In der Praxis ist die Frage, ob eine Fahrtunterbrechung bei einem Dauerdelikt, wie z.B. Fahren ohne Fahrerlaubnis, § 316 StGB, zu zwei Taten führt, von erheblicher Bedeutung für die Höhe der Strafe und/oder die Dauer der Entziehung der Fahrerlaubnis. So auch in dem der Entscheidung des AG Lüdinghausen vom 02.02.2010 – 9 Ds-82 Js 8979/09-186/09, zugrunde liegenden Sachverhalt. Da war der Angeklagte ohne gültige Fahrerlaubnis auf öffentliche Straßen gefahren und von der Polizei wegen zu hoher Geschwindigkeit angehalten worden. Ihm wurde die Weiterfahrt untersagt. Zunächst hat er sein Kleinkraftrad dann auch geschoben, jedoch war ihm dies schon nach 350 Metern zu mühsam, so dass er sich entschied, wieder aufzusteigen, den Motor anzulassen und mit dem Kleinkraftrad weiterzufahren. Dabei wurde er von der Polizei beobachtet. Das AG hat den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen verurteilt.
Die Entscheidung ist zwar grds. zutreffend. Zwar haben hier beide Fahrten in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang und auch in einem örtlich und zeitlich engen Zusammenhang gestanden, doch hat es sich deshalb nicht um eine einheitliche Tat gehandelt. Das Anhalten durch die beiden Polizeibeamten und die Kontrollsituation mit dem zunächst gefassten Vorsatz des Angeklagten, das Kleinkraftrad weiter zu schieben, hat die Tat im materiell-rechtlichen Sinn unterbrochen. Nach dem (Aufsteigen auf das Kleinkraftrad hat der Angeklagte nicht nur einen neuen Tatentschluss gefasst, sondern auch eine neue Tat begonnen. Das AG verweist allerdings darauf, dass es zudem darauf ankommt bzw. ankommen kann, ob der Täter von Anfang an vorhatte, die Fahrt fortzusetzen (vgl. dazu schon BGH StraFo 2009, 432 = VRR 2009, 363 [Ls.]); LG Potsdam DAR 2009, 285; AG Lüdinghausen VA 2007, 166; DAR 2009, 102; s. auch noch OLG Hamm VA 2008, 173). Darauf kann es aber m.E. nicht ankommen. Die Frage, ob eine natürlich Handlungseinheit vorliegt, ist vielmehr von den äußeren Gegebenheiten und dem gesamten Erscheinungsbild des Tatgeschehens abhängig zu machen.
über tatbegriffe lässt sich natürlich trefflich streiten, aber so wie ich die rspr. verstehe, kommt es für die natürliche handlungseinheit neben objektiven kriterien eben gerade doch auf den einheitlichen willen des täters an. und in dem hier vom AG entschiedenen fall scheint mir der wille des täters eben doch das eindeutigere kriterium zu sein. die fortsetzung der fahrt erfolgte jedenfalls in überschaubarem räumlich-zeitlichem rahmen.
„Es bleibt lediglich die Möglichkeit, mehrere Tatbestandsverwirklichungen nach den Grundsätzen sogenannter natürlicher Handlungseinheit (vgl. BGHSt 4, 219, 220; 10, 129, 130; BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit, Entschluß, einheitlicher 4, 6, 8, 12) zu einer materiellrechtlichen Tat zusammenzufassen. Dazu ist erforderlich, daß der Täter aufgrund eines einheitlichen Willens im Sinne derselben Willensrichtung handelt und die einzelnen tatbestandsverwirklichenden Handlungen in einem derart engen – zeitlichen, räumlichen und sachlichen – Zusammenhang stehen, daß sie bei natürlicher, an den Anschauungen des Lebens orientierter Betrachtungsweise als ein einheitliches zusammengehörendes Tun erscheinen.“
BGH 3. Strafsenat
Entscheidungsdatum: 19.11.1997
Aktenzeichen: 3 StR 574/97