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Ich habe da mal eine Frage: Vollstreckung einer ausländischen Strafe, wie rechne ich ab?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Aus unserer (neuen) Rubrik „RVG-Rätsel“ heute die Frage eines Kollegen, die m.E. nun wirklich einfach zu beantworten war, aber manchmal sieht man den Wald eben vor lauter Bäumen nicht:

Der Kollege schreibt:

„Habe gerade keinen Plan:

Mandant (Deutscher) ist rechtskräftig in Rumänien zu 7 Jahren verurteilt worden, will nach Deutschland zur weiteren Strafvollstreckung. Das LG hat mich beigeordnet und die Vollstreckung der Strafe in Deutschland gemäß IRG für zulässig erklärt. Soweit alles gut.

 Nur: Wie rechne ich das ab? Einzeltätigkeit? Vollverteidiger?

 Ich habe leider keinen Plan und in Ihrem  Kommentar auch nichts gefunden – vielleicht war ich aber auch nur einfach zu blind ;-).“

Ist wirklich einfach zu beantworten und die Lösungen müssten nur so rasseln

Dann ändern wir mal unsere Rechtsprechung zur Abrechnung des Zeugenbeistandes…

RVG KasseEine der zum RVG immer noch heftig umstrittenen Fragen ist die danach, wie eigentlich der (bestellte) Zeugenbeistand seine Tätigkeiten abrechnet: Nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG als Einzeltätigkeit oder nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG. Da geht es in der Rechtsprechung mehr oder weniger fröhlich in und her, die Literatur ist einhellig der (zutreffenden) Auffassung: Teil 4 Abschnitt1 VV RVG. Klarheit hat da auch das 2. KostRMoG nicht gebracht. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung enthielt zwar eine Klarstellung der Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG, die die Frage entschieden hätte – im Sinne der Literatur, die Bundesregierung hat dann aber vor den Bundesländern gekniffen. Die hatten Angst ums Geld- vornehmer ausgedrückt heißt das: Man befürchtet nicht „sachgerechte“ Ergebnisse. Jedenfalls kann man m.E. aber deutlich aus dem Entwurf entnehmen, was der Gesetzgeber sich 2004 bei Schaffung des RVG gedacht hat. Also sollte man m.E. erwarten, dass nun die Rechtsprechung sich bewegt und das umsetzt. Mitnichten. Sie bewegt sich zwar, aber z.T. in die andere Richtung. Ein „schönes“ Beispiel ist da der OLG München, Beschl. v. 04.03.2014 – 4c Ws 51/14 – in dem das OLG seine frühere richtige Rechtsprechung aufgibt und nun nur noch nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG vergütet. Die Argumente sind bekannt und ausgetauscht, insoweit nichts Neues. Für mich nicht nachvollziehbar. Aber: Das OLG setzt sich wenigstens mit der geplanten und nicht durchgeführten Klarstellung auseinander:

dd) Der Bewertung der Tätigkeit des für die Vernehmung beigeordneten Zeugenbeistandes als Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG stehen auch die Gesetzesmaterialien nicht entgegen. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfes sollen erstmals auch im Strafverfahren die Gebühren eines Rechtsanwaltes für seine Tätigkeit als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen gesetzlich geregelt werden. Der Rechtsanwalt soll zwar bei diesen Tätigkeiten die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten (BT-Drucksache 15/1971 S. 220). Dagegen sollen nach dem Gesetzeswortlaut in der Vorbemerkung die Regelungen nur entsprechend anwendbar sein (Teil 4 Ziffer 1 VV RVG). Der Versuch der Bundesregierung im Jahre 2012, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, den Meinungsstreit über die Vergütung des Zeugenbeistandes zu beenden, indem die Vorbemerkung zu Teil 4 Ziffer 1 VV RVG die Regelung erhalten sollte, dass „der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger im Strafverfahren“ für entsprechende Beistandsleistungen erhalten sollte und damit eine entsprechende Formulierung wie bei der Vorbemerkung zu Teil 5 Absatz 1 VV RVG zu wählen (BT-Drucksache 17/11471 S. 123), ist gescheitert. Der Bundesrat hat diese Änderung mit der Begründung abgelehnt, dass sich die Vergütung an Art und Umfang der erbrachten Leistung orientieren soll. Die Verantwortung des Zeugenbeistandes könne jedoch nicht mit der eines Verteidigers, der seinen tat-sächlich mit dem konkreten Strafvorwurf konfrontierten Mandanten umfassend vertritt, gleichgesetzt werden. Der Zeugenbeistand könne lediglich unzulässige Fragen beanstanden und solle die sachgerechte Ausübung von Zeugnisverweigerungsrechten er-möglichen. Er habe ein Recht zur Anwesenheit nur während der Vernehmung des von ihm vertretenen Zeugen, nicht während der gesamten Verhandlung. Seine Tätigkeit ende mit dem Abschluss der Vernehmung des von ihm vertretenen Zeugen. Er habe kein Antrags- und Fragerecht im Termin. Er habe ein Akteneinsichtsrecht nur im Rahmen des § 475 StPO. Es sei daher nicht sachgerecht, für diese begrenzte Tätigkeit die gleichen Gebühren anzusetzen wie für das Wirken eines Verteidigers (BR- Drucksache 517/1/12 Seiten 94 und 95).“

 ee) Auch der Umstand, dass die Vorbemerkung Teil 5 Ziffer I für Bußgeldsachen folgende Regelung enthält: „Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligen, eines Zeugen oder eines Sachverständigen in einem Verfahren, für das sich die Gebühren nach diesem Teil bestimmen, entstehen die gleichen Gebühren wie für einen Verteidiger in diesem Verfahren“ führt zu keiner an-deren Betrachtung. Es handelt sich um einen gesetzgeberischen Widerspruch, der nicht aufgeklärt werden kann. Trotz des Hinweises im Gesetzgebungsverfahren durch die Bundesregierung (BT-Drucksache 17/11471 S. 123 zu Nr. 60), wurde der Wortlaut der Vorbemerkung zu Teil 4 Ziffer 1 nicht abgeändert bzw. der Vorbemerkung zu Teil 5 Ziffer I angepasst.“

Ich habe da mal eine Gebührenfrage: Reicht meine anwaltliche Versicherung nicht?

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

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Am Nachmittag des ersten Tages der neuen Woche: Mal wieder Gebührenrecht :-). Aus dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online stammt folgende Gebührenfrage, zu einem eher allgemeinen Problem. Gestellt wurde sie von einem Pflichtverteidiger, der in mehreren Verfahren tätig war. Alle Verfahren wurden später miteinander verbunden und zusammen verhandelt. Bei der Abrechnung hat der Pflichtverteidiger neben der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG auch die Verfahrensgebühren nach Nr. 4104 VV RVG abgerechnet. Der Bezirksrevisor war der Meinung, aus der Akte gehe nicht hervor, dass eine weitere Tätigkeit für diese Gebühr angefallen wäre. Der Pflichtverteidiger hat anwaltlich unter Hinweis auf § 294 ZPO versichert, dass er in den Verfahren vor Anklageerhebung sowohl mit der Staatsanwaltschaft über die Möglichkeit der Einstellung gesprochen habe als auch mit Zeugen über in Frage kommende beweiserhebliche Tatsachen. Der Bezirksrevisor hat sich auf den Standpunkt gestellt, die anwaltliche Versicherung würde nur für die Postpauschale genügen. Im Übrigen gelte § 294 ZPO, welcher eine anwaltliche Versicherung nicht zulasse, sondern lediglich die eidesstattliche Versicherung.

Ich war dann doch über die Auffassung des Bezirksrevisors ein wenig erstaunt. M.E. schießt er über das Ziel hinaus. Die vom Pflichtverteidiger erbrachten Tätigkeiten – es gilt altes Recht – gehören mit Sicherheit bereits zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren. Sie sind nicht mehr nur Einarbeitungsarbeiten, für die die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG gelten würden. Die vom Rechtsanwalt erbrachten Tätigkeiten müssen sich auch nicht aus der Akte ergeben, so dass schon der Ansatz des Bezirksrevisors falsch ist. Ausreichend ist die Glaubhaftmachung durch den Rechtsanwalt. Eine eidesstattliche Versicherung ist nicht erforderlich. Hier waren konkrete Tätigkeiten vom Rechtsanwalt vorgetragen. M.E. hatte sich schon damit entsprechend dem Rechtsgedanken des § 46 RVG die Beweislast umgekehrt (vgl. KG, RVGreport 2008, 302 = StRR 2008, 398; OLG Brandenburg, RVGreport 2007, 182 = AGS 2007, 400; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 259 = StRR 2008, 399). Diese Rechtsprechung der OLG ist zwar zu Auslagen ergangen, man wird sie aber auf diese Fallkonstellationen entsprechend anwenden können.

Die Frage wird sich unter Geltung des 2. KostRMoG v. 23.07.2013. (BGBl 2013, S. 2586) kaum noch so stellen lassen. Denn nach den Änderungen in der Nr. 4100 VV RVG fallen jetzt die Verfahrensgebühr und die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG immer nebeneinander an. Auf die erbrachten Tätigkeiten kommt es nicht mehr an. Die haben nur noch für die Frage der Bemessung der Gebühren Bedeutung.

Lesetipp: Abrechnung im Bußgeldverfahren im Kampf um die Akteneinsicht

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Zum Wochenanfang einen Lesetipp, nämlich der Hinweis auf den in der letzten Woche auf meiner Homepage eingestellten Beitrag aus VRR 2013, 213 „Abrechnung im Bußgeldverfahren: Verfahren wegen Akteneinsicht und einem damit verbundenen Rechtsmittels“ Der Beitrag enthält eine Darstellung der Abrechnung der Rechtsbehelfe in Zusammenhang mit dem Kampf um Akteneinsicht/die Bedienungsanleitung. Gute Arbeit, gute Lohn? Leider nicht so ganz, aber selbst lesen…..

Akteneinsicht im Bußgeldverfahren: Gibt es dafür gesonderte Gebühren?

Viele Beschlüsse über die Akteneinsicht enthalten, wenn die Anträge auf gerichtliche Entscheidung oder die Beschwerden erfolgreich waren, auch Kostenentscheidungen zu Gunsten der Betroffenen, indem den jeweiligen Landeskassen auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen auferlegt werden (vgl. z.B. hier: Akteneinsicht a la AG Rastatt – kein Urheberrecht des Herstellers). Mit einer solchen günstigen Kostengrundentscheidung im Rücken stellt sich dann natürlich für den Verteidiger die Frage, was kann ich da für meinen Mandanten eigentlich abrechnen/geltend machen?

Nun, um die Antwort vorweg zu nehmen – und sie wird auch nicht wirklich erfreuen: Nicht viel, denn m.E. sind die Tätigkeiten des Verteidigers durch die jeweilige Verfahrensgebühr, die für den Verfahrensabschnitt, in dem der Antrag auf gerichtliche Entscheidung – Verfahren vor der Bußgeldbehörde – bzw. die Beschwerde – gerichtliches Verfahren – gestellt waren – entsteht, abgegolten. Es gelten da die allgemeinen Regeln (vgl. dazu hier meinen Beitrag zur Abrechnung von formlosen Rechtsbehelfen pp. aus StRR 2012, 172). Das Ganze läuft über die Differenztheorie. Da gibt es, wenn überhaupt, nicht viel an Gebühren.

A.A. wohl das AG Senftenberg im AG Senftenberg, Beschl. v. 31.01.2013 – 59 OWi 390/12. Das AG geht von einer eigenen Angelegenheit aus und gewährt dann eine eigene Verfahrensgebühr für das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Ist m.E. leider falsch. Tut mir leid, liebe Verteidiger, so kann man es nicht machen: Denn es handelt sich aber bei diesem (Zwischen)Verfahren nicht um eine gesonderte Angelegenheit i.S. des § 15 RVG, sondern eben um ein Zwischen-/Nebenverfahren innerhalb des Bußgeldverfahrens, das zu der dem Rechtsanwalt als Verteidiger übertragenen Angelegenheit „Verteidigung im Bußgeldverfahren“ gehört. Würde man das anders sehen, müssten alle Zwischenverfahren im Bußgeld- aber auch im Strafverfahren als eigene Angelegenheiten behandelt werden. Das ist aber gerade nicht der Fall und wird für den vergleichbaren Fall der Beschwerde insoweit im RVG ausdrücklich anders geregelt, als im Strafverfahren eben – anders als im Zivilverfahren in der Nr. 3500 VV RVG – eine besondere Beschwerdegebühr nicht vorgesehen ist (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2012, 12). Etwas anderes folgt auch nicht aus den vom AG im o.a. angeführten Zitaten aus Gerold/Schmidt/Burhoff. Dort steht zu der vom AG gelösten Frage nichts. Und etwas anderes folgt schon gar nicht daraus, dass – nach Auffassung des AG – sich aus § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG ergibt, dass eine Kostenentscheidung zu treffen ist. Die Frage hat mit der Frage, ob es sich bei dem Verfahren, in dem der Antrag beschieden wird um eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit handelt nichts zu tun.

Also: Es bleibt nur die Differenztheorie :-(. Ich hoffe, dass nun nicht alle Verteidiger über mich herfallen :-). Und daran hat sich durch die RVG-Reform nichts geändert.