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Sexueller Missbrauch von Jugendlichen – da ist sexuelle Selbstbestimmungsfähigkeit erforderlich

© Dan Race - Fotolia.com

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Das LG verurteilte den Angeklagten u.a. wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und stellt dazu fest: „…  die Stieftochter des Angeklagten habe sich aufgrund ihrer Unerfahrenheit nicht gegen seine Handlungen zur Wehr setzen können; sie sei gegenüber ihrem Stiefvater, der für sie auch Erziehungsperson gewesen sei, letztlich zu willensschwach gewesen, um diesem deutlicher die Grenzen aufzuzeigen….“

Der BGH sieht im BGH, Beschl. v. 20.08.2013 – 3 StR 222/13 – darin bzw. in Beweiswürdigungder Wertung einen Rechtsfehler:

„Nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ist die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung in jedem konkreten Einzelfall festzustellen (BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 1996 – 1 StR 481/95, BGHSt 42, 27, 29; vom 17. Oktober 2006 – 4 StR 341/06, BGHR StGB § 182 Abs. 2 Nr. 1 Missbrauch 1 und vom 23. Januar 2008 – 2 StR 555/07, StV 2008, 238, 239; MünchKommStGB/Renzikowski, 2. Aufl., § 182 Rn. 56; LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 182 Rn. 60, jew. mwN; aA SSW-StGB/Wolters, 1. Aufl., § 182 Rn. 20); dementsprechend ist die Beweisaufnahme jedenfalls auf solche Umstände zu erstrecken, die dem Tatgericht die Beurteilung erlauben, ob bei dem Opfer die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung nicht vorhanden war (vgl. MünchKommStGB/Renzikowski, aaO; LK/Hörnle, aaO, § 182 Rn. 62; SSW/Wolters, aaO, § 182 Rn. 22). Daran fehlt es hier: Das Landgericht hat seine Feststellungen zum Tatgeschehen allein auf die – rechtsfehlerfrei als glaubhaft gewürdigte – Einlassung des Angeklagten gestützt, die sich nach ih-rem in den Urteilsgründen wiedergegebenen Inhalt indes zu solchen Umständen nicht verhält. Die Nebenklägerin hat es – dem Wunsch des Angeklagten entsprechend – nicht förmlich vernommen; diese hat sich in der Hauptverhandlung lediglich mit einer „Erklärung“ an den Angeklagten gewandt, der sich aber ebenfalls keine tragfähigen Hinweise auf ihre Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung zur Tatzeit entnehmen lassen.“