Folgende Frage eines Kollegen zu einem Problem, das bei Pflichtverteidigern nicht selten ist, hat mich vor einiger Zeit erreicht:
„Sehr geehrter Herr Burhoff,
vielleicht haben Sie eine Fundstelle bzw. Lösung zu meinem Problem:
ich habe im letzten Jahr eine Pflichtverteidigung eines polnischen Staatsangehörigen übertragen bekommen.
Dieser wurde zuvor dem Haftrichter in Osnabrück vorgeführt und U-Haft angeordnet.
Das entsprechende Protokoll, welches die Einlassung, eine Belehrung und meinen Beiordnungsbeschluss umfasste, habe ich im weiteren Verlauf ins Polnische übersetzen lassen, weil ich davon ausging, dass dieses zur weiteren Verteidigung erforderlich sei.
Im Nachgang moniert der Bezirksrevisor die Erstattungsfähigkeit dieser Übersetzung des Protokolls (i.H.v. 220,- €), meines Erachtens nach war eine solche schriftliche Übersetzung aber erforderlich.
Vielleicht haben Sie da eine Idee?“
Die monierten Übersetzungskosten sind für die Verteidigung erforderlich gewesen und daher voll erstattbar. Siehe hierzu OLG Jena, Beschl. v. 16.02.2012 – 2 Ws 580/11. Unter 1. bis 3. wird dort m.w.N. (insbesondere BVerfG, Beschl. v. 27.08.2003 – 2 BvR 2032/01, sowie BGHSt 46, 178) zutreffend dargelegt, daß ein Anspruch auf Erstattung von Dolmetscherkosten mangels einer entsprechenden einfachgesetzlichen Vorschrift aus Art. 6 Abs. 3 e) MRK gegen die Staatskasse herzuleiten ist.
Die Entscheidung, ob die Kosten überhaupt zu erstatten sind, obliegt dabei dem mit der Hauptsache befassten Gericht – und nicht dem Rechtspfleger (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.05.2007 – III-1 Ws 500/06, OLG Dresden, Beschl. v. 08.07.2011 – 3 Ws 074/11) OLG Jena a.a.O.
@J. Bauer:
Sehe ich nicht so. Die zitierte Entscheidung des OLG Jena trifft den Sachverhalt nicht, dort ging es um Dolmetscherkosten für Mandantengespräche und nicht um die Übersetzung von Aktenteilen.
Ich gehe mal davon aus, dass bei der Eröffnung des HB ohnehin ein Dolmetscher anwesend war, und dann ist eine präventive (der Fragesteller macht ja noch nicht einmal geltend, die Übersetzung tatsächlich noch benötigt zu haben). Übersetzung einzelner Aktenteile mE nicht unbedingt erforderlich , zumindest nicht, wenn der Mandant ohnehin keine Angaben beim Haftrichter gemacht hat und es nicht um eine umfangreichere Einlassung geht.
Also müsste man schon irgendwie plausibel machen, dass und warum eine schriftliche Übersetzung einzelner Aktenteile notwendig gewesen sein soll. Ansonsten könnte man ja auch gleich die ganze Akte übersetzen lassen und dass das geht wäre mir jedenfalls neu. Auch das OLG Jena hält ja am Kriterium der Erforderlichkeit fest (II. 3 der Beschlussgründe).
Abgesehen davon stellt sich mE bei dieser „Selbstbeauftragung“ durch den RA (und nicht durch den sprachunkundigen Mandanten selbst oder durch den RA als dessen Vertreter) das weitere Problem, dass der Übersetzer seine Rechnung an den RA alsumsatzsteuerlichen Leistungsempfänger stellt und der also aufgrund dieser Rechnung die USt als Vorsteuer geltend machen kann. Dann kann er mE allenfalls den Nettorechnungsbetrag aus der Staatskasse erstattet bekommen.
Ein Anspruch auf Übersetzung des gesamten Akteninhalts kann – selbstredend – nicht hergeleitet werden; wohl aber ein Anspruch auf die Übersetzung von Schriftstücken und Erklärungen, auf deren Verständnis der Beschuldigte angewiesen ist, um ein faires Verfahren zu haben.
Was nun zu einer sachgerechten Verteidigung jeweils konkret nicht mehr „erforderlich“ oder „notwendig“ ist, darf nachträglich nur sehr restriktiv bewertet werden, damit das Verteidigungskonzept nicht einer unzulässigen Inhalts- Kontrolle unterzogen wird.
In der Vergangenheit habe ich in solchen Situationen gute Erfahrungen mit einem kurzen Anruf bei Gericht (vor Beauftragung eine Dolmetschers/Übersetzers) gemacht.
Ich habe noch nicht erlebt, dass der Richter es für unnötig hält einen Dolmetscher beizuziehen oder Texte übersetzen zu lassen wenn der Beschuldigte/Angeschuldigte/Angeklagte kein Deutsch spricht.
Ich bitte um einen kurzen Vermerk in der Akte und die Abrechnung läuft problemlos.
bei fremden Gerichten empfiehlt es sich, vorher Antrag beim Gericht zu stellen. dass die Übersetzungskosten erforderlich sind. Bei Gerichtsakten kann auch darauf hingewirkt werden, dass das Gericht eine Übersetzung veranlasst.
Ob gerade das Übersetzung des Pflichtverteidigerbestellungsbeschlusses erforderlich sein könnte, erscheint mir zweifelhaft.
Zu Schneidermeister: grds ist es so, dass der Pflichtverteidiger den Dolmetscher beauftragt und diesen zahlt und dann der RA den Erstattungsanspruch geltend macht (natürlich inkl. MWst, die der Staat ohnehin stets tragen muss). Bei einigen Gerichten ist es aber halt folgendes üblich:
Der Dolmetscher bekommt sein Geld unmittelbar aus der Staatskasse, weil die Rechtspfleger der Einfachheithalber von einer Abtretung (Erstattungsanspruch des RA gegenüber Staatskasse an Dolmetscher) ausgehen.
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