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„Hallo, hallo, ich brauche in drei Tagen ein Taxi“, oder: Verstoß gegen die Beförderungspflicht

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Urheber: Dirk

Dann zwischen all den Entscheidungen zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren mal etwas ganz anderes, nämlich ein Verstoß gegen das PersonenBeförderungsgesetz, über den das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 31.03.2017 – 2 Ss (OWi) 60/17 – entschieden hat. Und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen des AG:

„Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Betroffene Inhaber und verantwortlicher Verkehrsleiter des Unternehmens „Taxi Schw.“ in D. Das Unternehmen verfügt über 4 von insgesamt 12 in der Stadt D. vergebenen Taxikonzessionen.

Am Freitag, den 26. Februar 2016 rief die Zeugin Sch. bei dem Taxiunternehmen an, um ein Taxi für den 29. Februar 2016 um 1:30 Uhr zu bestellen. Ein Fahrer des Unternehmens bat die Zeugin, sich am nächsten Vormittag erneut zu melden, woraufhin die Zeugin am nächsten Tag um 10:45 Uhr den Zeugen S. erreichte, der Rücksprache mit dem Betroffenen hielt. Letzterer teilte ihm mit, dass zur bestellten Zeit bereits eine Fahrt zum Flughafen angemeldet sei, so dass er die Zeugin Sch. an ein anderes Taxiunternehmen verweisen solle. Im Anschluss verkündete der Zeuge S. der Zeugin Sch. eine Absage, so dass es nicht zu einer Durchführung der von der Zeugin Sch. gewünschten Fahrt kam.“

Das AG hat das als einen Verstoß gegen die Beförderungspflicht aus § 22 PBefG gewertet. Bei einem zeitlichen Vorlauf von anderthalb Tagen sei der Betroffene verpflichtet gewesen, ein zweites von ihm insgesamt vier zur Verfügung stehenden Taxen einzusetzen. Es hat dann verurteilt.

Das OLG hat aufgehoben und zurückverwiesen. Nach seiner Auffassung sind die Feststellungen des AG lückenhaft, weil ihnen nicht zu entnehmen ist, ob der Betroffene seine Fahrzeuge für den gewünschten Beförderungszeitpunkt i.S. von § 47 Abs. 1 PBefG bereitgehalten hat.

Das OLG hat seiner  Entscheidung folgende Leitsätze gegeben:

  1. Die aus § 47 Abs. 4 i. V. m. § 22 PBefG resultierende Beförderungspflicht für Taxenunternehmer gilt nur für bereitgehaltene Fahrzeuge i. S. d. § 47 PBefG, wobei ein Bereithalten i. S. d. PBefG nicht nur das Warten einer Taxe am Taxenstand darstellt, sondern auch durch die telefonische Entgegennahme von Beförderungswünschen am Betriebssitz des Unternehmers begründet werden kann, sofern die nach außen dokumentierte Bereitschaft des Taxenunternehmers zur Aufnahme und Beförderung eines Fahrgastes vorhanden ist.
  2. Dabei ist die Beförderungspflicht auch dann eröffnet, wenn der Taxiunternehmer telefonisch Vorbestellungen, d.h. Beförderungswünsche für einen späteren Zeitpunkt, an seinem Betriebssitz entgegennimmt und er grundsätzlich – bezogen auf den Zeitpunkt der konkreten Beförderung – zur Beförderung bereit ist.
  3. Die regelmäßig eingesetzten Beförderungsmittel i. S. v. § 22 PBefG sind bei dem Verkehr mit Taxen die dem Unternehmer gewöhnlich zur Verfügung stehenden und bei durchschnittlichem Verkehrsaufkommen zahlenmäßig und nach ihrer Beschaffenheit ausreichenden Fahrzeuge.
  4. Es obliegt den Landesregierungen bzw. bei Übertragung der Ermächtigung durch die Landesregierung den regionalen und örtlichen Behörden gem. § 47 Abs. 3 PBefG, die Betriebspflicht der Taxenunternehmer zu konkretisieren und so dafür Sorge zu tragen, dass die Taxenunternehmer ihrer Aufgabenstellung als notwendige Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs gerecht werden.

E-Scooter versus ÖPNV – muss der Bus mich mitnehmen?

entnommen wikimedia.org - gemeinfrei

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Es war klar, dass die Frage irgendwann kommen würde. Denn mit zunehmender Nutzung sog. E-Scooter stellt sich natürlich auch die Frage. Habe ich als Nutzer eines E-Scooters einen Rechtsanspruch auf Beförderung mit einem „E-Scooter“ in Bussen . Das hatte ein Nutzer für sich bejaht und Busse des ÖVP mit einem E-Scooter genutzt. Die Sache ist dann beim VG Gelsenkirchen gelandet, das im VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23‌.‌01‌.‌2015‌, 7 L ‌31‌/‌15‌ – einen Rechtsanspruch allerdings nicht. Da hatte der Antragsteller geltend gemacht, ohne die angestrebte Beförderung mit seinem Elektromobil werde er erheblich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Daher müsse ihm ein Anspruch auf Beförderung zustehen. Dieser Argumentation folgte das VG nicht. Zur Begründung hat es sich auf eine aktuelle Untersuchung bezogen, die ergeben habe, dass eine Beförderung von Elektromobilen in Linienbussen erhebliche Gefahren sowohl für die Benutzer der Elektromobile als auch für die übrigen Fahrgäste begründe. Angesichts der sowohl ihm selbst als auch Dritten drohenden Gefahren müsse der Antragsteller die – vom VG ausdrücklich gewürdigte – erhebliche Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit im Ergebnis gleichwohl hinnehmen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass eine Beförderung des Antragstellers in einem Rollstuhl möglich sei.

Man muss mal sehen, was die Hauptsache bringt. Das Argument mit dem Rollstuhl ist natürlich so eine Sache. Allein ist eine Beförderung mit Rollstuhl in einem Bus kaum zu schaffen.

Zusatz: In der Überschrift die Abkürzung „ÖVP“ in ÖPNV“ geändert.

Kann ich bei Ihnen meine Taxifahrt unbar bezahlen…..

hat am Hamburger Flughafen eine Fahrgast wohl einen Taxifahrer gefragt, der das, weil sein Kartenlesegerät defekt war, verneinen musste. Daraus wurde dann ein OWi-Verfahren, u.a. auch wohl deshalb weil der Taxifahrer sich gegenüber dem Hamburger Flughafen dazu verpflichtet hatte, bargeldlose Zahlungen sicher zustellen. Das AG verurteilt, das OLG Hamburg hat im Beschl. v. 26.08.2010 – 2 – 32/10 (RB) aufgehoben und frei gesprochen mit der Begründung: Keine gesetzliche Grundlage. Die Ablehnung eines Taxifahrgastes wegen gewünschter bargeldlosen Zahlung sei in Hamburg keine Ordnungswidrigkeit. Es gebe keine Pflicht für Taxenunternehmer und -fahrer, Entgelte für Beförderungsleistungen unbar entgegenzunehmen oder entsprechende (Kartenlese-)Geräte bereitzuhalten. Ein Verstoß gegen die bußgeldbewehrte öffentlich-rechtliche Beförderungspflicht liege jedenfalls in Hamburg grundsätzlich nicht vor, wenn ein Beförderungsvertrag deshalb nicht zustande komme, weil der Taxenunternehmer oder -fahrer entgegen dem Ansinnen des Fahrgastes eine unbare Begleichung des Beförderungsentgeltes ablehne, etwa weil das Kartenlesegerät defekt ist. Dies gelte auch dann, wenn sich ein Taxenunternehmer gegenüber dem privaten Grundstückseigentümer eines Taxenstandes verpflichtet habe, Beförderungsentgelte auch unbar entgegenzunehmen. Ein Verstoß erfülle keinen Ordnungswidrigkeitentatbestand.

Man ist ja schon erstaunt, was alles so an die Gerichte herangetragen wird. Mein Gott, kann man da m.E. nur sagen: Wenn das Gerät kaputt ist, gehe ich eben zum nächsten und frage den, ob er mich „unbar“ fährt.