Und im zweiten Posting dann ein BVerfG-Beschluss, der sich zu den Anforderungen an die Anordnung einer Durchsuchung in einem „KiPo-Verfahren“ äußert. Die Staatsanwaltschaft führt gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verbreitung und des Besitzes jugendpornographischer Inhalte. Ausgangspunkt des Ermittlungsverfahrens war eine Meldung des National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) darüber, dass ein dem Beschwerdeführer zuzuordnendes Konto eines Messengerdienstes ein Video an mehrere andere Kontakte versandt habe. In dem 50-sekündigen Video ist eine männliche ejakulierende Person zu sehen. Nach Auffassung der Ermittlungsbehörden und der angegriffenen Entscheidungen ist die Person etwa 15 bis 17 Jahre alt.
Auf Grundlage dieses Videos erließ das AG einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnanschrift des Beschuldigten. Bei deren Durchführung stellten die Ermittlungsbehörden das Smartphone, den Laptop und das Tablet des Beschuldigten vorläufig sicher.
Dagegen dann die Rechtsmittel bei AG und LG, die keinen Erfolg haben. Beim BVerfG rügt der Beschuldigte dan u.a. eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 GG. Es fehle bereits ein auf konkreten Tatsachen beruhender Anfangsverdacht. Die im Video abgebildete Person sei geschlechtsreif. Ihre körperliche Entwicklung sei abgeschlossen und lasse nicht auf eine minderjährige Person schließen. Es sei unmöglich, einen Jugendlichen nur anhand von Bildmaterial von einem jungen Erwachsenen zu unterscheiden. Eine andere Betrachtung verbiete sich ohne weitere verdachtsbegründende Anknüpfungstatsachen, die hier nicht vorlägen.
Die Sache hatte beim BVerfG mit dem BVerfG, Beschl. v. 21.10.2024 – 1 BvR 2215/24 – keinen Erfolg:
„2. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung der gerügten Grundrechte nicht gemäß den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG aufgezeigt. Das gilt insbesondere für die gerügte Verletzung von Art. 13 Abs. 1 GG. Der Beschwerdeführer zeigt nicht substantiiert auf, wieso die Annahme des Amts- und Landgerichts, es habe ein Anfangsverdacht für die vorgeworfene Straftat vorgelegen, eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts darstellen soll. Denn der Beschwerdeführer geht von einem falschen verfassungsrechtlichen Maßstab für den erforderlichen Verdachtsgrad aus.
a) Das Gewicht des mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundenen Grundrechtseingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (vgl. BVerfGE 115, 166 <197 f.>; BVerfGK 2, 290 <295>; 5, 84 <88>). Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende, plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen, sodass ihr Ergebnis nicht mehr verständlich ist und sich somit der Schluss auf Willkür aufdrängt (vgl. BVerfGE 59, 95 <97> m.w.N.; BVerfGK 18, 414 <418>). Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§ 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für die strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte der Beschwerdeführenden beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.>; 115, 166 <199>; BVerfGK 5, 25 <30 f.>).
b) Die Verfassungsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die angegriffenen Beschlüsse diesem Anforderungen nicht gerecht würden. Es begegnet insbesondere keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass Amts- und Landgericht die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer im Besitz von zumindest jugendpornographischen Inhalten befunden und diese an mehrere Empfänger versandt hat, auf das versandte Video gestützt haben, weil auf sie die im Video abgebildete Person minderjährig wirkt. Das kann als zureichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Strafbarkeit des Besitzes und der Verbreitung auch von anderem jugend- oder kinderpornographischen Material genügen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. August 2014 – 2 BvR 200/14 -, Rn. 22 und vom 15. August 2014 – 2 BvR 969/14 -, Rn. 40; dagegen aber wohl BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2019 – 2 BvR 31/19 und 2 BvR 886/19 -, Rn. 29).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt allein die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, dass die im Video abgebildete Person tatsächlich volljährig sein könnte, nicht den Anfangsverdacht entfallen. In einem – wie hier – frühen Stadium der Ermittlungen ist es verfassungsrechtlich ausreichend, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die in einem pornographischen Video abgebildete Person jünger als 18 Jahre alt ist; ein höherer Verdachtsgrad wie etwa eine überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit oder gar eine Schuldüberzeugung sind nicht erforderlich. Die Frage der Volljährigkeit ist letztlich eine Frage, die abschließend erst durch die weiteren Ermittlungen und das weitere Verfahren zu klären ist. Zwar können konkrete Anhaltspunkte für die Minderjährigkeit einer abgebildeten Person nicht in jedem Fall allein vorliegendem Bildmaterial entnommen werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2019 – 2 BvR 31/19 und 2 BvR 886/19 -, Rn. 29). Vorliegend sind die Fachgerichte aber nachvollziehbar davon ausgegangen, dass das Video hinreichend aussagekräftig ist, um zur Einschätzung der Minderjährigkeit der abgebildeten Person zu gelangen; das Landgericht begründet dies insbesondere damit, dass das Gesicht der Person geradezu kindliche Züge aufweise.“