Die zweite heute vorgestellte verkehrswaltungsrechtliche Entscheidung ist das VG Berlin, Urt. v. 04.10.2016 – 4 K 143.16 -, das mich ein wenig ratlos zurücklässt. Nicht wegen der Urteils bzw. wegen der entschiedenen Rechtsfrage, sondern wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts:
Kläger ist/war ein Rechtsanwalt. Der hatte 2013 beantragt, seine alte Fahrerlaubnis der Klasse 3 auf die neuen Fahrerlaubnisklassen umzuschreiben. Dabei kreuzte er das Feld zur Beantragung der Klasse T ( = Traktor) er auf dem Antragsformular nicht an. Der neue Kartenführerschein der Klassen AM, A1, A, B, C1, BE, C1E und L wurde hergestellt. Anfang 2015 beantragte der Rechtsanwalt dann die Erteilung der Klasse T. Diese hätte den Rechtsanwalt berechtigt, u.a. bis zu 60 km/h schnelle Zugmaschinen/Traktoren beim Einsatz in der Land- oder Forstwirtschaft zu führen. Früher war diese Berechtigung in der Führerscheinklasse 3 enthalten. Den von der Fahrerlaubnisbehörde angeforderten Nachweis einer Tätigkeit in der Land- oder Forstwirtschaft erbrachte der Rechtsanwalt trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Daher lehnte die Fahrerlaubnisbehörde den Antrag auf Erteilung der Klasse T im Wege der Umstellung ab.
Dagegen dann die Klage, die eben beim VG Berlin keinen Erfolg hatte. Das VG sieht in der Beschränkung der prüfungsfreien Erteilung der Klasse T im Rahmen der Umstellung einer alten Fahrerlaubnis auf den Personenkreis, der in der Land- oder Forstwirtschaft tätig ist, keine Verletzung der Grundrechte des Klägers. Denn:
- Mangels aktueller oder aktuell absehbarer Tätigkeit in diesem Bereich könne sich der Kläger nicht auf die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) berufen. Aus der – bei lebensnaher Betrachtung ohnehin fernliegenden – Möglichkeit einer entsprechenden künftigen beruflichen Tätigkeit ergebe sich ebenfalls keine solche Verletzung.
- Auch verletzte die Rechtslage den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) nicht. Denn die Differenzierung zwischen aktuell in der Land- oder Forstwirtschaft tätigen und anderen Personen beruhe auf dem beruflichen Bedürfnis tatsächlich tätiger Land- oder Forstwirte und damit auf einem sachlichen Grund. Zudem könnten diese Personen aufgrund ihrer alten Fahrerlaubnis die betreffenden Fahrzeuge auch ohne weitere Fahrprüfung sicher führen. Im Interesse der Verkehrssicherheit sei es dem Rechtsanwalt zumutbar, im unwahrscheinlichen Fall der zukünftigen Aufnahme einer Tätigkeit, für die eine Fahrerlaubnis der Klasse T erforderlich sei, eine entsprechende Fahrprüfung zu absolvieren.
Offen gelassen hat das VG dabei die m.E. vorrangige Frage:
- „Es kann dahinstehen, ob ein Anspruch des Klägers im vorliegenden Fall bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil er die Erteilung der Klasse T nicht zusammen mit seinem am 16. Mai 2013 gestellten Antrag auf Umstellung der Fahrerlaubnis alten Rechts mit beantragt hatte. Nach der dem Kläger bekannten und von ihm selbst zitierten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Urteil vom 10. Februar 2011 – OVG 12 LB 98/09 –, juris, Rn. 22) ist die Umstellung alter Fahrerlaubnisse ein einheitlicher Vorgang, der mit der Ausfertigung des neuen Führerscheins vollendet ist und danach nicht nochmals vollzogen oder ergänzt werden kann. Der neue Kartenführerschein des Klägers war im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Beantragung der Klasse T schon seit fast eineinhalb Jahren hergestellt und lag zur Abholung bereit….“
- Wie gesagt, mich erstaunt der Sachverhalt, da ich – ebenso wie m.E. das VG – nicht so richtig erkenne, was der Kläger mit der Fahrerlaubnisklasse T will. Strebt er einen Berufswechsel an oder will er Fachanwalt für Agrarrecht werden und meint, dazu sei die Fahrerlaubnisklasse T erforderlich? Jedenfalls sieht es mir nach „Kopfsache“ aus, denn warum sonst lässt man die ausgestellte umgeschriebene Fahrerlaubnis liegen? Und: Wenn die Klasse T so wichtig war/ist, warum mache ich dann beim Umstellungsantrag nicht an der Stelle dann auch ein Kreuzchen.