so ist ein Artikel überschrieben, in dem in der SZ über einen Missbrauchsprozess beim LG Essen berichtet wird (vgl. dazu hier). Wenn man den Bericht liest, ist man schon fassungslos. Allerdings, wenn es denn so stimmt, wie es die SZ berichtet.
Rechtlich interessant an dem Fall ist m.E. aber die Frage – und die lässt sich anhand des SZ-Berichtes nicht beantworten: Ist die Absicht, das Kind zum Missbrauch zu zeugen – wenn das denn ordnungsgemäß festgestellt worden ist – ggf. strafschärfend berücksichtigt worden? Nur das ist m.E. möglich, da ich einen Straftatbestand in dem Geschehen zunächst mal als nicht erfüllt ansehe. Und wenn man das berücksichtigt hat: Geht das bzw. ist das zulässig, oder ist das eine Art von „Gesinnungsstrafrecht“?. Die Frage wird sicherlich demnächst den BGH beschäftigen – bei den Strafen von acht und fünf Jahren wird im Zweifel Revision eingelegt werden.
„StGB § 46 Grundsätze der Strafzumessung
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. …
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters,
die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, …“
Man wird sicherlich sagen können, dass die Zeugung selbst noch straflose Vorbereitungshandlung gewesen ist. Ich denke aber, es ist kein Problem, den Umstand, dass die Tat von langer Hand vorbereitet und geplant worden ist (Stichwort: der bei der Tat aufgewendete Wille), strafschärfend zu verwerten.
Ich kann da vielleicht aus erster Hand aufklären:
Vielleicht kurz zum Hintergrund: 8 Jahre sind die Gesamtstrafe. Für 6 Fälle des Missbrauchs der minderjährigen Schwester gab es 6x 30 TS Geldstrafe (!), für das Vorhalten von Bildern 2 Jahre und der Missbrauch des Säuglings wurde mit einer Einsatzstrafe von 7 Jahren belegt, bei der Mitangeklagten mit 4 J 9 Mon. Das Gericht wertet zu Gunsten des Angekl., dass er nicht vorbestraft ist, dass dem Baby keinerlei Leid angetan wurde, dass er umfassend geständig war, das Verfahren abgekürzt hat, dass er zivilrechtliche Ansprüche dem Grunde nach anerkannt hat und nicht zuletzt einen TOA durchgeführt und im Termin dem Bevollmächtigten 500,- € zur freien Verwendung für das Kind gegeben hat. Mehr Strafmilderung ging mE nicht. Zu Lasten hat das Gericht ausschließlich gewertet, dass das Kind nur für den späteren Missbrauch gezeugt wurde, wobei es ausdrücklich nicht verkannt hat, dass nach der Zeugung der Kontakt abgebrochen ist und erst nach der Geburt – also einer rund 10-monatigen Zäsur – es zu dem Treffen zwischen den Angeklagten gekommen ist. Der Missbrauch besteht übrigens tatbestandlich darin, dass der Angeklagte seinen erigierten Penis an den des Babys gehalten hat und von dieser Situation ein Foto gefertigt hat. Ich habe meine Zweifel, ob die – wenn auch planvolle – Zeugung eines Kindes einen derartig schwerwiegenden Strafschärfungsgrund darstellt, dass eine Einsatzstrafe von 7 Jahren selbst unter Berücksichtigung der og Strafmilderungsgründe gerechtfertigt wäre…
Beste Grüße
7 Jahre für das Arrangieren (einschl. Erektion) und Anfertigen eines Fotos ohne physischen und psychischen Schaden?
Wow, das ist heftig. Vor allem bei den nur je 30TS für die Verleitung zur Selbstvornahme von sexualen Handlungen bei der minderjährigen Schwester – ebenfalls einschließlich der Anfertigung von Fotografien.
@ Burschi:
Die Zeugung des Kindes ist aber doch gerade nicht die Tat, die hier verhandelt wurde.
Legt man dem Einbrecher, der bei der Tat ein Brecheisen verwendet, den vorherigen Erwerb des Tatmittels strafschärfend zur Last?
Kinders, lasst das nicht die Bildzeitungsklientel lesen!
@ RA Jendricke: In der Zeugung eines Kindes zu dem Zweck, dieses nach seiner Geburt zur Befriedigung eines perversen Sexualtriebs (buchstäblich:) zu benutzen, drückt sich m.E. eine in hohem Maße menschenverachtende Gesinnung aus.
Inwiefern genau sehen Sie das als vergleichbar an mit dem Erwerb von Einbruchswerkzeug?
Ich widerspreche Ihnen da grundsätzlich nicht. Die Zeugung des Kindes war aber nicht die angeklagte Tat.