Als zweite Entscheidung stelle ich dann im „Kessel Buntes“ den Hess. VGH, Besch. v. 21.09.2017 – 2 D 1471/17 – vor. Der befasst sich auch noch einmalmit der Annahme fehlenden Trennungsvermögen bei gelegentlichem Cannabiskonsum und der darauf beruhenden Entziehung der Fahrerlaubnis. Dazu hatte ich ja bereits in der vorigen Woche über den Hess. VGH, Beschl. v. 17.08.2017 – 2 B 1213/17 – berichtet (vgl. hier: „Ich konsumiere Cannabis doch nur gelegentlich“, oder: Angaben bei der Verkehrskontrolle verwertbar).
Also jetzt noch einmal der Hess. VGH, und zwar mit folgendem Sachverhalt: Dem Betroffenen war gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG – i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis entzogen worden. Dagegen das Rechtsmittel des Betroffenen mit einem PKH-Antrag. Die Gewährung von PKH wird vom VG abgelehnt, der Hess. VGH hat die Beschwerde verworfen:
„Dass der Antragsteller als gelegentlichen Konsument von Cannabis anzusehen ist, ergibt sich auch für den beschließenden Senat aus den eigenen Angaben des Antragstellers anlässlich der Polizeikontrolle vom 27. Mai 2016 sowie gegenüber der Gutachterin des TÜV Hessen im Rahmen der verkehrsmedizinischen Begutachtung am 17. November 2016.
Bei der Verkehrskontrolle am 27. Mai 2016 stellten die kontrollierenden Beamten beim Antragsteller äußerliche Anzeichen einer Drogenbeeinflussung fest. Der durchgeführte Mahsan-Drogenvortest verlief positiv auf THC. Der Antragsteller gab an, er habe lediglich am Vortag gegen Vortag gegen 15.00 Uhr und am Tag der Verkehrskontrolle selbst „dabei“ gestanden, selbst aber nicht aktiv konsumiert.
Im Rahmen der Begutachtung durch den TÜV Hessen machte der Antragsteller zu seinem Konsumverhalten in Bezug auf Cannabis folgende Angaben: Er habe mit 18/19 Jahren Cannabis „mal probiert“. Dann habe er gar nicht mehr Cannabis zu sich genommen „oder zwei- oder dreimal im Jahr“. Zu dem Ereignis am 27. Mai 2016 sei es gekommen, nachdem er eine Stunde vor Fahrtantritt nach dem Fußballspiel einen Joint geraucht habe. Seither habe er kein Cannabis mehr eingenommen. Damit steht nach den eigenen Angaben des Antragstellers fest, dass er mindestens zweimal Cannabis konsumiert hat, nämlich mit 18 bzw. 19 Jahren, sowie am 27. Mai 2016, also ca. 2 bis 2 1/2 Jahre nach dem von ihm eingeräumten Erstkonsum. Darauf ob es zu weiteren Konsumakten dazwischen gekommen ist, kommt es zur Beurteilung der Frage, ob mindestens gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt, nicht mehr an. An dieser Stelle ist lediglich noch anzumerken, dass die Angaben des Antragstellers gegenüber der Polizei am 27. Mai 2016 als bloße Schutzbehauptung einzustufen sind. Dagegen, dass der Antragsteller nur „passiv“ „mitgeraucht“ haben will, sprechen bereits die festgestellten Werte der Blutuntersuchung aufgrund der am gleichen Tag nur eine halbe Stunde nach der Verkehrskontrolle entnommenen Blutprobe. Im Übrigen stehen diese Angaben auch im Widerspruch zu seinen Angaben in dem Begutachtungsgespräch mit der Gutachterin des TÜV Hessen am 17. November 2016.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es vor dem Hintergrund der eigenen Einlassungen des Antragstellers auf den bei der Blutuntersuchung am 27. Mai 2016 ermittelten THC-Carbonsäuregehalt im Blut des Antragstellers (13,0 ng/ml) für die Beurteilung, ob ein gelegentlicher Konsum vorliegt, nicht ankommt.
Zwischen den als sicher feststehenden Konsumakten fehlt es auch nicht an einem notwendigen zeitlichen Zusammenhang. Selbst ein Zeitraum von vier Jahren zwischen zwei Konsumfällen vermag nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats nicht ohne weiteres eine Zäsur zu begründen, die die Annahme eines gelegentlichen Konsums ausschließt (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 – 2 B 2675/16 sowie vom 9. August 2012 – 2 B 1458/12 -).
Damit ist von einem gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers auszugehen.
Aufgrund des bei der Blutuntersuchung vom 27. Mai 2016 ermittelten THC-Wertes im Blutserum von 1,4 ng/ml ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss der Droge geführt hat. Darin zeigt sich zugleich, dass er nicht zuverlässig zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und dem Drogenkonsum zu trennen vermag (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17. August 2017 – 2 B 1213/17 – m. w. N.). Soweit der beschließende Senat in der Vergangenheit erst ab einem Wert von 2,0 ng/ml Blutserum ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne der Nr. 9. 2.2. der Anlage 4 zu den §§ 11,13 und 14 FeV angenommen hatte, hat er diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben und sich der Auffassung der anderen Obergerichte, die auch in der Vergangenheit bereits den Risikogrenzwert von 1,0 ng/ml Blutserum der Beurteilung der Frage des Trennungsvermögens zugrunde gelegt haben, angeschlossen (Hess. VGH a. a. O., m. w. N.).
Hiergegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Annahme des fehlenden Trennungsvermögens erst bei einer zweiten Fahrt unter Drogeneinfluss gerechtfertigt sei. Zwar vertritt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Position (Bay. VGH, Urteil vom 25. April 2017 – 11 BV 17.33 -, juris, Rdnr. 19 ff.; Beschluss vom 29. August 2016 – 11 Cs 16.146 -, juris, Rdnr.17), indessen vermag der beschließende Senat sich dem nicht anzuschließen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass eine (nur) einmalige Fahrt unter Drogeneinfluss bei gelegentlichem Cannabiskonsum noch nicht die Annahme des fehlenden Trennungsvermögens begründet, sondern lediglich Anlass dafür sein könne, fahreignungsüberprüfende Maßnahmen nach § 14 Abs. Abs. 1 Satz 3 FeV anzuordnen. Würde bereits bei einer ersten Drogenfahrt vom fehlenden Vermögen zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs ausgegangen, verbliebe für die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kein Anwendungsbereich mehr (so Bay. VGH, Urteil vom 25. April 2017 a. a. O., Rdnr. 36; Beschluss vom 29. August 2016 a. a. O.). Darüber hinaus geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Entstehungsgeschichte des § 14 FeV dafür spreche, § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV auf die Fälle anzuwenden, bei denen erstmalig eine Fahrt unter Drogeneinfluss bei gelegentlichem Konsum von Cannabis festgestellt worden ist. Bei den §§ 13 und 14 FeV handele es sich um Spezialvorschriften zu § 11 FeV, die der Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik und im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel dienten. Mit den §§ 13 und 14 FeV habe der Verordnungsgeber gewollt, die Anlässe für eine Eignungsbegutachtung verbindlich festzulegen und zu normieren, welche Aufklärungsmaßnahmen in diesen Fällen zu ergreifen seien, u. a. wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt sei. Die Verordnungsbegründung biete demgegenüber keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Verordnungsgeber bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss von feststehender Ungeeignetheit i. S. d. § 11 Abs. 7 FeV ausgegangen sei, sondern spreche vielmehr dafür, dass bei solchen Fällen die Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten abgeklärt werden könne (Bay. VGH, Urteil vom 25. April 2017, a. a. O., Rdnr. 24).
Dem sind u. a. die Verwaltungsgerichte Augsburg und Würzburg mit überzeugenden Argumenten entgegen getreten. …………“