Auf die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich auch eine Terminsgebühr, wenn ich nicht mehr warten konnte?, habe ich der Fragestellerin wie folgt geantwortet:
„Hallo,
dazu gibt es leider bislang keine Rechtsprechung. Sie müssten m.E. mit LG Dortmund, Beschl. v. 09.02. 2016 – 34 Qs 110 Js 265/15 argumentieren. Das ist genau der umgekehrte Fall: Vorverlegung des Termins und deshalb hat der der Verteidiger nicht am Termin teilgenommen. Und: Sinn und Zweck der Regelung sprechen für Sie. Fechten Sie es durch. Mich würde der Ausgang interessieren.“
Die Kollegin hat versprochen, eine von ihr erstrittene Entscheidung zu schicken. Die Fragestellung zeigt im Übrigen mal wieder, wie falsch die Rechtsprechung der OLGe Frankfurt am Main und München ist, die für die Anwendung der Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG die körperliche Anwesenheit des Rechtsanwalts im Sitzungssaal verlangen. Denn auch genau dden Fall, den die Kollegin hier zur Diskussion gestellt hat, sollten mit der Regelung in Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG erfasst werden. Es kann doch nicht zu Lasten des Verteidigers gehen, wenn sich das Gericht zeitlich verkalkuliert und der Verteidiger wegen eines anderen Termins/Hauptverhandlung nicht länger warten kann. Die Begründung der Kostenbeamtin für die Ablehnung der Festsetzung – die Kollegin „hätte schließlich noch warten können“ – ist schlicht eine Frechheit.
Also vom Wortlaut wird das eher schwer.
Gegebenenfalls eher eine Analogie.
Nein ist es nicht.
Es wird die Terminsgebühr sicher nicht geben, wenn es sich nur um eine geringfügige Verspätung handelt, wie sie im gerichtlichen Alltag aufgrund der Unwägbarkeiten der Hauptverhandlung häufig vorkommt. Auf so etwas muss der Anwalt vorbereitet sein und einen entsprechenden Zeitpuffer einplanen, zumal eine fixe Uhrzeit für das Terminsende üblicherweise nicht benannt und daher die voraussichtliche Dauer ohnehin nur anhand des geplanten Programms geschätzt werden kann. Wenn es sich hingegen um eine gravierende Verzögerung handelt (m.E. kann man da ab ca. 1 Stunde anfangen drüber zu reden, ab zwei Stunden sicherlich), dann kann man ganz ohne Analogie sagen, dass der Termin (jedenfalls zum anberaumten Zeitpunkt) nicht stattgefunden hat, so dass der vertretungsbereit zum anberaumten Zeitpunkt anwesende Anwalt die Terminsgebühr zu bekommen hat. Ob es eine förmliche Verlegungsverfügung auf einen späteren Zeitpunkt am selben Tag gab, die dem Anwalt nicht rechtzeitig bekannt gegeben wurde, oder ob der Richter gar nicht erst eine Verlegung verfügt sondern einfach so zwei Stunden später erst angefangen hat, kann hierfür keinen entscheidenden Unterschied machen.
Die Fragestellerin teilt mir heute mit:
„Sehr geehrter Herr Burhoff,
tja, was soll ich sagen… Nach meiner kurzen Stellungnahme mit Zitat der von Ihnen vorgeschlagenen Entscheidung kam heute (ungewöhnlich schnell für hiesige Verhältnisse) die Kostenfestsetzung – volle Gebühr für den Tag! Eine Begründung gab es nicht dazu, daher kann ich Ihnen leider dazu nichts übersenden. “
Freut mich für die Kollegin. Schade, dass es keine Begründung gibt.