Archiv für den Monat: August 2010

Darf man sagen: Sandy Meyer-Wölden ist eine „olle Crackbraut“?

Nein, darf man nicht. So das LG Köln, auf dessen PM und Pressemitteilung zum Urteil des LG v. 14.07.2010 – 28 O 857/09, wonach der Rapper Sido keinen Schadensersatz zahlen an die Moderatorin Sandy Meyer-Wölden zahlen muss, ist erst jetzt zufällig gestoßen bin. Das LG Köln hat danach die Klage der Lebensgefährtin von Oliver Pocher abgewiesen, die 25.000 € Entschädigung für eine Beleidigung von dem Rapper gefordert hatte. Im Mai 2009 hatte Sido sich mit Pocher im Rahmen einer Preisverleihung ein Wortgefecht geliefert und dabei die Freundin des Comedian als «olle Crackbraut» bezeichnet. Nach dem Urteil des LG muss Sido aber rund 1.200 € Kosten an den Anwalt zahlen, der den Rapper im Auftrag von Meyer-Wölden abgemahnt hatte. Das LG hat ausgeführt, dass Sido durch seine Beleidigung zwar die Persönlichkeitsrechte von Sandy Meyer-Wölden verletzt hat. Mit ihrer Forderung nach Schadenersatz hatte die Moderatorin aber dennoch keinen Erfolg. 

Das LG: Die im Rahmen einer satirisch-parodistischen Showeinlage bei einer Musikpreisverleihung getätigte Äußerung über die Lebensgefährtin des Moderators in dem Sinne, dass diese eine „olle Crackbraut“ sei, sei als Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu werten. Die Äußerung werde durch den Durchschnittsrezipienten jedoch nicht als Tatsachenbehauptung verstanden, sondern als Meinungsäußerung, da sie eine substanzarme „Blödelei“ sei. Die Empfänger der Mitteilung mögen die Behauptung zwar als beleidigend aufgefasst, auf den Vorwurf, die Moderatorin würde tatsächlich die Droge „Crack“ konsumieren, schlossen die Rezipienten jedoch ersichtlich nicht, wie sich aus dem lauten Gelächter unmittelbar nach der Situation ergab. Bei der Äußerung handele es sich um eine Schmähkritik, die nicht von der Meinungsfreiheit geschützt wird, da keine Meinungsäußerung im Sinne einer Bewertung eines die Öffentlichkeit betreffenden Themas vorliegt.

Also: Ruhe nach dem Sturm? Oder geht es weiter zum OLG?

Ist das die Lösung des Rätsels „Sicherungsverwahrung“, oder bringt das nur noch mehr Ärger?

Nach einer Meldung von Spiegel online – vgl. hier – haben sich der Innenminister und die Justizministerin heute auf eine Lösung zur Neuregeleung der Sicherungsverwahrung geeinigt. Die geplanten Neuregelungen wird man sich erst mal genau ansehen müssen, bevor man sie bewertet. Denn Sie enthalten sicherlich auch eine Verschärfung der derzeitigen Rechtslage, denn die Sicherungsverwahrung soll künftig auch für Ersttäter angeordnet werden können, was bislang nur in ganz großen Ausnahmen möglich war. Und wie bitte schön will man, ohne wieder in Konflikt mit Karlsruhe oder dem EGMR zu kommen, eigentlich die bereits schon aus der Sicherungsverwahrung freigelassenen Straftäter unter die Neuregelung fassen? Das dürfte nicht ganz unproblematisch sein. Und das Allerbeste: Die Untergebrachten sollen in neuartigen Einrichtungen untergebracht und therapiert werden, die es noch nicht gibt. :-(. Ich denke, das Thema wird uns noch lange beschäftigen.

Schläft die Staatsanwaltschaft (Saarbrücken) oder wird der Beschuldigte weich gekocht?

Der Kollege Feltus fragt sich gerade: „Schlafen die bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken„? Gut, kann auch sein, darf aber natürlich nicht sein in einer Führerscheinsache, da diese Verfahren nach der Rechtsprehung des BVerfG (vgl. zfs 2005, 622) beschleunigt und mit Vorrang zu führen sind, da der Beschuldigte einen Anspruch auf rasche endgültige Klärung hat. Ich denke, es ist auch nicht so sehr der Schlaf, der an der schnellen Bearbeitung hindert – zu fertigen dürfte der Vorlagebericht an die GStA sein; an sich nichts Besonderes; sonder: Es liegt m.E. aufgrund der Vorgeschichte (vgl. beim Kollegen) der Verdacht nahe, dass man den Beschuldigten „weich kochen will“. So ungefähr die Annahme: Wenn es nur lange genug dauert mit dem Rechtsmittel, dann wird schon irgendwann das Interesse des Angeklagten an seinem Rechtsmittel so ab und das Interesse an der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis so zu nehmen, dass er die Revision zurücknimmt.

Und das läuft auch so lange so, wie nicht die Obergerichte mal Aufhebungsanträge erfolgreich sein lassen. Aber das ist eher selten. Wenn man sich die Rechtsprechung ansieht, führen manchmal noch nicht einmal lange Zeiträume zu einer positiven Entscheidung (vgl. OLG Koblenz NZV 2008, 47 für Zeitablauf von einem Jahr bis zur Revisionsentscheidung). Was tun? Manchmal hilft ein Aufhebungsantrag zumindest insoweit als er etwas Bewegung ins Verfahren bringt.

Subventionierung des Maßregelvollzugs durch Telefonentgelte der Untergebrachten?

Man könnte auch anders als in der Überschrift fragen, nämlich: Zu welchen Preisen muss im Maßregelvollzug die Nutzung von Telefonen angeboten werden bzw. darf die Klinik daran (viel) verdienen? Nach dem Entscheidung des BVerfG v. Beschl. v. 15.07.2010 – 2 BvR 328/07 lautet die Antwort m.E. nein, sondern: Telefonentgelte in Maßregelvollzugsklinik müssen verhältnismäßig sein. Die Telefonentgelte für die Nutzung eines Telefongerätes in einer Maßregelvollzugsklinik müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Auch aus dem Angleichungsgrundsatz als Ausprägung des Resozialisierungsgrundsatzes ergibt sich, dass keine Entgelte gefordert werden dürfen, die deutlich über den außerhalb des Vollzuges üblichen liegen.

Für den (Straf)Vollstreckungsrechtler, aber nicht nur für den ….

ist der Beschl. des OLG Karlsruhe vom 05.08.2010 – 1 Ws 107/10 von Interesse, in dem das OLG zu den Anforderungen an den Führungssaufsichtsbeschluss Stellung genommen hate. Die Leitsätze sind mehr als deutlich:

1.      Eine – Rahmen des Beschwerdeverfahrens allein überprüfbare -Gesetzeswidrigkeit einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht liegt vor, wenn eine solche im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist. Auch hat die Strafvollstreckungskammer in ihren Weisungen das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Hingegen findet eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit im Beschwerdeverfahren nicht statt. Im Übrigen kommen die Vorschriften und Rechtsgrundsätze des einfachen Beschwerdeverfahrens uneingeschränkt zur Anwendung.

 2.       Ist der Verurteilte aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage, die bei einer Vorstellungsweisung in einer Forensischen Ambulanz entstehenden Reisekosten zu tragen, muss die Staatskasse für diese aufkommen.

 3.       Aus Gründen der Klarstellung und der Fürsorgepflicht ist es angezeigt, dass die Strafvollstreckungskammer in ihrem die Führungsaufsicht ausgestalteten Beschluss den Verurteilten ausdrücklich darauf hinweist, ob sie die ihm erteilten Weisungen – strafbewehrt – auf § 68 b Abs. 1 StGB oder – nicht strafbewehrt – auf § 68 b Abs. 2 StGB stützt.

Sehr schön und für die Praxis von Bedeutung der Ls. 2.