Na, das hat es ja wohl selten gegeben und man schaut zuerst mal in den Kalender, ob nicht heute doch vielleicht der 08.März ist. Aber nein, 20.07 – übrigens auch ein geschichtsträchtiger Tag. Was ist aber so besonders? Nun, heute beschäftigen sich fünf (!!) Blogs mit Juristinnen, und zwar der Kollege Nebgen, bei Enforcer, beim Kollegen Siebers, und beim Kollegen Vetter. Nehmen wir dann noch die „Leiden der Nebenklagemausi“ dazu, dann haben wir fünf. Recht interessant, wie die – bis auf die Nebenklagemausi – die Richerinnen sehen. Interessant insofern, weil ich die Erlebnisse aus meiner Erfahrung nicht bestätigen kann.
1. Kann sich eine Richterin schlechter entscheiden? (vgl. hier) Nein. Entscheiden können sich auch männliche Richter häufig nicht und der Grundsatz „in dubio pro reo“ fällt auch ihnen manchmal nicht ein. Nur: Entscheidend ist, dass der/die Kollege/Kollegin Zweifel hat, die Zweifel des Verteidigers reichen nicht. Vielleicht hat die Richterin daran gedacht und sich nur falsch ausgedrückt?
2. Leben Richerinnen „Jung, weiblich und promoviert“ einen „jungmädchenhaften Gerechtigskeitssinn“ aus, wie der Kollege Nebgen meint. Die ein oder andere vielleicht, aber die Mehrzahl nicht. Sie sind manchmal bessere Strafrichterinnen, vor allem Jugendrichterinnen als ihr männlichen Kollegen. Man(n) kann das nicht über einen Kamm scheren. Alle Richter gehen heute durch ein Auswahlverfahren. Die Examensnote ist nicht mehr das non plus ultra.
3. Enforcer erlebt junge Richterinnen durchweg als „unentspannt, überfordert oder zickig“. Junge Anwältinnen nicht. Stimmt m.E. auch nicht. Ich habe einmal in einem Großverfahren gesessen, in dem eine Junganwältin, die heute zu den Großen zählt (jedenfalls meint sie das) verteidigt hat. Die war (ebenso) „unentspannt, überfordert oder zickig“ und fühlte sich immer fort angegriffen. Ein vernünftiges Gespräch war nicht möglich. Vielleicht lag es ja an der Perlenkette? 🙂
4. Der Kollege Vetter meint, die Jungrichterinnen bekämen heute „Haue“. Recht hat er, aber zu Unrecht gibt es Haue.
5. Und dann das „Leiden der Nebenklagemausi„. Ihr stimme ich zu, nicht, weil sie meine Freundin ist :-). Aber sie hat Recht: Nichts ist schlimmer als ein Verteidiger/eine Verteidigerin, die nicht verteidigen kann/will. Da könnte man aus der Haut fahren, nicht nur als „Nebenklagemausi“ :-), sondern auch als Gericht (jedenfalls ich). Man hat dann schon den Eindruck, dass der Angeklagte nicht die Rechte bekommt, die ihm zustehen.
Fazit: Nicht so schnell mit den jungen Pferden. Ich habe übrigens sowohl beim LG als auch beim OLG mit vielen jungen, zum Schluss jüngeren Kolleginnen zusammengearbeitet. Keine war zickig, keine überfordert oder unentspannt, alle konnten sich entscheiden, und zwar aufgrund der Kompetenz, die sie alle hatten. Ich breche also eine Lanze für die Richterinnen, und zwar auch für die jungen.
Historiker aufgepasst:
Wenn am 20.07. auf diejenigen dreingeschlagen wird, die am 08.03. Rechte für sich reklamieren, dann freuen sich mit Sicherheit die Falschen!
Außer der historischen Einordnung 08.03 versus 20.07. stimme ich dem Kollegen Burhoff allerdings völlig zu, auch wenn ich vor ein wenigen Wochen einer Richterin am örtlichen AG einen „unaufschiebbaren“ Antrag präsentieren musste.
Als Verteidiger bin ich Dolmetscher meines Mandanten in eine Sprache, die ich nur dann kenne, wenn ich den Richter/die Richterin verstehe. Dazu gehört neben dem ganzen juristischen „Gedönse“ auch die Einschätzung, ob meine Vorstellung von Verteidigung im konkreten Fall verfangen kann. Vorurteile gegen Richterinnen wg. ihrer Geschlechtzugehörigkeit können zwar gegenüber dem Mandanten bei evtl. Unzufriedenheit zur eigenen Rechtfertigung genutzt werden, schmälern jedoch i.E. die Erfolgsaussichten wie bei jeder vorurteilsbelasteten Verteidigung.
Apropos Vorurteile: Ich habe am 08.03. Geburtstag …
„…die am 08.03. Rechte für sich reklamieren…“
Wirklich kein besseres Argument als Juristin zur Hand, als den Weltfrauentag? Wenn 4 Kerle pauschal über Frauen urteilen, offensichtlich von Einzelfällen auf die Allgemeinheit schließen, sollte es nicht schwer fallen das kurz und sachlich zu erledigen, ohne Rückgriff auf gleichsame Allgemeinplätze in der Geschlechterthematik.
Auch die historische Gegenüberstellung 8.3.(1908) vs. 20.7.(1944) ist überflüssig und weder symbolträchtig noch sonst wie interessant (anders wäre es vielleicht am 3.11., das könnte zumindest ein Zucken im Gesicht hervorrufen).
wieso „Juristin“? 🙂
zickig, überfordert, unentspannt – das verbinde ich gerade mit Jugendrichtern und Jugendrichterinnen und das geschlechtsunabhängig. Aber vielleicht ist das große Amtsgericht, an dem ich früher häufiger zu tun hatte, auch nur ein Einzelfall.
Insgesamt finde ich das Frauenbashing, wie es sich gerade in der BLawgosphäre entwickelt etwas merkwürdig.
Pingback: Ein Plädoyer für junge Richter(-innen) « Kanzlei und Recht
these: einige – nicht alle – richterinnen haben den richterberuf nicht aus leidenschaft gewählt, sondern weil er so wunderbar familienkompatibel ist. das ist zwar legitim, führt jedoch nicht unbedingt dazu, dass die geeignetsten kandidaten richter werden.
Sie meinen wie bei den Lehrerinnen ? 🙂
Ein Einzelbeispiel, nicht repräsentativ:
Eine Referendarin stammte aus gut bürgerlichen Verhältnissen, ihre Eltern waren wohlhabende „Großbauern“ auf dem konservativen Lande in Niedersachsen. Sie war die erste ihrer Familie, die Abitur gemacht und studiert hat. Und das mit rasendem Eifer. Schon mit 23 Jahren war sie Referendarin, mit 25 Jahren hatte sie das 2. Staatsexamen bestanden. Ihr juristisches Verständnis war überdurchschnittlich, ihre Lebenserfahrung dem Alter gemäß unterdurchschnittlich. Ihre Liebe galt dem Zivilrecht, ihr Argwohn den Grundrechten, ihr Unverständnis dem liberalen Strafrecht, da man in ihrem Heimatdorf offenbar noch mit Pranger und Schandsteinen arbeitete.
Ein akzeptables, wenn auch nicht preiswürdiges Examen verschaffte ihr mit 25 Jahren eine Richterstelle. Mit Rollkragenpullover und Perlenkettchen gekleidet, saß sie nun in einem ländlichen Amtsgericht in der Strafrechtsabteilung. Sie beschloß, jeden, dessen Akte nicht dicker als 20 Blatt war, in Anwendung niedersächsischen Landrechts („Gnade bringt uns nicht weiter“) härtestmöglich und weitgehend lebensfremd zu bestrafen. Dickere Akten ließ sie in der Hoffnung auf einen baldestmöglichen Dezernatswechsel liegen.
Nach einem halben Jahr erfüllte sie sich ihren schon im Studium gehegten Kinderwunsch und ließ die Proberichterstelle mit der Drohung, irgendwann zurückzukehren, sausen. Acht Jahre und drei Kinder später hat sie diese Drohung noch nicht wahrgemacht. Irgendwann wird sie jedoch, dessen bin ich mir sicher, um zahlreiche wertvolle Erfahrungen reicher, im Alter von sodann 35 Jahren, wieder im Gericht aufschlagen und ihre mutterschutzbedingt aufgegebene Stelle zurückfordern.
Ob man nach 3 1/2 Jahren Studium, 2 Jahren Referendariat, 6 Monaten Berufstätigkeit und 10 Jahren Mutterglück allerdings noch auf der Höhe der juristischen Zeit ist und unverkorkste Entscheidungen treffen kann, wage ich zu bezweifeln.
@ 7
mit denen habe ich glücklicherweise seit nunmehr einigen jahren nicht mehr zu tun. 😀
@8
klingt ganz danach, als habe die dame nunmehr die nach § 37 jgg erforderlichen qualifikationen erworben. :-O