Nichts wesentlich Neues, aber als bestätigender Beschluss ganz interessant ist der OLG Bamberg, Beschl. v. 28. 2. 2011 – 3 Ss OWi 40/11. Vom Sachverhalt her sicherlich keine Seltenheit. Dazu heißt es in der Entscheidung:
„Das AG hat den Betr. wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot verhängt. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat das AG zur Täterschaft des Betr., der sich zur Sache nicht geäußert hat, im Wesentlichen ausgeführt: „Der Zeuge POM W. führte aus, dass aufgrund der hohen Geschwindigkeit eine an sich beabsichtigte sofortige Anhaltung nicht möglich gewesen sei. Er habe jedoch gesehen, dass es sich bei dem Fahrer um einen ‚älteren Herrn mit grauen Haaren’ gehandelt habe. Letzteres habe auch sein für die Anhaltung zuständige Kollege der L. beobachtet. Beide Zeugen berichteten, dass sie aufgrund einer Halteranfrage festgestellt hätten, dass der fragliche Pkw auf Frau Hannelore T. (…), wohnhaft K.-Straße in G. zugelassen ist. Aus diesem Grund seien sie zu dieser Adresse gefahren. Hierbei haben sie die Ehefrau des Betroffenen angetroffen. Auf Nachfrage, wer mit dem auf sie zugelassenen Pkw (…) gefahren sei, habe diese erklärt, dass dies ihr soeben nach Hause gekommener Ehemann gewesen sei. In diesem Augenblick sei der Betroffene erschienen und habe sich als Ehemann der Halterin zu erkennen gegeben. Aufgrund dieser Aussagen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Betroffene der Fahrer des Pkw (…) war. Der Betroffene passt zu der vagen Beschreibung seines Äußeren durch die Zeugen, wovon sich das Gericht in der Hauptverhandlung überzeugen konnte. Der Aussage seiner Ehefrau gegenüber den Zeugen W. und L., dass er am Tattag mit dem auf sie zugelassenen Pkw unterwegs gewesen und kurz vor Eintreffen der Zeugen zu seiner Wohnung zurückgekommen sei, spricht deutlich dafür, dass es sich bei dem Betroffenen um den Fahrer des Fahrzeugs zum Messzeitpunkt handelte. Die Erklärung der Ehefrau gegenüber den Zeugen ist auch verwertbar. Zwar wurde sie von den Polizeibeamten nicht gemäß §§ 163 III 1, 52 I Nr. 2, III StPO über ein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt. (…) Die Äußerung erfolgte jedoch nicht im Rahmen einer Vernehmung und ist daher, ohne dass eine Belehrung erfolgt ist, verwertbar.“
Mit seiner gegen das Urteil erhobenen Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene ausdrücklich nur die Verletzung sachlichen Rechts, wobei er in diesem Rahmen zur Begründung insbesondere ausführt, die Angaben seiner in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machenden Ehefrau gegenüber den Zeugen seien nicht verwertbar gewesen. Das ist insofern nicht richtig, weil der (Rechts)Fehler mit der Verfahrensrüge hätte geltend gemacht werden müssen. Aber dazu das OLG: Die unzutreffende Einordnung eines Rechtsbeschwerdeangriffs als Verfahrens- oder Sachrüge ist unbeachtlich, wenn sich aus der Begründungsschrift deutlich ergibt, welche Rüge gemeint ist. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Rüge, sondern ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens zu entnehmen ist. Soweit das Rechtsmittelvorbringen dies erlaubt, ist der als Sachrüge bezeichnete Vortrag daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensrüge zu prüfen (u.a. Anschluss an BGH, Urteil vom 21.11.2006 – 1 StR 392/06). Und davon ist das OLG dann ausgegangen und hat die Rüge der Verletzung des § 252 StPO als begründet angesehen. Dazu dann:
Die Rüge der Verletzung des § 252 StPO sei auch begründet.Dazu rückt das OLG die GStA ein, die ausgeführt hatte:
„Da die beiden Zeugen W. und L. nur eine vage Beschreibung des Äußeren des Fahrzeugsführers (‚älterer Herr mit grauen Haaren’) abgeben konnten, hat das Gericht in den Urteilsgründen dargelegt, dass seine Überzeugungsbildung von der Täterschaft des Betr. aufgrund einer Gesamtwürdigung mit einem gewichtigen Indiz beruht, nämlich der Erklärung der Ehefrau gegenüber den beiden Zeugen, dass der Betr. am Tattag mit dem Pkw unterwegs gewesen ist. Die Verwertung der polizeilichen Aussage der Ehefrau verstößt jedoch, worauf die Verteidigung zutreffend hingewiesen hat, gegen § 252 StPO. (…) Letztendlich hat die Ehefrau des Betr. im Anschluss an die Vernehmung der beiden Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Umstand, dass es sich, wie in den Urteilsfeststellungen ausgeführt, lediglich um eine ‚informatorische Befragung’ der Ehefrau handelte, lässt das Beweisverwertungsverbot nicht entfallen, denn § 252 StPO gilt auch regelmäßig für informatorische Anhörungen (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 252 Rn. 7 m.w.N.). Da das wesentliche Indiz der Überzeugungsbildung hinsichtlich der Fahrereigenschaft des Betroffenen (hier: Aussage der Ehefrau gegenüber den Zeugen W. und L.) einem Beweisverwertungsverbot unterliegt, tragen die (bislang) seitens des AG zur Identifizierung des Betr. als Fahrer getroffenen Feststellungen den Schuldspruch und damit das Fahrverbot nicht.“
Überraschend für Bayern, aber völlig Richtig und angemessen.
Der Senat beim OLG Bamberg hat einen Vorsitzenden der schon in seiner Referendarzeit als „Querdenker“ bekannt war. Er ist ein positiver Gegenpart zum ersten Strafsenat und seinem Vorsitzenden Nack und er beherrscht seinen Richterberuf besser als Fischer.
Naja – ob es wirklich eines bekannten „Querdenkers“ bedarf, um den Entscheidungsvorschlag der GStA nebst Begründung zu übernehmen …
was hat das damit zu tun? Man muss es ja auch erkennen können/wollen 🙂