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Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Sperrfristablauf, oder: Keine automatische Wiedererteilung

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Im „Kessel Buntes“ heute zwei verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Den Opener macht der VG Bremen, Beschl. v. 02.04.2025 – 5 V 245/25. Gestritten wird um die  vorläufige Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis. Der Antragsteller war Inhaber einer Fahrerlaubnis u.a. der Klassen B, C, AM und L. Mit Strafbefehl vom 22.05.2024, rechtskräftig seit dem 11.06.2024, verurteilte das AG ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Tatzeit: 25.01.2024) zu einer Geldstrafe, entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine neumonatige Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis an.

Nachdem der Antragsteller in der Zeit vom 27.08.2024 bis 10.09.2024 an einem besonderen Aufbauseminar teilgenommen hatte, verkürzte das AD die Sperrfrist mit Beschluss vom 29.10.2024 um zwei Monate, sodass sie am 21.12.2024 endete. Unter dem 19.09.2024 beantragte der Antragsteller die Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis. Mit Schreiben vom 15.01.2025 forderte die Behörde ihn auf, bis zum 15.07.2025 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Beantwortung der Fragestellung beizubringen: „Ist aufgrund des Verstoßes/der Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften zu erwarten, dass Frau/Herr pp. auch zukünftig gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird und/oder künftig allgemeine Straftaten in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begehen wird?“. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Behörde könne bei Bekanntwerden von Bedenken gegen die Fahreignung gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV bzw. im Falle der Neuerteilung gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 9b FeV die Beibringung eines entsprechenden Gutachtens fordern. Derartige Bedenken ergäben sich aus wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen (Nichteinhaltung des Mindestabstandes auf der Autobahn, mehrere näher bezeichnete Geschwindigkeitsverstöße sowie die Trunkenheitsfahrt vom 25.01.2024). Die Anordnung stehe im Ermessen der Behörde. In Abwägung der hiermit für ihn verbundenen Nachteile mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit sei die Gutachtenvorlage nach den bekannten Umständen ein geeignetes, verhältnismäßiges und erforderliches Mittel zur Ausräumung der Bedenken.

Der Antragsteller hat am 31.01.2025 einen Eilantrag gestellt. Er erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung gemäß § 13 FeV seien nicht erfüllt. Der Schluss auf seine Nichteignung sei nicht gerechtfertigt und ergebe sich nicht aus den in der Untersuchungsanordnung aufgeführten Verkehrsverstößen. Die Anordnung sei zudem ermessensfehlerhaft und nur formelhaft begründet. Eine Ermessensreduzierung auf Null habe nicht vorgelegen. Die Untersuchungsanordnung sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Die Antragsgegnerin habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass verkehrspsychologische Maßnahmen wie diejenige, an der er teilgenommen habe, zu einem Wegfall des Eignungsmangels und jedenfalls zu einer Sperrfristverkürzung führen könnten. Die Antragsgegnerin habe ferner zu berücksichtigen, dass die vorläufige Fahrerlaubnisentziehung mittlerweile beendet sei und er seitdem kein Fahrzeug führen dürfe. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung seien bei der anzustellenden Prognose auch die lange Verfahrensdauer und der Umstand zu berücksichtigen, dass er die begangene Straftat bereue. Auch genüge die festgelegte Fragestellung nicht den rechtlichen Vorgaben. Da die Anordnung des Gutachtens rechtswidrig sei, dürfe aus der Nichtvorlage nicht auf die fehlende Eignung geschlossen werden. Eine Interessenabwägung falle zu seinen Gunsten aus. Er sei auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Er sei zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet und benötige die Fahrerlaubnis zur Aufnahme einer bereits in Aussicht stehenden Arbeitsstelle.

Das VG hat der Behörde Recht gegeben und den Antrag abgelehnt. Die Entscheidung des VG Bremen hat folgende Leitsätze:

1. Der Ablauf einer Sperrfrist nach § 69a StGB führt nicht automatisch zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung durch ein Strafgericht.

2. Bei entzogener Fahrerlaubnis besteht kein Spannungsverhältnis zwischen § 11 Abs. 3 FeV und Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG.

3. § 13 FeV entfaltet keine Sperrwirkung dahingehend, dass Verkehrsverstöße mit Alkoholbezug nicht mehr im Rahmen von § 11 FeV herangezogen werden dürfen.

Abschleppen wegen Parkens im absoluten Halteverbot, oder: Verhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme

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Im zweiten Posting gann mal wieder etwas zum Abschleppen, und zwar nimmt das VG Bremen, Urt. v. 27.01.2025 – 5 K 2090/23 – zur Verhältnismäßigkeit einer Abschleppmaßnahme und zu den Anforderungen an die Einzelfallprüfung Stellung.

Gestritten wird um die Heranziehung des Klägers zu den Kosten einer Abschleppmaßnahme. Der Kläger hatte seinen Pkw am 04.07.2021 kurz nach 18:00 Uhr in der Straße Am Deich in Höhe der Langemarckstraße im absoluten Halteverbot geparkt. Das Ordnungsamt veranlasste das Abschleppen des Fahrzeugs mit dem Abschleppgrund „Parken im Halteverbot“. Vor Beendigung der Abschleppmaßnahme entfernte der Kläger das Fahrzeug. Nach Anhörung des Klägers setzte das Ordnungsamt Kosten und Gebühren in Höhe von insgesamt 223 EUR (165 EUR Kosten für die Leerfahrt, 58 EUR Verwaltungsgebühr) gegen ihn fest. Dagegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, für eine Abschleppmaßnahme reiche das bloße verbotswidrige Parken im absoluten Halteverbot nicht, sondern es bedürfe einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Eine solche habe nicht vorgelegen. Der Verstoß habe sich an einem Sonntagabend ereignet, zu einer Zeit, zur der gewöhnlich wenig Verkehr vorherrsche. Das Fahrzeug sei zudem nur eine relativ kurze Zeitspanne abgestellt worden. Es fehle an einer einzelfallbezogenen Prüfung und Begründung der Maßnahme.

Der Widerspruch war erfolgos. Die dann erhobene Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das VG führt zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme aus:

„c) Die Anordnung der Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg stehen dürfen, was sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt. Soweit mit dem Verkehrszeichen 283 ein absolutes Halteverbot angeordnet wurde, liegt dem eine konkrete Verkehrssituation vor Ort zugrunde, die auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Einzelfallprüfung notwendig macht, ob eine Abschleppmaßnahme gerechtfertigt ist (OVG Bremen, Urt. v. 15.04.2014 – 1 A 104/12 –, juris Rn. 28 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 09.04.2014 – 3 C 5/13 –, BVerwGE 149, 254-265, juris Rn. 12).

Das Abschleppen aus einem absoluten Halteverbot ist kein Selbstzweck, sondern findet seine Rechtfertigung in der Gefahr für die Verkehrssicherheit, die einer solchen Regelung regelmäßig zugrunde liegt. Maßgeblich ist daher eine Einzelfallprüfung der dem Verkehrsschild zugrundeliegenden konkreten Verkehrssituation vor Ort. Zu prüfen ist demnach in einem ersten Schritt, welche Verkehrssituation – damit regelmäßig: welche (abstrakte) Gefahr für die Verkehrssicherheit – dem Halteverbot zugrunde liegt und sodann in einem zweiten Schritt, ob mit Blick auf diesen (abstrakten) Zweck der mit der Abschleppmaßnahme bezweckte (konkrete) Erfolg für die Verkehrssicherheit – also die sofortige Beendigung des Verstoßes – die Nachteile für den Betroffenen überwiegt. Dabei sind Abschleppmaßnahmen ohne konkrete Behinderungen nicht ausgeschlossen, die gegenläufigen Interessen bekommen aber naturgemäß ein größeres Gewicht (BVerwG, a.a.aO.).

(aa) Die durch Fotos dokumentierten und bei google view erkennbaren örtlichen Verhältnisse zeigen einen durch Kfz-, Rad- und insbesondere auch Straßenbahnverkehr gekennzeichneten Kreuzungsbereich. Es besteht nur teilweise eine Ampelregelung. Es kann von der Langemarckstraße sowohl aus der Innenstadt kommend als auch von der B6 kommend in die Straße „Am Deich“ eingebogen werden. Durch die mit dem Halteverbot bezweckte Freihaltung des Kreuzungsbereichs soll ersichtlich sichergestellt werden, dass in diesem Abschnitt die aus der Straße „Am Deich“ herausfahrenden und die in die Straße „Am Deich“ hineinfahrenden Fahrzeuge problemlos aneinander vorbeifahren können.

Wenn der abstrakte Zweck des hier streitgegenständlichen Halteverbots danach gerade in der Freihaltung eines unübersichtlichen und engen Kreuzungsbereichs liegt, dann war in der konkreten Situation auch das Abschleppen des Fahrzeugs des Klägers gerechtfertigt. Das Abstellen des Kraftfahrzeugs im absoluten Halteverbot hat mindestens zu einer deutlichen Verengung der Fahrbahn geführt, die durch die Anordnung des absoluten Halteverbots gerade verhindert werden sollte. Diese Gefährdung der Verkehrssicherheit ist nicht dadurch aufgehoben, dass vor dem Fahrzeug des Klägers noch Platz für einen weiteren Pkw war. Denn auch dies konnte nicht verhindern, dass an dem Fahrzeug des Klägers vorbeifahrende Fahrzeuge auf entgegenkommende in die Straße „Am Deich“ einfahrende Fahrzeuge treffen und es an der unübersichtlichen Kreuzung zu gefährlichen Verkehrssituationen durch abruptes Bremsen oder einen Rückstau kommen konnte. Das Fahrzeug des Klägers beeinträchtigte in dieser besonderen Verkehrssituation die Sicherheit und Leichtigkeit des Kreuzungsverkehrs. Es kommt nicht darauf an, dass es sich um einen Sonntag handelte. Die Kreuzung liegt innenstadtnah in unmittelbarer Nähe zur Schlachte, einem Bereich mit großem gastronomischen Angebot, das Besucher gerade auch an Sonntagabenden anzieht. Bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung ist in diesem Bereich mit einem erhöhten Parksuchverkehr zu rechnen.

(bb) Dieses Verständnis führt auch nicht dazu, dass letztlich jeder Verstoß gegen ein absolutes Halteverbot die Behörde zum Abschleppen berechtigen würde. Es sind genügend Fälle denkbar, in denen die Analyse des dem Halteverbot zugrundeliegenden (abstrakten) Regelungszwecks ergeben kann, dass ein (konkreter) Abschleppvorgang nicht erforderlich oder angemessen ist. So kann etwa das Abschleppen bei einem verbotswidrigen Parken an einem Taxistand dann unverhältnismäßig sein, wenn der (dem Verkehrsschild abstrakt zugrundeliegende) Regelungszweck – der reibungslose Taxenverkehr – im konkreten Fall nicht beeinträchtigt ist, weil offenkundig nicht (mehr) mit einer Inanspruchnahme des Taxenstandes durch Taxen und deren Fahrgäste zu rechnen ist (ausdrücklich: BVerwG, Urt. v. 09.04.2014 – 3 C 5/13 –, juris Rn. 20). Denkbar wäre etwa ebenfalls, dass für einen bestimmten Tag ein Halteverbot zum (abstrakten) Zweck, eine Sinkkastenreinigung zu ermöglichen, errichtet worden ist (vgl. zu dieser Konstellation etwa OVG Bremen, Beschl. v. 24.06.2020 – 1 LA 90/20 –, juris), dieser Zweck durch ein später abgestelltes Fahrzeug jedoch konkret nicht (mehr) beeinträchtigt wird, weil etwa die Reinigung bereits erfolgreich durchgeführt wurde.“

Voraussetzungen für die Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV, oder: Aufenthaltserlaubnis für Vater und Sohn

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Und dann die zweite Entscheidung zum RVG. Aber mal etwas ganz anderes, nämlich die Frage nach der Anwendung der Nr. 1008 VV RVG.

Vorgestellt wird der VG Bremen, Beschl. v. 22.12.2023 – 2 E 2138/22 – mit folgendem Sachverhalt: Die Rechtsanwältin hat einen Vater und seinen minderjähriger Sohn vertreten. Die haben beim VG einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs (§ 80 Abs. 5 VwGO) gegen eine ablehnende Entscheidung, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, gestellt. Das VG hat den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag gemacht, der die Kosten des Verfahrens den Beteiligten jeweils zur Hälfte auferlegte und von diesen angenommen wurde. Der Streitwert für das Verfahren ist auf 2.500,00 EUR festgesetzt worden.

In ihrem Kostenfestsetzungsantrag haben die Antragsteller u.a. – unter Zugrundelegung des Streitwertes von 2.500,00 EUR – eine 1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 355,20 EUR angesetzt, wobei eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG berücksichtigt war. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat das beanstandet. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung lägen nicht vor, weil es sich nicht um „denselben Gegenstand“ handele. Gegenstand seien die beiden Begehren auf Erteilung je einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Diese beiden Gegenstände seien zu einem Gegenstandswert von 2.500 EUR festgesetzt worden.

Das Angebot, eine Überprüfung der Gegenstandswertfestsetzung in die Wege zu leiten, habe die Prozessbevollmächtigte ausgeschlagen. Die Antragsteller haben Antrag auf Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung gestellt. Das VG hat den Antrag als unbegründet angesehen:

„Der gemäß §§ 165, 151 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller steht die geltend gemachte Erhöhungsgebühr nach Ziff. 1008 VV RVG nicht zu. Nach dieser Vorschrift erhöht sich, sofern eine Vertretung von mehreren Personen in derselben Angelegenheit vorliegt, die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person um 0,3. Vertritt ein Rechtsanwalt in demselben Verfahren mehrere Auftraggeber, entsteht ihm regelmäßig ein höherer Aufwand, als dies beim Tätigwerden für nur einen Mandanten der Fall wäre. Um diesen Mehraufwand zu vergüten, sieht das Kostenrecht zwei im Ansatz unterschiedliche Wege vor, nämlich durch eine Erhöhung des Streit- bzw. Gegenstandswerts bei unverändertem Gebührensatz oder durch eine Erhöhung des Gebührensatzes bei unverändertem Streit- /Gegenstandswert. Auf welchem dieser Wege eine Vergütung des Mehraufwands des Rechtsanwalts erfolgt, hängt davon ab, ob seine Tätigkeit für mehrere Mandanten sich auf einen oder mehrere Verfahrensgegenstände bezieht. Ist die Vertretung mehrerer Personen mit mehreren Verfahrensgegenständen verbunden, sind nach § 22 Abs. 1 RVG die Werte dieser unterschiedlichen Verfahrensgegenstände zusammenzurechnen. Eine Erhöhung des Gebührensatzes erfolgt hingegen nicht, denn Ziff. 1008 VV RVG sieht eine solche nur vor, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit für die Auftraggeber derselbe ist. Der erhöhte Vergütungsanspruch ergibt sich in diesen Fällen aus den nach § 13 RVG mit der Höhe des Streit-/Gegenstandswerts steigenden Gebühren. Werden hingegen mit Blick auf denselben Verfahrensgegenstand mehrere Personen vertreten, bleibt der Streit-/Gegenstandswert unverändert. Stattdessen erhöht sich gemäß Nr. 1008 VV RVG in diesem Fall der Gebührensatz um 0,3 für jeden zusätzlichen Auftraggeber, wobei mehrere Erhöhungen zusammengenommen einen Gebührensatz von 2,0 nicht überschreiten dürfen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 5.5.2014 – 19 E 55/14 –, juris, Rn. 14 f. m.w.N.). Ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts für mehrere Mandanten denselben oder unterschiedliche Verfahrensgegenstände betrifft, ist im Einzelfall anhand der konkret wahrgenommenen Angelegenheiten zu ermitteln. Das RVG enthält keine Legaldefinition des Begriffs desselben Verfahrensgegenstands. Ein einheitlicher Gegenstand im gebührenrechtlichen Sinne ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber wegen desselben konkreten Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig geworden ist. Steht hingegen jedem Auftraggeber das (jeweils) geltend gemachte Recht allein zu, handelt es sich um verschiedene Gegenstände (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 5.5.2014 – 19 E 55/14 –, juris, Rn. 16 ff. m.w.N.).

Ausgehend hiervon ist im Streitfall der Mehraufwand der Prozessbevollmächtigten durch die Addition der Streitwerte Rechnung zu tragen. Eine Erhöhung der Gebühr gemäß Ziff. 1008 VV RVG kommt nicht in Betracht. Es liegen unterschiedliche Verfahrensgegenstände vor, weil die beiden Antragsteller jeder für – und nicht als Rechtsgemeinschaft – ein auf die Erteilung je einer Aufenthaltserlaubnis gerichtetes, rechtlich eigenständiges Rechtsschutzbegehren verfolgt haben. Dass die Klagebegehren in materiell-rechtlicher Hinsicht voneinander abhängen, ist unerheblich (vgl. für die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsausweisen OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 5.5.2014 – 19 E 55/14 –, juris, Rn. 19 ff.).“