Unter der Überschrift „Polizeipräsident legt nach“ berichten die Westfälischen Nachrichten heute auf der Titelseite – also vor Euro-Krise und anderen politischen Highlights – über einen weiteren Vorschlag des münsterischen Polizeipräsidenten. Der hatte ja gestern schon Aufsehen mit seinem Vorschlag erzielt, in Zukunft zu Blechschadenunfällen keine Polizeibeamten mehr zu schicken. Ebenso hatte er vorgeschlagen, dass die Polizei keine Schwertransporte mehr begleiten und auch nicht mehr für die Sicherung von Fußballspielen zuständig sein soll. So weit, so gut (?).
Nun hat H.Wimber noch einmal nachgelegt. Er schlägt jetzt nämlich vor, dass die Bürger auch (nächtliche) Ruhestörungen selbst regeln sollen und will zu nächtlichen Ruhestörungen daher keine Polizeibeamten mehr ausrücken lassen. In dem WN-Bericht heißt es:
„Nicht nur bei Bagatellunfällen im Straßenverkehr, sondern auch bei nächtlicher Ruhestörung wegen ausufernder Partys appelliert Münsters Polizeipräsident Hubert Wimber an die Eigenverantwortung der Bürger. Die Polizei könne nicht der Friedensstifter für alle sein und jeden Konflikt vor Ort bewältigen. „In dieser Vielzahl sind nächtliche Ruhestörungen keine Aufgabe der Polizei. Dafür ist die Ausbildung der Beamten zu teuer“, sagte Wimber gestern.
Die Ordnungsämter, deren Mitarbeiter tagsüber bereits Streife laufen, sieht er allerdings nicht in der Pflicht. „Eigentlich müssen die Leute das untereinander lösen“, sagte er. Es sei eine Frage der Gewöhnung und Erziehung. Wenn zu Hause jemand das gute Porzellan fallen lässt, werde auch nicht die Polizei gerufen. „Wir sind für Strafverfolgung und Gefahrenabwehr da“, betonte Wimber.“
Also „Eigenverantwortung der Bürger“ und „eine Frage der Gewöhnung und Erziehung„. Das mag sich ja in der Presse schön lesen und mag ja auch am grünen Tisch sicherlich lösbar sein. Aber in der Praxis? Man stelle sich das Szenario vor, das im Nachbarhaus eine Studentenfete stattfindet und ausufert. Ich wage zu behaupten, dass es dem Nachbarn dann kaum selbst gelingen wird, dort für Ruhe zu sorgen. Das schafft ja heute schon kaum die herbeigerufene Polizei. Oder: In einem Haus, in dem die Parteien zerstritten sind, kommt es zu einer nächtlichen Ruhestörung auf Grund einer Feier bei einer Mietpartei. Glaubt der Polizeipräsident wirklich, dass es aufgrund von „Gewöhnung und Erziehung“ anderen Mietparteien selbst gelingen wird, selbst für Ruhe zu sorgen. Folge dieses Vorschlags – wenn er denn umgesetzt würde, wird m.E. vielmehr sein, dass es zu erheblichen Streitigkeiten zwischen den Ruhe-Störenden und den Ruhe-Stiftern kommen wird. Wenn ich zurückdenke und mir überlege, wie viele Strafverfahren ich beim LG hatte, die daraus entstanden waren, dass nächtliche Ruhestörungen abgestellt werden sollten, dann wird m.E. das Ergebnis dieser vorgeschlagenen Änderungen letztlich nur ein Ansteigen von Strafverfahren – Schlägereien, Beleidigungen und Körperverletzungen – sein. Aber dann wird ja wohl die Polizei noch eingreifen dürfen. Es sei denn H.Wimber kommt morgen mit dem Vorschlag, dass die Bürger auch das selbst regeln sollen.
Nur zur Klarstellung: Ich bin kein Verfechter zu starker Polizeipräsenz. Nur, wo sie -m.E. erscheinen muss, da sollte sie auch erscheinen. Das ist im Ergebnis einfacher und auch billiger als die Bürger das selbst regeln zu lassen. Das ist m.E. auch ureigenste Gefahrenabwehraufgabe der Polizei. Aber nach H.Wimber sollen die Polizeibeamten offenbar nur noch Internetkriminalität und Korruption verfolgen.