In der Zeitschriftenauswertung von LexisNexis wird über einen Beitrag von Wiesneth (RiAG) in DRiZ 2010, 46 berichtet. Er hält Bereitschaftsrichter angesichts vielfacher gesetzlicher Neuerungen für überfordert. In der Meldung von LexisNexis heißt es weiter:
„In den letzten 2,5 Jahren ist auf den amtsgerichtlichen Bereitschaftsdienst eine Unzahl gesetzlicher Neuerungen zugekommen, die zu einer erheblichen Belastung und Zuständigkeitserweiterung der Eilrichter geführt haben. Der Beitrag zählt zunächst die Einzelheiten auf: das TKÜG v. 01.01.2008, die örtliche Konzentration in Haft- und Unterbringungssachen (§ 162 StPO), die Eskalationshaft (§ 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO), die Angleichung des Haft- und Unterbringungsverfahrens v. 20.7.2007, die Präzisierung der Wiederholungsgefahr durch das 2. ORRG v. 01.10.2009, das Beweisverwertungsverbot bei Zeugnisverweigerungsberechtigten (§ 160a Abs. 2, 2 StPO), die Neuregelung des § 64 StGB v. 20.07.2007 sowie neue Zuständigkeiten in Abschiebungs- und familienrechtlichen Betreuungs- und Unterbringungssachen. Im Weiteren folgen nähere Ausführungen zum neuen U-Haftrecht, zur notwendigen Verteidigung (§ 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO), zur Belehrungspflicht (§ 115 Abs. 4 StPO), dem „nächsten Richter“ (§ 115a StPO), der Vorführfrist und zur neuen Rspr. betr. den Richtervorbehalt bei Blutprobenentnahme. Insgesamt beklagt der Verfasser die hohen Ansprüche an die jederzeitige Erreichbarkeit (sog. „Handyrichter„) und fordert entsprechende Rücksichtnahme bei der Geschäftsverteilung und personeller und sachlicher Ausstattung.“
Den Begriff „Handyrichter“ finde ich „gut“. 🙂 Er zeigt, dass die Technik bei der Justiz angekommen zu sein …………..scheint. 🙂
Und wann kommt bei Ihnen der Gedanke an, dass nicht alles, was technisch möglich wird, deswegen auch gleich auch sinnvoll ist??
Wir brauchen keine „Handyrichter“, die für ein Gebiet von 5.000 qkm zuständig sind und sich im Falle eines Falles kein Bild von der Lage vor Ort machen können, sondern endlich wieder bürgernahe Gerichte. Die Schließung zahlreicher kleiner Amtsgerichte, die dazu geführt hat, daß am Wochenende ein Bereitschaftsrichter für zum Teil riesige Landgerichtsbezirke allein zuständig ist, macht die vorbeugende richterliche Kontrolle zur Farce.
Die Bereitschaftsrichter sitzen manchmal 50 oder 80 Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt, sind weder mit den örtlichen Gegebenheiten noch mit den handelnden und betroffenen Personen vertraut, kurz: kennen nicht mehr „ihre Pappenheimer“. Da entscheidet an einem Wochenende – mit entsprechender „Qualität“ – die dröge Familienrichterin über Haft- und Durchsuchungsbefehle, in der nächsten Woche muß sich der seit 20 Jahren ausschließlich im Erwachsenenstrafrecht tätige Richter mit familienrechtlichen Problemen befassen.
So hat sich das Bundesverfassungsgericht die Sache mit dem Bereitschaftsrichtern sicher nicht gedacht. Richter, die aufgrund dieser Sachzwänge unmotiviert abnicken (müssen?), was ihnen per Handy vorgetragen wird, können ihre präventive Rechtsschutzaufgabe nicht erfüllen. Die richtige Konsequenz wäre in meinen Augen, wenn Bereitschaftsrichter Anträge, über die man naturgemäß nicht seriös aufgrund eines telefonischen Vortrags entscheiden kann, zurückweisen würden. Aber dazu müßte sich man ja in erster Linie den Bürgerrechten und nicht den staatlichen Interessen verpflichtet sehen.