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StPO III: Besetzungseinwand verfristet, oder: OLG ist/bleibt zuständig

Und als dritte Entscheidung dann der OLG Bamberg, Beschl. v. 21.01.2020 – 1 Ws 14/20 – zur Zuständigkeit des OLG nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO n.F. auch für einen verfristeten Besetzungseinwand.

Folgender Sachverhalt: Der Angeklagte hat am ersten Tag der Hauptverhandlung vor der Strafkammer am 07.01.2020 eine Besetzungsrüge erhoben. Das LG hat die Rüge mit Beschluss vom gleichen Tage für nicht begründet erachtet und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. In den Gründen ist ausgeführt, dass die Besetzungsrüge unzulässig, weil verspätet erhoben, sei. Innerhalb der Wochenfrist des § 222b Abs. 1 StPO sei kein Einwand der vorschriftsmäßigen Besetzung erhoben worden. Gründe für eine unverschuldete Fristversäumnis seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Das OLG hat den Einwand verworfen.

„1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über den Besetzungsein-wand ergibt sich aus § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO. Sie besteht auch für den hier vorliegenden Fall, dass das Landgericht den Besetzungseinwand der Sache nach für unzulässig, weil ver-fristet erhoben, erachtet hat. Nach der gesetzlichen Systematik hat ein Gericht, dessen Beset-zung angegriffen wird, den Vorgang dem Rechtsmittelgericht vorzulegen, wenn es den Ein-wand vorschriftswidriger Besetzung nicht für begründet erachtet. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Gericht bereits nicht in die Sachprüfung einsteigt, weil nach seiner Ansicht die for-malen Voraussetzungen der Rüge nicht eingehalten sind. Dieses Ergebnis entspricht dem Te-los der gesetzlichen Regelung. Zweck des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens ist es, die Frage der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung einer zeitnahen Klärung zuzufüh-ren, die für das spätere Revisionsverfahren verbindlich ist (vgl. BT-Drucks. 19/14747, S. 35). Eine solche frühzeitige Klärung, die die Möglichkeit einer Besetzungsrüge im Revisionsverfah-ren ausschließt (vgl. § 338 Nr. 1 lit b StPO), ist jedoch nur dadurch zu erreichen, dass das Rechtsmittelgericht, dem der Einwand im Falle der Nichtabhilfe binnen 3 Tagen vorzulegen ist, gemäß § 222b Abs. 3 StPO über diesen entscheidet.

2. Der Besetzungseinwand des Angeklagten dringt nicht durch, weil er ihn nicht innerhalb von einer Woche nach Zustellung der Besetzungsmitteilung geltend gemacht hat (§ 222b Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Der Besetzungseinwand wurde erst am 07.01.2020 erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war die Wochenfrist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO abgelaufen. Ausweislich der Zustellungsurkunden wurde den beiden Verteidigern des Angeklagten die Gerichtsbesetzung am 18.12.2019 bzw. 19.12.2019 zugestellt. Die Wochenfrist zur Erhebung eines Besetzungseinwands endete ge-mäß § 43 Abs. 2 StPO mit Ablauf des 27.12.2019.

b) Die Zustellung der Besetzungsmitteilung war wirksam, da sie mit Verfügung des Vorsitzen-den der Strafkammer vom 16.12.2019 angeordnet worden war. Dieser hat ausweislich seiner Verfügung angeordnet: „Gerichtsbesetzung gem. § 222a mitteilen an (vorab per Fax) Rechts-anwalt T. aus N.; Rechtsanwalt M. aus D.“ Damit ist ein Zustellungswille ausreichend doku-mentiert, nachdem die in Bezug genommene Vorschrift des § 222a Abs. 1 Satz 2 StPO zwin-gend die Zustellung der Besetzungsmitteilung vorsieht.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da § 222b StPO eine solche nicht vorsieht und das Verfahren über die Entscheidung über einen Besetzungseinwand nicht als Rechtsmittel-verfahren im Sinne des § 473 StPO ausgestaltet ist.“

So weit, so gut. Ob die Frage hinsichtlich der Kostenentscheidung richtig entschieden ist, kann man sich fragen. Das OLG Celle hatte das im OLG Celle, Beschl. v. 27.01.2020 – 3 Ws 21/20 – anders gesehen unter Hinweis auf „BT-Drucks. 19/14747, S. 32„.