Um den genauen Zeitpunkt einer „Zwei-Drittel-Entlassung“ (§ 57 Abs. 2 StGB) ging es im OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.01.2015 – 1 Ws 8/15. Man sollte meinen, dass es da an sich keine Probelem geben sollte/dürfte. Aber hier wurde um die Auswirkung von so. Freistellungstagen gestritten. Der Verurteilte verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe und sollte zum Zwei-Drittel-Termin, der auf den 20.01. 2015 notiert war, auf Bewährung entlassen werden. Während der Haftzeit hatte er insgesamt sechs Freistellungstage gem. § 43 Abs. 6 StVollzG erworben. Die StVK hatte die Vollstreckung des Strafrests zunächst mit Wirkung bereits vom 14.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt. Es erging dann aber noch am selben Tag ein weiterer Beschluss, der sich von der ersten Entscheidung lediglich dadurch unterschied, dass der Strafrest mit Wirkung erst vom 20.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das OLG den ersten Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Zeitpunkt der Reststrafenaussetzung auf den 20. 01. 2015 festgesetzt wurde.
Aus der Begründung, wobei ich mal die Frage der Zulässigkeit – Stichwort: Prozessuale Überholung – außen vor lasse:
„Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe bereits mit Wirkung vom 14.01.2015 statt erst mit Wirkung zum 20.01.2015, dem Erreichen des Zweidrittelzeitpunkts, zur Bewährung ausgesetzt.
a) Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung des Rests der verhängten Freiheitsstrafe vor Erreichen des Zweidrittelzeitpunkts nach 57 Abs. 2 StGB nicht vorlagen, kam lediglich eine Strafaussetzung zum Zweidrittelzeitpunkt nach § 57 Abs. 1 StGB in Betracht. Hiervon ist auch die Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss ausgegangen. Obwohl sie ferner zutreffend angenommen hat, dass der Zweidrittelzeitpunkt im vorliegenden Fall erst am 20.01.2015 erreicht sein wird, hat sie die Vollstreckung der Reststrafe bereits mit Wirkung vom 14.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt. Maßgeblich hierfür war offensichtlich, auch wenn die Strafvollstreckungskammer dies in dem angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat, der Umstand, dass der Verurteilte ausweislich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken vom 02.07.2014 (Bl. 56 ff. d. A.) sechs Freistellungstage im Sinne des § 43 Abs. 6 StVollzG erworben hatte.
b) Dies führte indes – was die Strafvollstreckungskammer verkannt hat – nicht zur Vorverlegung des Zweidrittelzeitpunkts. Gemäß 43 Abs. 9 StVollzG wird, wenn der Gefangene von der Möglichkeit, sich nach § 43 Abs. 6 Satz 1 StVollzG oder nach § 43 Abs. 7 Satz 1 StVollzG von der Arbeit freistellen zu lassen, keinen Gebrauch gemacht hat oder ihm die Freistellung gemäß § 43 Abs. 7 Satz 2 StVollzG nicht gewährt werden konnte, die Freistellung durch die Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet. § 119 Abs. 3 des am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Saarländischen Strafvollzugsgesetzes (SLStVollzG) bestimmt, dass bei seinem Inkrafttreten bereits erworbene Freistellungstage nach § 43 Abs. 6 StVollzG auf Antrag des Gefangenen auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden können und insoweit § 43 Abs. 9 und Abs. 10 StVollzG in entsprechender Anwendung fortgelten. Die Anrechnung bedeutet, dass die Dauer der Strafverbüßung um die Anzahl der nach § 43 Abs. 6 Satz 1 StVollzG erworbenen Freistellungstage abgekürzt, der Entlassungszeitpunkt also vorverlegt wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. April 2006 – 1 Ws 67/06 – und vom 29. September 2006 – 1 Ws 210/06 -; KG NStZ 2004, 228, 229; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 43 Rdnr. 4). Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme des Strafvollzugs, so dass sie keine Auswirkungen auf die Berechnung des Halb- oder Zweidrittel-Strafzeitpunkts im Sinne des § 57 StGB hat (vgl. KG NStZ-RR 2009, 390 f. – Rn. 9 f.; Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., § 43 Rn. 25). Die Strafvollstreckungskammer hat daher zu Unrecht den errechneten Zweidrittelzeitpunkt um die Anzahl der von dem Verurteilten erworbenen Freistellungstage vorverlegt.“
Also: „Vorarbeiten“ geht, aber nicht „vorverbüßen“.