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Handy III: Der Laptop auf dem Schoß, oder: Erhöhung der Geldbuße?

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Und die dritte Entscheidung, die ich vorstelle, ist der OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.11.2018 – 1 Rb 25 Ss 1157/18. In ihm nimmt das OLG zur Bemessung der Geldbuße bei unerlaubter Nutzung eines “auf dem Schoß“ des Fahrzeugführers platzierten elektronischen Geräts (“Laptop“) Stellung. Das AG war von der Regelgeldbuße abgewichen, und hatte eine Geldbuße von 150 EUR festgesetzt. Das OLG hat auf die Rechtsbeschwerde hin, die Geldbuße auf die Regelbuße von 100 EUR reduziert:

„Zur Begründung seiner Rechtsfolgenentscheidung hat der Tatrichter (u.a.) unter Bezugnahme auf den durch § 24 StVG eröffneten Bußgeldrahmen Folgendes ausgeführt:

„(…) Der Bußgeldkatalog sieht in Ziffer 246.1 eine Regelbuße von 100,00 Euro vor. Im vorliegenden Fall weicht das Gericht von der Regelbuße ab. Der Betroffene hat ein relativ großes Gerät, einen Laptop, benutzt. § 23 Abs. 1a StVO hat historisch insbesondere den Verstoß des Telefonierens erfasst. Erst 2017 wurde die Vorschrift geändert und auch andere elektronische Geräte in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen. Telefone, auch Mobiltelefone, sind deutlich kleinere Geräte als ein Laptop, die sich auch einfacher bedienen lassen. Die Geldbuße ist zwar 2017 erhöht worden, gleichwohl war das Leitbild das Mobiltelefon oder Smartphon und nicht ein Laptop mit einem größeren Aufgaben- und Anwendungsbereich. So ist die Überschrift über die Neufassung des § 23 StVO in der Gesetzesbegründung plakativ mit „`Handy“ gewählt …. Dieser alltagssprachliche Begriff wird eher für kleine Geräte verwendet, nicht für Laptops. Der Unwertgehalt der Tat erscheint dem Gericht größer, wenn der Betroffene ein Laptop und nicht lediglich ein “Handy“´ benutzt. …“….

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat im Rechtsfolgenausspruch auch teilweisen Erfolg: Der Tatrichter hat zur Begründung der bezeichneten Abweichung von dem (in der Bußgeldkatalog-Verordnung, kurz: BKatV) als Sanktion für den in Rede stehenden Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO vorgesehenen Bußgeldregelsatz ein (bereits) vom Tatbestand der entsprechenden gesetzlichen Vorschrift erfasstes Merkmal herangezogen. Insoweit ist daher ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB analog), das im Recht der Ordnungswidrigkeiten auch bei der Entscheidung, ob von einem Regelsatz der BKatV abgewichen werden darf/kann, gilt, gegeben. Die im Bußgeldkatalog (kurz: BKat; Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV) bestimmten Bußgeldregelsätze gehen von gewöhnlichen Tatumständen aus (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV); Abweichungen von entsprechenden Regelbußen setzen mithin besondere Umstände voraus, die in vorliegender Sache nicht gegeben sind. Hierzu im Einzelnen:

Nach § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, vom Führer eines Fahrzeugs nur unter eingeschränkten, gesetzlich normierten Voraussetzungen benutzt werden. Im Zuge der Neufassung der entsprechenden Regelung durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 wurde das bis dahin geltende „Handyverbot“ – unter Zugrundlegung eines technikoffenen Ansatzes – auf sämtliche technischen Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik ausgeweitet und explizit klargestellt, dass die in Rede stehende Vorschrift auch für „tragbare Flachrechner“ gilt (§ 23 Abs. 1a Satz 2 StVO). Neben sogenannten Tablets (Tabletcomputern bzw. Tablet-PCs) erfasst diese Begrifflichkeit auch elektronische Geräte, die als „Laptop“, d.h. tragbare (Personal-)Computer (Mobil-/Klapprechner, Note-/Netbooks etc.) bezeichnet bzw. umschrieben werden.

Korrespondierend hierzu heißt es unter Bezugnahme auf § 23 Abs. 1a StVO in Nr. 246 und Nr. 246.1 BKat unter der Rubrik „Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden“ wie folgt: „Elektronisches Gerät rechtswidrig benutzt beim Führen eines Fahrzeugs“.

Die (rechtswidrige) Benutzung eines elektronischen Gerätes beim Führen eines (Kraft-)Fahrzeugs ist für den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO konstitutiv und wird deshalb durch das Doppelverwertungsverbot vom Bußgeldbemessungsakt ausgeschlossen.

Die unterschiedslose Erfassung elektronischer Geräte belegt, dass Merkmale wie z.B. Größe und Gewicht oder der „Aufgaben-und Anwendungsbereich“ des betreffenden Gegenstandes ohne Hinzutreten weiterer, besonderer Umstände nicht geeignet sind, eine Erhöhung des Bußgeldregelsatzes zu rechtfertigen. Klarstellend bemerkt der Senat hierzu weiter Folgendes: Dass ein elektronisches Gerät während der unerlaubten Benutzung „auf dem Schoß“ des Fahrzeugführers platziert war, stellt keine entsprechende Besonderheit dar, da es einen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass die Benutzung eines solchermaßen positionierten elektronischen Geräts die von § 23 Abs. 1a StVO in den Blick genommene Gefahrenlage für die Verkehrssicherheit (zwingend) weiter erhöht, nicht gibt. Schließlich ist auch der pauschale Hinweis des Tatrichters auf die berufliche Tätigkeit des Betroffenen als „Außendienstmitarbeiter“ und die hierauf – ohne jedwede weitere Konkretisierung – gestützte Mutmaßung, dieser sei infolgedessen „besonders anfällig für (…) Verstöße“ gegen § 23 Abs. 1a StVO, nicht geeignet, die (vorgenommene) Regelsatz-Abweichung tragfähig zu begründen.“

M.E. zutreffend. Und: Kein Widerspruch zum AG Magdeburg, Urt. v. 20.08.2018 – 50 OWi 775 Js 15999/18 (332/18).  Denn hier hatte das AG in seinem dem OLG-Beschluss zugrunde liegenden Urteil festgestellt: „Während des Annäherungsvorgangs und auch noch beim Stand an der Ampelanlage hielt der Betroffene die linke Hand als Lenkrad, während er die rechte Hand an ein Laptop geführt hatte, das er auf dem Schoß abgelegt hatte. Schon bei Anfahrt an die Ampelanlage hatte er seinen Blick auf das Laptop gerichtet.“ Damit sind/waren m.E. die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1a StVO erfüllt.