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Zusätzliche Verfahrensgebühr bei Einziehung, oder: Der Verteidiger hat dazu nichts ausgeführt.

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Die zweite Entscheidung des Tages ist der AG Mainz, Beschl. v. 18.01.2019 – 404 Ds 3500 Js 35811/17, den mir der Kollege Scheffler aus Bad Kreuznach geschickt hat. Der Beschluss hat auch den Anfall der Nr. 4142 VV RVG zum Gegenstand. Aber: Es ist ein typischer „Gebührenblocker“, denn man merkt dem Beschluss m.E. deutlich an, dass das AG die Gebühr nicht festsetzen mag, und zwar führt es aus:

Der Erinnerungsführer war als Verteidiger dem Angeklagten in dem Verfahren 404 Ds 3500 Js 35811/17 beigeordnet. Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 13.7.2018 die Festsetzung der Gebühren. Unter anderem machte er eine Verfahrensgebühr nach Nummer 4142 VV RVG geltend.

Durch Beschluss des Amtsgerichtes Mainz vom 6.12.2018 wurden die Kosten in Höhe von 1133,65 € festgesetzt. In Abzug kam die Gebühr nach Nr.4142 VV RVG und der darauf zu berechneten Mehrwertsteuer. Der Beschluss begründete dies damit, dass keine Tätigkeit für den Verurteilten, die sich auf Einziehung oder gleichstehenden Rechtsfolgen bezieht, erfolgt sei.

Der Erinnerungsführer trägt vor, dass seit dem 1.7.2017 die Einziehung im Strafverfahren obligatorisch sei, weshalb ein Verteidiger bei dem Diebstahl zwangsläufig diesen Aspekt mit in die Beratung einbeziehen muss. Dies sei unabhängig davon, ob es zu einer Einzie­hung komme, oder davon abgesehen werde. Die Verfahrensgebühr Nummer 4142 VV RVG werde durch eine bloß beratende Tätigkeit ausgelöst.

Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.

Die Gebühr gemäß Nummer 4142 VV RVG ist im vorliegenden Verfahren nicht entstanden.

Zutreffend führt der Erinnerungsführer aus, dass auch durch eine bloß beratende Tätigkeit die Gebühr ausgelöst werden kann. Soweit zitiert der Erinnerungsführer die Entscheidung des OLG Koblenz StV 2008,372) zutreffend.

Tatsächlich gab es jedoch im vorliegenden Fall, anders als in dem vom OLG Koblenz in der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, keinerlei Anlass für eine konkrete Beratung.

Die Auffassung des Verteidigers, dass nach dem seit 1.7.2017 die Einziehung obligatorisch sei, regelmäßig die Gebühr anfallen würde, geht fehl.

Entscheidend ist allerdings auch nicht, ob tatsächlich eine Einziehung erfolgt ist.

Maßgeblich ist, ob es einen konkreten Anlass im vorliegenden Fall gab, eine eventuell dro­hende Einziehung, zu erörtern. Dies war nicht der Fall. Weder enthielt die Anklageschrift ei­nen Hinweis diesbezüglich noch wurde zu irgendeinem Zeitpunkt während des Termins zur Haftbefehlseröffnung oder der Beweisaufnahme eine Einziehung angesprochen. Auch der Verteidiger hat folgerichtig in seinem Plädoyer nicht ausgeführt, dass eine Einziehung un­terbleiben solle.“

Richtig ist an dem Beschluss, dass die Gebühr auch durch ein „bloß beratende Tätigkeit“ entsteht. Falsch ist m.E. aber, was das AG dann zum „konkreten Fall“ ausführt. Angeklagt war „Diebstahl“. Bei dem Vorwurf kommt (immer) eine Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB in Betracht, sei es bezogen auf die Tatbeute, sei es bezogen auf Wertersatz usw. Völliger Quatsch ist es , wenn das AG darauf abstellt, ob in der Anklageschrift ein Hinweis auf Einziehung enthalten war oder die Frage sonst im Verfahren angesprochen worden ist. Es kommt doch nicht darauf an, ob die Staatsanwaltschaft oder das AG so schlau waren – waren sie offenbar nicht – die Einziehung ins Kalkül zu ziehen und in der Anklageschrift anzudrohen bzw. im Urteil festzusetzen. Wenn der Verteidiger aus anwaltlicher Vorsorge so schlau war – er muss so schlau sein – die sich ggf. ergebende Einziehung mit dem Mandanten zu erörtern, dann ist die Gebühr angefallen.

Und der Gipfel ist dann der letzte Satz: „Auch der Verteidiger hat folgerichtig in seinem Plädoyer nicht ausgeführt, dass eine Einziehung un­terbleiben solle.“ Soll denn der Verteidiger im Plädoyer die Frage der Einziehung, die offenbar bis dahin alle anderen Verfahrensbeteiligten „übersehen“ haben, erörtern und damit die Staatsanwaltschaft und das Gericht erst auf diesen Fehler stoßen? Das wäre m.E. ein schwerer Verteidigerfehler zu Lasten des Mandanten. Ich verstehe nicht, wie das AG auf diese Idee kommen kann. Na ja, ein bisschen schon: Gebührenblocker.