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OWi I: Standardisiertes Messverfahren, oder: Ist uns doch egal, wann die Konformitätsbescheinigung ausgestellt ist

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Wenn man manche OLG-Entscheidungen liest, hat man den Eindruck, dass es den OLG bei der Frage der Verwertbarkeit von Messungen inzwischen weitgehend egal, ob und welche Vorgaben der Bedienungsanleitung und/oder der MessEV erfüllt sind. Hauptsache irgendwann mal „standardisiert“, dann passt das schon. Deckel drauf und Akte zu.

So muss man – jedenfalls habe ich so gedacht – denken, beim OLG Celle, Beschl. v. 06.05.2019 – 1 Ss (OWi 6/19. Das OLG hat mit dem Beschluss eine Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, mit dem der Betroffene wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden ist, verworfen.  Der Verteidiger hatte mit seiner Rechtsbeschwerde vorgetragen, dass die vom Hersteller abgegebene Konformi­tätserklärung zeitlich vor Durchführung der Konformitätsbewertung erfolgt sei, weshalb nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden könne.

Das interessiert das OLG aber nicht weiter:

„Der weitere vom Gutachter angeführte und im Rahmen der Sachrüge als Rechtsmangel bezeichnete Umstand, dass die Konformitätserklärung bereits drei Wochen vor der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahren erfolgt ist, bewirkt nicht, dass vorliegend nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen werden kann. Die formalen und inhaltli­chen Voraussetzungen, die die Mess- und EichVO aufstellt, sind nämlich eingehalten. So hat sich der Hersteller der Messanlage zur Feststellung der wesentlichen Anforderungen der Mess- und Eichverordnung des Landesbetriebs Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen bedient (§ 9 MessEV), der die Konformitätsbescheinigung am 20. Oktober 2016 erteilt hat. Zudem liegt auch die Konformitätserklärung des Herstellers nach § 11 MessEV vor. Zwar ist diese regelmäßig als obligatorischer Abschluss des Bewertungsverfahrens vorgesehen. Ent­scheidend für die Beschaffung gültiger Werte durch die Messanlage ist jedoch deren inhaltliche Prüfung. Die anschließende Konformitätserklarung dient lediglich der Verantwortungs­übernahme durch den Hersteller, ohne dass daraus Rückschlüsse auf die Funktionstüchtig­keit der Anlage abzuleiten sind.“

Ich hatte bislang immer gedacht, dass eine „Bescheinigung“ oder „Konformitätserklärung“ erst erteilt werden kann, wenn man etwas geprüft hat und nicht schon vorher. Ist aber wohl nicht so.

Man sollte wirklich erwägen, die Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen abzuschaffen. Denn, was da zur Zeit abläuft, ist eine Farce und hat mit einem Rechtsmittel nichts oder nur noch sehr wenig zu tun.