Und heute dann folgendes RVG-Rätsel; die Frage erreicht mich so oder ähnlich häufiger. Der Kollege/Fragesteller hat das Einstellen „erlaubt“. Ich habe aber „anonymisiert. Er fragte:
„Lieber Detlef,
es ist mir etwas peinlich, aber ich finde nichts in Deinem Blog und auch nichts im Gerold/Schmidt.
Folgender Sachverhalt: Kollege erkrankt nach Anklageschrift und ich übernehme den Fall mit Einverständnis des Gerichtes/Angeklagten und werde vom Landgericht beigeordnet. Termine standen schon fest und ich musste mich in 2 Wochen in ein sehr unangenehmen Fall einarbeiten (Vergewaltigung und sexueller Mißbrauch Minderjährigen). Angeklagter noch in U-Haft. Ich (gutgläubiger Esel) vereinbare mündlich, dass noch ein Honorar i.v.H. weiteren 2.000€. Mandant wird nach 5 Verhandlungstagen freigesprochen (mittendrin auch Haftbefehl außer Vollzug setzen lassen). und ich rechne mit der Staatskasse als Wahlverteidiger ab. Gab ca. 2.400 € brutto. Aus der Haftentschädigung habe ich die MÜNDLICH (ich Esel) vereinbarten 2000€ einbehalten. Zu § 4b RVG finde ich nichts dazu. Undankbarer Mandant will jetzt die 2000€ zurück. Zivilrichterin AG pp. meinte, ich hätte ja die gesetzliche Gebühr schon erhalten (ja aber aus der Staatskasse). Ich bin komplett verwirrt……“
Wer kann dem Kollegen helfen bzw. die Verwirrung lösen?
Der Kollege hat die 2000 auch als Zahlung des Mandanten bei Stellung KFA angegeben? Sonst könnte das ein Abrechnungsbetrug sein….
Mündlich ist natürlich doof…
wurde er jetzt vom Zivilrichter verurteilt, die 2000 zu zahlen?
Die „Lösung“ hat der Kollege doch schon selbst gesehen:
§ 3a RVG – fehlende Textform; damit kann mehr als die gesetzliche Gebühr nicht gefordert werden (die er erhalten hat, daher auch der Hinweis des Gerichts – auf die Beiordnung kommt es m.E. nicht an, abgerechnet wurde gegenüber der Staatskasse als Wahlverteidiger). In der Sache gehe ich übrigends davon aus, dass die Vereinbarung nach der Beiordnung erfolgte.
Und § 814 BGB hilft auch nicht weiter – denn geleistet worden ist ja gar nichts, sondern nur die Haftentschädigung einbehalten worden,so dass unabhängig davon, ob man wirklich Kenntnis des Mandanten unterstellen kann, dass aufgrund einer nicht textlichen Vereinbarung keine höheren als die gesetzlichen Gebühren verlangt werden könnten, schon eine Leistung im Sinne von § 814 BGB nicht vorliegt.
Und § 818 III BGB liegt hoffentlich nicht vor.
Ich bin eher verwirrt, dass man dabei verwirrt sein kann….
M. E. muss er sie zurückzahlen, da die Vereinbarung der Textform bedarf – was hier nicht der Fall ist (§ 3a Abs. 1 S. 1 RVG). Aus einer Vergütungsvereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 oder des § 4a Abs. 1 und 2 entspricht, kann der Rechtsanwalt keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern (§ 4b S. 1 RVG). Die hat der Kollege schon erhalten. Die vom Gericht zurück erstatteten Gebühren sind eigentlich ein Anspruch des Mandanten gegen den Staat. Sie sind kein eigener (gesonderter) Anspruch des Kollegen. Entsprechend ist er hinsichtlich seiner Ansprüche auf die gesetzlichen Gebühren bereits vom Auftraggeber befriedigt.
Die nur mündlich vereinbarte Vergütungsvereinbarung ermangelt der Textform des § 3 a I S.1 RVG, was nach § 4 b S.1 RVG den Honoraranspruch auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung beschränkt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 05.06.2014 – IX ZR 137/12).