganze Menge Fragen auf. Hintergrund für den Vorschlag dürften fiskalische Erwägungen sein. Die Polizei soll sich mit anderen Aufgaben beschäftigen.
Erste Reaktionen auf den Vorschlag liegen vor. Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt ihn ab. Die Haftpflichtversicherer haben sich auch schon gemeldet. H. Wimber hatte nämlich darauf hingewiesen, dass es sachverständige private Firmen gebe, „die das gegen Bezahlung regeln“. Dazu haben die Haftpflichtversicherer schon mitgeteilt, dass es nicht ihre Aufgabe sei, solche Dinge zu bezahlen.
P.S.: Ich denke, dass bei einem Unfall wie auf dem beigefügten Bild die Polizei auch in Zukunft noch kommen wird/muss/soll. 🙂
Uuuralter Wein in neuen Schläuchen. Das gab’s alles vor ca. 20 Jahren schon einmal in Schleswig-Holstein incl. privater Unfallaufnahmefirmen – und ist sang- und klanglos gescheitert.
Also Sommerloch/Sommertheater? Das füllt doch sonst an sich immer der JM aus Niedersachsen mit irgend welchen alten Vorschlägen 🙂
Hätte ich nix gegen. Denn beim durchschnittlichen Verkehrsunfall sind die Informationen der Polizei in der Regulierung nicht hilfreich, in Extremfällen kontraproduktiv (aktenkundliche Verantwortlichkeitsverteilung bzw. dem Mandant auszuredendes), im Hinblick auf Sicherstellung objektiver Beweismittel wie Bremsspuren/Splitterpositionen untauglich. Weil die Polizei schon heute de facto nur Owis verfolgt und den Rest wie auch immer festhält.
Gut auch der Herr vom GDV gestern in der Lokalzeit Münsterland:
Die Versicherungen hätten nichts gegen eine solche Regelung, solange nur Schäden bis 500 oder 600 Euro betroffen sein. Klar, in dem Bereich zahlt idR. wegen drohender Höherstufung doch eh meist der Versicherte aus eigener Tasche. Dass es den Versicherungen dann egal ist, ob der Unfall in der Sache vernünftig aufgenommen wurde, scheint einleuchtend.
Naja, vielleicht wäre das gar nicht so verkehrt. Denn, wenn die Polizei anrückt, verlassen sich die Leute darauf, dass von der Polizei alles Notwendige getan wird, damit sie nachher zum ihrem Recht gekommen. Dass das nicht der Fall ist, ahnen die Unfallbeteiligten oft erst dann, wenn sie plötzlich mit einer Regulierungsabsage konfrontiert werden. Dann lieber gleich ganz genau wissen, dass man im Zweifel verlassen dasteht.
Die Österreicher machen es vor, dort wird eine „Blaulichtsteuer“ erhoben. Sorgt dafür, dass man es sich kurz überlegt ob man die Polizei holt aber im Zweifel keine übergroße Hemmschwelle hat.
Bei meinem ersten Unfall hätte mir das vielleicht geholfen. Ich bin zwar gegen ein parkendes Auto gefahren, das hätte dort so aber vermutlich gar nicht stehen dürfen – was ich als Fahranfänger aber nicht wusste, noch weniger, dass damit der eine Mitschuld hatte (und dann vielleicht doch auf den neuen Kotflügel zu Gunsten von Ausbeulen verzichtet hätte)