Die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich den Längenzuschlag des Pflichtverteidigers?, hatte ich dem Kollegen kurz mit: „M.E. hat die Verlegung des Termins keine Auswirkungen. Ich sehe jedenfalls keinen Ansatz.“ beantwortet. Als ich am Freitag das Rätsel eingestellt habe, habe ich aber Bedenken bekommen, ob die Antwort richtig ist oder ob sie nicht doch vielleicht ein wenig zu schnell/zackig war.
Grund: Die Antwort ist ja nur dann richtig, wenn man den Sitzungsbeginn für den Kollegen, also das Ticken der „Längenzuschlagsuhr“ auf 13.50 Uhr festsetzt. Ich bin mir aber nicht mehr sicher, ob das richtig ist. Grund: Geladen war zu 13.30 Uhr, der Kollege verspätet sich um „höchstens 30 Minuten“. Das teilt er mit und der Termin beginnt dann um 14.00 Uhr. Die Frage ist, ob man bei der Konstellation wirklich von dem Satz „geladen und im Sitzungssaal“ ausgehen kann, dann würde das Ticken der „Längenzuschlagsuhr“ um 13.50 Uhr beginnen und es wären dann die fünf Stunden, die für das Entstehen des Längenzuschlags erforderlich sind, erreicht. Aber: Muss/kann man nicht vielmehr die Mitteilung des Kollegen als einen (versteckten) Verlegungsantrag ansehen, dem das Gericht nachgekommen ist, und den Sitzungsbeginn (konkludent) auf 14.00 Uhr verlegt hat. Dann wäre der Kollege um 13.50 Uhr – trotz des Staus – zu früh im Sitzungssaal anwesend gewesen und die „Längenzuschlagsuhr“ würde erst ab 14.00 Uhr laufen. Ergebnis: Kein Längenzuschlag. Es kommt allerdings ein wenig auf die Umstände des Einzelfalls an.
Ich tendiere derzeit zu der zweiten Lösung, bin aber auf das Ergebnis des Vergütungsfestsetzungsverfahrens gespannt. Der Kollege hat die Festsetzung des Längenzuschlags nämlich beantragt.
Nachtrag: Ich hatte mit dem Kollegen noch einmal gemailt und er hatte noch mitgeteilt:
„Es gab mehrere Angeklagte und die Mitverteidiger waren pünktlich, also um 13.30 geladen und im Saal. Zumindest aus deren Sicht läuft die Zeit ab 13.30.
Die Dauer der Verhandlung kann man wohl nur einheitlich bestimmen, also für alle gleich – hoffe ich jedenfalls 🙂 .“
Nun, richtig ist die erste Annahme: Für die zum ursprünglichen Terminsbeginn anwesenden Verteidiger beginnt die „Längenzuschlagsuhr“ in der Tat um 13.30 Uhr zu laufen. Bei ihnen wird für die Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer die Wartezeit mit einberechnet, das sollte kein Problem geben. Bei der zweiten Annahme muss ich den Kollegen enttäuschen: Der Längenzuschlag ist „personenbezogen“, d.h.: Es kommt auf die Hauptverhandlungszeit des jeweiligen Verteidigers an. Die Überlegung hilft dem Kollegen also nicht.
So und dann: Werbemodus an <: Wer sich über den Längenzuschlag umfassend informieren will, der kann dazu einiges nachlesen in der Kommentierung zu Nr. 4110 VV RVG bei Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, der im Sommer in 5. Auflage erscheint. Hier geht es zum (Vor)Bestellformular. Werbemodus aus >.