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Na bitte, geht doch, oder: Der zulässige Gebührenverzicht des (neuen) Pflichtverteidigers

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Und zum Abschluss des heutigen Tages dann noch eine Problematik, die in der Praxis häufig noch Schwierigkeiten macht, nämlich die Auswechselung/Umbeiordung eines Rechtsanwalts als Plfichtverteidiger. Das wird zwar grundsätzlich bei allseitigem Einverständnis, dem Ausschluss einer Verfahrensverzögerung und der Vermeidung von Mehrkosten als möglich angesehen. Einige OLG machen aber Probleme bei der Frage, ob der neue Verteidiger auf Geltendmachung der durch den Verteidigerwechsel entstandenen Mehrkosten – meist u.a. die Grundgebühr – verzichten kann.

Das OLG Karlsruhe hat im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.12.2015, 2 Ws 582/15 – das nun noch einmal – mit der m.E. überwiegenden Meinung – als zulässig angesehen:

„Nach allgemeiner Meinung kann eine Auswechslung des Pflichtverteidigers indes auch dann erfolgen, wenn der Angeschuldigte und beide Verteidiger damit einverstanden sind, dadurch keine Verfahrensverzögerung eintritt und auch keine Mehrkosten entstehen (OLG Bremen NStZ 2014, 358; OLG Oldenburg NStZ-RR 2010, 210; OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 47; OLG Köln StraFo 2008, 348 und StV 2011, 659; OLG Braunschweig StraFo 2008, 428; OLG Bamberg NJW 2006, 1536; OLG Jena JurBüro 2006, 366; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 143 Rn. 5a).

Nachdem das Zustimmungserfordernis erfüllt ist und Rechtsanwalt S. gegenüber dem Senat verbindlich erklärt hat, für die Durchführung einer Hauptverhandlung – wie vom Gericht mit den übrigen Verteidigern abgesprochen – am 21. und 22.1.2016 zur Verfügung zu stehen, ist danach allein noch erheblich, ob Rechtsanwalt S. auf seinen Gebührenanspruch in Höhe der bereits durch die Vertretung durch Rechtsanwalt M. angefallenen Gebühren verzichten darf und deshalb durch den Verteidigerwechsel keine Mehrkosten entstehen. Dies wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise im Hinblick auf § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO für unzulässig erachtet (OLG Bremen a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG Jena a.a.O.). Dem wird jedoch zutreffend entgegengehalten, dass dem von § 49b BRAO verfolgten Zweck, einen Preiswettbewerb um Mandate zu verhindern, in der vorliegenden Fallkonstellation ausreichend dadurch begegnet wird, dass ein Wechsel nur bei Einverständnis beider beteiligter Anwälte möglich ist (OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.; im Ergebnis auch OLG Braunschweig a.a.O.; OLG Bamberg a.a.O.).“

Na bitte, geht doch…. 🙂

Kann der Pflichtverteidiger auf gesetzliche Gebühren verzichten? – Yes he can

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Die Frage, ob der Pflichtverteidiger auf Gebühren verzichten kann, stellt sich immer in den Fragen der sog. „Umbeiordnung“, also der Entpflichtung eines Rechtsanwalts und der Beiordnung eines anderen Verteidigers über die Gründe der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses hinaus. Das Problem stellt sich häufig, wenn dem Beschuldigten über § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ein Pflichtverteidiger bestellt worden ist, sich dann aber der „Verteidiger des Vertrauens“ meldet. Dann wird ggf. „umbeigeordnet“, die Umbeiordnung soll aber „kostenneutral“ erfolgen. Wenn der neue Verteidiger dann auf Gebühren, i.d.R. die Grundgebühr und (jetzt) die Verfahrensgebühr, verzichtet, heißt es bei einigen Gerichten (s. die Nachweise im verlinkten Beschluss): Geht nicht, dem steht § 49b BRAO entgegen, der auch für Pflichtverteidiger gilt. So auch vor einiger Zeit beim AG Osnabrück. Die Kollegin, die „Anwältin des Vertrauens“ werden sollte/wollte hat sich aber mit der Ablehnung der Umbeiordnung durch das AG nicht zufrieden gegeben und die Frage beim LG Osnabrück „zum Spruch gestellt“. Und das LG Osnabrück hat ihr Recht gegeben. Die Kollegnin hat mir den Beschluss zukommen lassen und mich gebeten, ihn zu veröffentlichen. Tue ich dann (auch) hier gerne, vor allem auch deshlab weil ich im Vorfeld mit der Kollegin über die Argumentation korrespondiert hatte. Freut einen dann ja, wenn der Kollege damit dann Erfolg hatte. Lag aber nicht nur an meinem Rat, sondern die Kollegin hatte auch unabhängig davon eine „schöne Beschwerdebegründung gebastelt“. 🙂 😀

Das LG führt im LG Osnabrück, Beschl. v. 12.02.2104 – 10 Qs – 1366 Js 49405/13 – 4/14 – zu der Problematik aus:

1. Gebührenrechtliche Gründe stehen dieser Auffassung nicht entgegen.
…..
Das Amtsgericht Osnabrück hat sich in der angefochtenen Entscheidung der letztgenannten Auffassung angeschlossen.

b) Die Kammer schließt sich im Ergebnis — nicht zuletzt im Hinblick auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Oldenburg — der erstgenannten Auffassung an.

(1)  Dem Gesetzeswortlaut des § 49b BRAO ist nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Vorschrift für sämtliche Gebührentatbestände Geltung beansprucht oder eben nur für solche, die auf vertraglicher Grundlage entstehen. § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO spricht vom „Vereinbaren“ oder „Fordern“ von Gebühren und Auslagen. Die Gerichte, die einen Verzicht für unzulässig halten, sehen in dem Antrag des beigeordneten Verteidigers auf Festsetzung seiner Gebühren (§ 55 RVG) ein „Fordern“ im Sinne des § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO (vgl. nur OLG Naumburg, a.a.O., juris Rn 11).

Allerdings ist der Entstehungsgeschichte des § 49b BRAO zu entnehmen, dass der Gesetzgeber das „Fordern“ nicht auf die Festsetzung von Gebühren eines beigeordneten Verteidigers aus der Staatskasse bezogen hat, sondern eher als Unterfall des „Vereinbarens“, nämlich eines einseitigen Aktes des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit dem „Vereinbaren“. Denn Hintergrund der gesetzlichen Regelung war die Erwägung, ein Mandant solle sich nicht aus fiskalischen Gründen einen besonders preisgünstigen Rechtsanwalt suchen müssen (Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucksache 12/4993, Seite 31). Dass der Gesetzestext bei seiner Entstehung auf zivilprozessuale Gegebenheiten bezogen war, ist schon daraus zu ersehen, dass die Gesetzesbegründung in diesem Zusammenhang einzig von „Prozeßkostenhilfe“, „Beratungshilfe“ und „Aufträge erteilen“ spricht (BT-Drucksache 12/4993, Seite 31). Sprachlich finden sich in der Gesetzesbegründung keine Anknüpfungspunkte dafür, dass die gesetzliche Regelung auch für den Strafprozess gelten soll, soweit Gebühren aus der Staatskasse zu zahlen sind. Für einen Mandanten, also den Beschuldigten, wird es im Falle einer „Umbeiordnung“ im Übrigen auch nicht „preisgünstiger“.

Dies erhellt, dass es sich bei der Gleichsetzung des „Forderns“ mit dem Festsetzungsantrag des beigeordneten Verteidigers eher um eine sprachliche Finesse denn um ein inhaltliches Argument handelt.

(2) Soweit die ratio der Vorschrift ins Feld geführt wird, um einen Gebührenverzicht für unwirksam zu erklären, teilt die Kammer diese Bedenken nicht. § 49b Abs. 1 BRAO soll einen Wettbewerb unter Rechtsanwälten verhindern oder zumindest begrenzen, soweit er über Gebühren geführt wird und nicht über die Qualität anwaltlicher Arbeit (BT-Drucksache 12/4993, Seite 31).

Diesem Gesetzeszweck ist dadurch Genüge getan, dass der bisherige Verteidiger der „Umbeiordnung“ zustimmen muss. Es ist damit ausgeschlossen, dass er gegen seinen Willen aus der Verteidigung gedrängt wird.

Die dieser Auffassung entgegen tretenden Gerichte weisen für ihren Standpunkt darauf hin, dass auch der neu zu bestellende Verteidiger sein neues Mandat dadurch „erkaufe“, dass er den gesetzlich vorgesehenen Preis unterbiete (so ausdrücklich OLG Bremen, Beschluss vom 12. Juli 2013 — Ws 184/12; OLG Jena JurBüro’2006, 365).

Die Kammer beobachtet den „Kampf um Pflichtverteidigermandate“ schon seit längerem. Hierbei hat sie festgestellt, dass es in aller Regel die etablierten und wirtschaftlich stärkeren Kanzleien bzw. Rechtsanwälte sind, die eine Beiordnung auch um den Preis des teilweisen Verzichts auf Gebühren erstreben. Es ist mitnichten so, dass wirtschaftlich schwache Anwälte sich um den Preis eines teilweisen Gebührenverzichts den Zugang zu neuen Mandaten „erkaufen“. Ein ruinöser Preiswettbewerb zu Lasten von wirtschaftlich schwächeren Anwälten ist deshalb nicht zu befürchten. Dass der ursprüngliche Verteidiger, bei dem es sich in aller Regel um den wirtschaftlich schwächeren handelt, gegen seinen Willen von dem Zustandekommen weiterer, erst im Laufe eines Strafverfahrens anfallender Gebühren abgehalten wird, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Denn es bedarf seiner Zustimmung zu dem Verteidigerwechsel.“

M.E. muss man in den Fällen, in den der Beschuldigte sein Auswahlermessen nicht hat ausüben können, sogar noch einen Schrift weiter gehen und die Gebührenfragen völlig außen vor lassen. Denn dann war das Verfahren nicht ordnungsgemäß. Warum sollen die daraus entstehenden Nachteile den neuen Verteidiger treffen?

Vorsicht!! Aufgepasst bei der Vergütungsfestsetzung – Gebührenverzicht und Gebührenverlust

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Das BGH, Urt. v. 04.07.2013 – IX ZR 306/12 – behandelt folgenden Sachverhalt:

Der klagende Anwalt hatte den Beklagten in einem Bußgeldverfahren vertreten und seine Vergütung mit Schreiben v. 01.06.2010 i.H.v. 892,50 € berechnet. In Höhe dieses Betrages beantragte er bei dem AG die Vergütungsfestsetzung gegen den Beklagten. Nach Hinweis des Rechtspflegers auf die Regelung des § 11 Abs. 8 RVG ermäßigte der Anwalt sein Begehren auf die jeweilige Mindestgebühr zzgl. Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 154,70 €, die antragsgemäß gegen den Beklagten festgesetzt wurden. Mit seiner Klage vor dem AG hatte der Rechtsanwalt den Beklagten dann noch auf Zahlung des Differenzbetrages von 737,80 € in Anspruch genommen. Das AG hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers hiergegen blieb erfolglos. Der BGH hat ins einem Urteil die zugelassene Revision zurückgewiesen.

Er geht in seiner lesenswerten Entscheidung davon aus, dass der Rechtsanwalt, der gegen seinen Mandanten, nachdem er diesem höhere Rahmengebühren in Rechnung gestellt hat, die Festsetzung der Mindestgebühren beantragt, damit auf die weitere Gebührenforderung verzichtet. Durch die Übermittlung des auf die Mindestgebühren gerichteten Vergütungsfestsetzungsantrags habe in diesen Fällen nämlich der Rechtsanwalt seinem Mandanten den Antrag unterbreitet, ihm die über die Mindestgebühr hinaus gehende Honorarforderung zu erlassen. Dieser konkludente Erlass der weitergehenden Gebührenforderung beruhe auf einem triftigen Grund, weil der Anwalt mit Rücksicht auf § 11 Abs. 8 Satz 1 RVG eine Festsetzung der Mindestgebühren nur beantragen dürfe, wenn er auf eine zusätzliche Honorarforderung verbindlich verzichtet. Dieses Angebot habe der Mandant angenommen. Seinen Annahmewillen habe er nach außen hin bestätigt, indem er den gegen ihn ergangenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss hingenommen habe.

Aus der Entscheidung kann man nur das Fazit ziehen: Hat der Rechtsanwalt den Weg in die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG erst einmal beschritten, gibt es kein Zurück mehr bzw. dann ist es ausgeschlossen, die über die im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend gemachten Mindestgebühren hinausgehende Gebührenforderung noch geltend zu machen. Darüber muss man sich als Rechtsanwalt im Klaren sein: Mehr als die Mindestgebühr ist dann nicht mehr zu erzielen. Das heißt: Man muss sich gut überlegen, ob man den Weg über den § 11 RVG geht.

 

Richtungswechsel in Bremen: Gebührenverzicht jetzt unzulässig. Warum das?

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M.E. ohne Not hat das OLG Bremen vor kurzem seine Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit eines Gebührenverzichts des Rechtsanwalts/Verteidigers gegenüber der Staatskasse geändert und hat sich im OLG Bremen, Beschl. v. 12.07.2013 – Ws 184/12 – der Auffassung in der Rechtsprechung der OLG angeschlossen, die das als nicht zulässig ansieht. Diese Frage spielt bei einem Pflichtverteidigerwechsel auf Wunsch des Angeklagtenein Rolle, wenn es um die sog. „Kostenneutralität geht. Dazu sagt die h.M. in der Rechtsprechung, dass ein Verteidigerwechsel auf Antrag des Angeklagten grundsätzlich auch zwischen den Instanzen ohne wichtigen Grund erfolgen kann, allerdings nur, wenn der bisherige Pflichtverteidiger damit einverstanden ist, die Beiordnung des neuen Verteidigers keine Verfahrensverzögerung zur Folge hat und die entstehenden Mehrkosten vom Angeklagten als Vorschuss gezahlt werden. Und um die Mehrkosten geht das. Das sind im Zweifel die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG und die jeweilige Verfahrensgebühr sowie der Auslagenersatz gem. Nrn. 7000 ff VV RVG auch für den neu bestellten Verteidiger

Ein Verzicht des Verteidigers auf diese Ansprüche soll – so nun auch das OLG Bremen – gem. § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht zulässig sein. In der Frage ist das OLG (vgl. Beschl,. v. 27. 10. 2008, Ws 160/08) allerdings in der Vergangenheit der Auffassung gewesen, dass der neu beauftragte Verteidiger, der seine Beiordnung als Pflichtverteidiger erstrebt, wirksam auf diese Ansprüche verzichten könne. Diese Auffassung gibt der Senat nun  auf und schließt sich der Auffassung in der Rechtsprechung (OLG Jena JurBüro 2006, 365; OLG Köln StV 2011, 659 und StraFo 2008, 348; OLG Naumburg RVG professionell 2010, 133 =  RVGreport 2010, 333 =  StRR 2011, 228) an, die das für unzulässig halten (a.A. OLG Bamberg NJW 2006, 1536; OLG Braunschweig StraFo 2008, 428; OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 47 = StRR 2008, 69 [Ls.]; OLG Oldenburg NStZ-RR 2010, 210 = StRR 2010, 267 [Ls.]; weitere Nachw. bei Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 2235). Nach Auffassung des OLG findet die Regelung des § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO, wonach es unzulässig ist, geringere Gebühren zu vereinbaren oder zu fordern, als das RVG vorsieht, nicht nur für die vertraglich vereinbarte Gebühr, sondern auch für den Anspruch gegen die Staatskasse Anwendung. Das Gegenteil ergibt sich daraus daraus, dass für die Festsetzung der aus der Staatskasse zu leistenden Vergütung eben ein Festsetzungsantrag nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG erforderlich ist, was zur Zulässigkeit des Gebührenverzichts führt.

Als Ausweg im Hinblick auf die Kostenneutralität folgt das OLG dann der Auffassung des OLG Köln (vgl. StraFo 2006, 514 und 2008, 348), wonach eine Doppelbelastung des Staates nur dann ausgeschlossen ist, wenn ein gem. § 58 Abs. 3 RVG zu verrechnender Vorschuss des Angeklagten geleistet wird. Wenn ein Angeklagter ohne wichtigen Grund einen Wechsel seines Verteidigers oder seiner Verteidigerin wünsche, so habe er mithin die daraus entstehenden Mehrkosten im Wege der Vorschusszahlung selbst zu tragen. Die vor und nach der Beiordnung ausgelösten Auslagenersatzansprüche können insbesondere bei einem erheblichen Aktenbestand die Gebühr gem. gemäß Nr. 4100 VV RVG um ein Vielfaches übersteigen. Sie seien deshalb bei der Beantragung des Verteidigerwechsels nachprüfbar zu kalkulieren und ebenfalls durch entsprechende Vorschusszahlungen abzudecken. Sämtliche Zahlungen seien dem Gericht bei der Beantragung des Verteidigerwechsels durch entsprechende Zahlungsbelege nachzuweisen.

Ein Richtungswechsel ohne Not. ie gegen diese Ansicht sprechenden Argumente sind bekannt und bereits dargelegt. M.E. hilft da auch nicht der vom OLG im Hinblick auf die Rechtsprechung des OLG Köln eingeschlagene Ausweg, den Angeklagten, der die „Umbeiordnung“ wünscht, als verpflichtet anzusehen, einen anrechenbaren Vorschuss auf die doppelt anfallenden Gebühren zu zahlen. I.d.R. werden die Mandanten zu dieser Vorschusszahlung nicht in der Lage sein. Das ist es m.E. sinnvoller und zutreffender den Gebührenverzicht mit der wohl h.M. als zulässig anzusehen und so eine Doppelbelastung der Staatskasse zu vermeiden.

 

Der Gebührenverzicht – in der Partnerschaftsgesellschaft aufgepasst

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Ich habe länger nichts zum Gebührenrecht gebracht. Da bietet sich heute das OLG Hamm., Urt. v. 05.12.2012 – I 8 U 27/12 – an, das einen Gebührenverzicht eines Rechtsanwalts aus einer Partnerschaftgesellschaft und ihm folgende Schadensersatzasnprüche zum Gegenstand hat. Der Rechtsanwalt hatte gegenüber einer Mandantin auf Gebühren verzichtet und war daraufhin dann von der Partnerschaftsgesellschaft, der angehörte, auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Das OLG hat einen Schadensersatzanspruch bejaht. Es geht davon aus, dass ein Mitglied einer Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten ist, die berechtigten Interessen der Gesellschaft an der Realisierung ihrer Gebührenansprüche zu wahren. Verletze ein Rechtsanwalt diese Pflicht, indem er ohne Zustimmung der übrigen Partner mit einer Mandantin einen Gebührenverzicht vereinbare, so sei er der Gesellschaft zum Schadensersatz in Höhe der entgangenen Gebühren verpflichtet. Aus der Begründung:

„Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin eine Pflichtverletzung begangen, indem er gegenüber der Mandantin T auf die Geltendmachung von Gebührenforderungen für die ihr erbrachten anwaltlichen Leistungen verzichtet hat. Im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht war der Beklagte während seiner Mitgliedschaft in der Kanzlei der Klägerin gehalten, die berechtigten Interessen der Klägerin an der Realisierung ihrer Gebührenansprüche zu wahren. Indem der Beklagte mit der Mandantin T einen Erlassvertrag bezüglich der Vergütungsforderung der Klägerin geschlossen hat, hat er diese Pflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Denn der Erlassvertrag hat bewirkt, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin gegen Frau T gemäß § 397 Abs. 1 BGB erloschen ist. Der Umstand, dass sich der Ehemann der Frau T gegenüber dem Beklagten für die Zahlung der Kosten stark gemacht hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da die Klägerin anwaltliche Beratungsleistungen ausschließlich gegenüber Frau T erbracht hat und damit allein diese Vertragspartnerin der Klägerin war. Der Erlassvertrag wirkt auch für und gegen die Klägerin, da entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 125 Abs. 1 HGB Einzelvertretungsmacht des Beklagten bestand.

Soweit sich der Beklagte erstinstanzlich darauf berufen hat, dass jeder Gesellschafter im Außenverhältnis berechtigt gewesen sei, über die von ihm erwirtschafteten Gebührenansprüche zu verfügen, vermag dies den Beklagten nicht zu entlasten. Denn aus einer solchen rechtlichen Befugnis im Außenverhältnis ergibt sich nicht die Berechtigung des einzelnen Gesellschafters im Innenverhältnis zur Klägerin und zu den Mitgesellschaftern, gegenüber Mandanten eigenmächtig auf die Geltendmachung berechtigter Gebührenansprüche zu verzichten. Eine solche Maßnahme bewirkte eine Gewinnminderung der Klägerin, die sich zum Nachteil aller Mitgesellschafter auswirkte und daher der Zustimmung der Mitgesellschafter bedurfte. Dass er eine solche Zustimmung eingeholt hat, hat der Beklagte nicht dargetan.“