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In die Kirche gehen darf man auch im „(Maßregel)Vollzug….

© ogressie Fotolia.cm

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Schon etwas älter ist der KG, Beschl. v. 18.12.2014 – 2 Ws 376/14 Vollz – der sich mit den Rechten eines im Maßregelvollzug Untergebrachten befasst, nämlich mit der Teilnahme am gemeinsamen Hofgang,  der Einschränkung des Schriftverkehrs sowie der Teilnahme an Gottesdiensten im Krankenhaus. Ich will hier heute nur die mit dem Gottesdienstbesuch zusammenhängenden Ausfürhungen vorstellen.  Der Untergebrachte hatte vom Krankenhaus des Maßregelvollzuges die Ermöglichung seiner Teilnahme an den einmal wöchentlich in der (fußläufig erreichbaren) Kirche auf dem Klinikgelände stattfindenden evangelischen Gottesdiensten begehrt. Das war mit der Begründung abgelehnt worden, dass der Antragsteller die dafür notwendige Lockerungsstufe nicht habe. Dieser habe jedoch die Möglichkeit von Gesprächen mit dem katholischen Seelsorger, der die Station des Untergebrachten regelmäßig besuchen würde. Der evangelische Seelsorger sei zudem schriftlich zu erreichen.

Na, schon da habe ich so meine Schwierigkeiten. Einen „Evangelen“ an die „Katholiken“ verweisen? Geht m.E. gar nicht. Und auch das KG hatte mit der Versagung der Teilnahme am Gottesdienst Probleme:

„c) Soweit der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihm die Teilnahme an evangelischen Gottesdiensten in der auf dem Klinikgelände befindlichen Kirche zu ermöglichen, gilt Folgendes:

Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben; sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten (vgl. BVerfGE 108, 282, 297). Zur grundrechtlich geschützten Religionsausübung gehören insbesondere kultische Handlungen und Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche wie Gottesdienst, Sammlung kirchlicher Kollekten, Gebete, Empfang der Sakramente oder Prozession u.a. (vgl. BVerfGE 24, 236, 246).

Auch im Rahmen der Unterbringung im Krankenhaus des Maßregelvollzuges ist das Recht auf ungestörte Religionsausübung zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke verleiht § 32 BerlPsychKG dem Untergebrachten das Recht, innerhalb der Einrichtung am Gottesdienst und an den Veranstaltungen von Religions- und Glaubensgemeinschaften teilzunehmen. Ein Ausschluss eines Untergebrachten von der Teilnahme sieht das BerlPsychKG nicht vor. Insofern unterscheidet sich § 32 BerlPsychKG von den für die Strafgefangenen maßgeblichen Regelungen des § 54 StVollzG.

Zwar ist das Recht der Untergebrachten auf Teilnahme beispielsweise an Gottesdiensten nicht dadurch sicherzustellen, dass die Einrichtung selbst Initiativen ergreifen muss. Diese hat jedoch die Teilnahme dadurch zu fördern, dass sie Initiativen der berufenen Personen oder Stellen nicht nur duldet, sondern unterstützt (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 9/1226, Seite 16).

Damit hat der Beschwerdeführersteller ein Recht, an den in der Einrichtung stattfindenden Gottesdiensten – zumindest seines Glaubensbekenntnisses – teilzunehmen. Hierzu zählen nicht nur jene Gottesdienste, die auf der dem Untergebrachten zugewiesenen Station oder innerhalb des die Station beherbergenden Hauses stattfinden. Das Teilnahmerecht der Untergebrachten erstreckt sich vielmehr auf alle auf dem Klinikgelände abgehaltene Gottesdienste. Denn bereits angesichts der Bedeutung des grundrechtlich garantierten Rechts auf ungestörte Religionsausübung ist der in § 32 BerlPsychKG verwendete Begriff der „Einrichtung“ weit auszulegen. Im Übrigen ist der Begriff der „Einrichtungen“ in § 10 Abs. 1 Satz 1 BerlPsychKG legal definiert als „psychiatrische Krankenhäuser, psychiatrische Abteilungen in einem Krankenhaus, für psychisch Kranke geeignete Heime oder Teile von solchen Heimen“. Als psychiatrisches Krankenhaus ist das Krankenhaus des Maßregelvollzugs daher – zumindest hinsichtlich seiner standortbezogenen Anlagen – in seiner Gesamtheit als eine Einrichtung im Sinne des BerlPsychKG anzusehen.

Das Recht auf Teilnahme an innerhalb des Krankenhauses des Maßregelvollzugs angebotenen Gottesdiensten besteht unabhängig von der jeweiligen Lockerungsstufe der Untergebrachten. Eine ungestörte Religionsausübung muss auch einem Untergebrachten ermöglicht werden, dem Ausgänge auf dem Klinikgelände nicht gewährt werden können. Um etwaigen Fluchtgefahren zu begegnen, sind seitens des Krankenhauses geeignete Maßnahmen zu ergreifen, etwa in Form einer Begleitung des Untergebrachten.“

Na bitte, geht doch 🙂 .