Versicherungsfall Vandalismus und Kaskoversicherung, oder: Wer muss was beweisen?

Im zweiten Posting geht es ebenfalls um einen Vandalismusschaden und an die Anforderungen an dessen Nachweis für den Eintritt der Kfz-Kaskoversicherung. Dazu hat sich das OLG Köln im OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2024 – 9 U 85/24 – geäußert.

Der Kläger verlangte von der der beklagten Vollkaskoversicherung eine Leistung wegen des Versicherungsfalls „Vandalismus“ und berief sich dabei auf eine umfassende Beschädigung seines Fahrzeuges. Das Schadensbild war in der Sache allerdings besonders auffällig, da eine Vielzahl an oberflächlichen Kratzern an zahlreichen Fahrzeugteilen angebracht worden waren, die an der Fahrzeugoberfläche verbleiben und einen hohen Kostenaufwand mit einer Reparaturkostenkalkulation bei einer markengebundenen Fachwerkstatt erfordern, aber mit vergleichsweise geringen Mitteln einfach optisch instandgesetzt werden können.

Sowohl das LG als auch das OLG sind davon ausgegangen, dass vor diesem Hintergrund ein atypischer Vandalismusschaden vorliegen würde, der keine Entschädigungspflicht der beklagten Vollkaskoversicherung auslöst:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus dem Vollkaskoversicherungsvertrag auf Zahlung des geltend gemachten Schadens.

1. Das Landgericht ist von dem zutreffenden Ansatz ausgegangen, dass der Kläger als Versicherungsnehmer den Eintritt eines Versicherungsfalles darzulegen und zu beweisen hat.

In der Kfz-Kaskoversicherung gewährt die Rechtsprechung dem Versicherungsnehmer für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen (hier gemäß Teil A.2 Kaskoversicherung – für Schäden an Ihrem Fahrzeug, Ziff.A.2.2.2.2 und Ziffer A. 2.2.2.3 der zum Vertragsbestandteil gewordenen AKB) nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen, sondern er muss den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Im Gegenzug werden auch dem Versicherer, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind (BGH r+s 1997, 446 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 –, juris Rn. 25; OLG Köln r+s 1998, 232 f. sowie 2008, 464f .). Der zunächst von dem Versicherungsnehmer zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung kann damit bereits am Schadensbild scheitern, wenn aus der Art der Schäden zu schließen ist, dass die Beschädigungen nicht durch eine mut- oder böswillige Handlung verursacht worden sind (OLG Frankfurt, Urt. v. 08.08.2017 – 7 U 24/17 -, juris Rn. 27; Senat, Urt. v. 13.12.2011 – 9 U 83/11 -, VersR 2012, 1297; Senat, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 4).

Dies bedeutet, dass der Kläger zunächst den Vollbeweis für das Vorliegen von Beschädigungen durch einen Unfall oder mut- oder böswillige Handlungen erbringen muss. Erst wenn er diesen Vollbeweis erbracht hat, ist es Sache der Beklagten zu beweisen, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass vorliegend die Schäden an dem Fahrzeug von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild her keinen positiven Aufschluss für einen Vandalismusschaden geben. Die Kammer hat ihre Bewertung darauf gestützt, dass die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, dass die vielfältigen, oberflächlichen Kratzer an zahlreichen Fahrzeugteilen für eine fachgerechte und vollständige Beseitigung zwar einen hohen Kostenaufwand gemäß der Reparaturkostenkalkulation erfordern, sie zugleich aber mit vergleichsweise geringen Mitteln eine optische Instandsetzung erlauben.

Diese Bewertung der Kammer begegnet – entgegen dem Vorwurf des Klägers – keinen rechtlichen Bedenken. Die Bewertung der Kammer deckt sich mit der Senatsrechtsprechung, wonach dann, wenn die fachgerechte und vollständige Beseitigung vielfältiger, aber sehr oberflächlicher Kratzer an zahlreichen Karosserieteilen nach der Reparaturkostenkalkulation zwar einen hohen Kostenaufwand erfordert und eine optische Instandsetzung im Sinne der Beseitigung der äußerlichen Erkennbarkeit mit vergleichsweise geringen Mitteln möglich ist, der Nachweis einer bedingungsgemäßen Fahrzeugbeschädigung nicht schon anhand des Schadensbildes als durch den Versicherungsnehmer als geführt angesehen werden kann (OLG Köln, Beschl. v. 13.08.2013 – 9 U 96/13 –, juris Rn. 5). Diese Ausführung greift der Kläger mit der Berufung nicht an.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, für die Annahme, der Vandalismusschaden sei von unberechtigten Dritten verübt worden, spreche, dass er mangels Eigentümerstellung keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil aus der Beschädigung des Fahrzeugs gezogen hätte, weil die Versicherungsleistung auf das Darlehenskonto hätte eingezahlt werden müssen. Diesem Aspekt kommt vor dem von der Beklagten dargelegten und dem Kläger nach anfänglichem Bestreiten zwischenzeitlich eingeräumten Umstand kein maßgebliches Gewicht zu, dass das Darlehen im Januar 2023 mit einer Schlussrate von 28.000,00 € insgesamt abzulösen war. Die Gutschrift der Reparaturkosten hätte die Darlehensschuld insgesamt verringert, was jedenfalls mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Darlehensnehmer und mittelbar auch für den Kläger als Anwartschaftsberechtigten verbunden gewesen wäre.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 12.06.2024 rügt, das Landgericht habe nicht begründet, warum es ihm ein unredliches Vorgehen unterstelle, verkennt er, dass das Landgericht in der Betrachtung der Gesamtumstände des vermeintlichen Schadensereignisses nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen seine Behauptung, das Fahrzeug sei durch einen unberechtigten Dritten mut- oder böswillig beschädigt worden, auch vor dem Hintergrund seiner Anhörung lediglich als nicht erwiesen erachtet hat. Dies beinhaltet nicht die Überzeugung davon, er habe den Versicherungsfall selbst herbeigeführt, was im Übrigen – insoweit wird auf die einleitenden Ausführungen Bezug genommen – die Beklagte zu beweisen hätte.“

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