Gestern hat wohl ein Diskussion des niedersächsischen JM Busemann „Rechtsanwälten und Strafverfolgern“ stattgefunden, zu der das niedersäsische JM eine PM veröffentlicht hat unter der Überschrift; „Sicherungsverwahrung wirksam regeln, Richtervorbehalt bei Blutproben abschaffen“. In der PM heißt es:
„HANNOVER. „Die Bevölkerung hat Anspruch auf wirksamen Schutz vor Rückfalltaten gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter. Dafür werde ich mich weiterhin mit allen mir rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzen“, hat der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann am Freitag (17.09.2010) bei einer Diskussionsveranstaltung von Strafverfolgern und Rechtsanwälten im Landgericht Hannover bekräftigt. Unter den Teilnehmern: Der Präsident des Oberlandesgerichts Celle Dr. Peter Götz von Olenhusen, der Celler Generalstaatsanwalt Harald Range, der Vorsitzende des Niedersächsischen Richterbunds Andreas Kreutzer und die Rechtsanwälte Bertram Börner und Hans Holtermann.
„Solange das Bundesverfassungsgericht das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit über die Freiheitsrechte verurteilter Straftäter stellt und der Bundesgerichtshof zu keiner gegenteiligen einheitlichen Rechtsprechung findet, darf es in Niedersachsen keinen Entlassungsautomatismus geben. Vielmehr ist jeder Fall für sich zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die Gefährlichkeit noch fortbesteht“, sagte Busemann. Das von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunktepapier gehe dafür nicht weit genug und müsse noch nachbearbeitet werden.
Zweifel äußerte der Justizminister auch an dem von der Bundesregierung geplanten „Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter“. Es erscheine kaum geeignet, einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor besonders gefährlichen Straftätern zu gewährleisten.
„Therapie ist gut und wichtig. Viele Sicherungsverwahrte sind aber gar nicht therapierbar. Die überwiegende Mehrheit von ihnen weist auch keine psychische Störung auf, die aber gerade die Unterbringungsvoraussetzung sein soll“, gab Busemann zu bedenken. Die Mehrheit der sogenannten Altfälle fiele von vornherein gar nicht in den Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes, sondern käme frei.
Der von der Bundesregierung ebenfalls angestrebte Ausbau der Führungsaufsicht sei im Grundsatz zu begrüßen. Die geplante neue Weisung zum Tragen einer so genannten „elektronischen Fußfessel werde jedoch niemanden an der Begehung neuer Straftaten hindern können. Für die nach den Vorstellungen der Bundesregierung in Freiheit kommenden Altfälle werde sie wegen des Rückwirkungsverbots nach Ansicht Busemanns ohnehin nicht in Betracht kommen.
Bei der Entnahme von Blutproben zur Alkohol- oder Drogenkontrolle forderte Busemann erneut die Abschaffung des, so der Justizminister „zur Farce gewordenen“ Richtervorbehalts. „Ich bin wie auch der Deutsche Richterbund und die Gruppe der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Auffassung, dass es eine Stärkung des Richtervorbehaltes bedeutet, wenn das schlichte Abnicken der polizeilich vorgeschlagenen Blutentnahme entfällt“, betonte Busemann.“
Zur Sicherungsverwahrung: Zum Glück entscheiden noch immer die Gerichte und nicht Herr Busemann über die Freilassung und die Umsetzung der Entscheidung des EGMR von Dezember 2009. Einen „Entlassungsautomatismus“ sehe ich nicht.
Zum Richtervorbehalt: Wieso man den stärkt, wenn man ihn abschafft, ist mir unverständlich. Das versteht man wohl nur, wenn man Politiker ist.
Alles in allem: M.E. eine typische „Busemann-PM“.
Der Richtervorbehalt als Institut wird (zum Nutzen der verbleibenden Anwendungsfälle) gestärkt, in dem man ihn auf diejenigen Anwendungsfälle zurückführt, in denen er einen substanziellen Gewinn an Rechtsstaatlichkeit mit sich bringt, und auf ihn in denjenigen Fällen verzichtet, in denen das ohnehin nicht der Fall ist.
War doch eigentlich gar nicht so schwer, oder?
Der Richtervorbehalt ist ohnehin eine Farce, nicht nur bei der Anordnung von Blutproben. Wie mehrere Univesitätsstudien zeigen, nicken Richter praktisch alles ab, was Ihnen von der StA oder der Polizei angetragen wird. Dies entspricht auch der täglichen Erfahrung. Die recht hohen Erfolgsquoten von Beschwerden gegen richterliche Anordnungen zeigen, daß bei den Ermittlungsrichtern wenig Verantwortungs- und Problembewußtsein herrscht. Man könnte daher jede Maßnahme auch auf eine nachträgliche Kontrolle beschränken. Die vorbeugende richterliche Kontrolle ist so gut wie nicht existent.
Verweigert doch einmal ein Richter seine Zustimmung zu einer Maßnahme, leiten manche Staatsanwälte daraus ihre Eilkompetenz ab. Eine klare rechtsstaatliche Linie: wenn der Richter nicht will, herrscht eben Gefahr in Verzug… Also insgesamt weg mit dem Richtervorbehalt aus Gesetzen und Verfassung! Weder die tägliche Empörung der Anwaltschaft und der Rechtswissenschaft noch die Rechtsprechung des BVerfG haben es (trotz § 31 Abs. 1 BVerfGG) vermocht, die Ermittlungsrichter zu einer ernsthaften und gewissenhaften Prüfung anzuhalten.