In der laufenden Woche erreichte mich dann die nachstehende Anfrage, die ich – kommt sicherlich dann doch wohl häufiger vor – hier gleich weiter gebe. Ist etwas länger, aber der Kollege hatte ja selbst auch schon ein wenig geforscht:
„Zur Frage:
Ich verteidige in einem äußerst umfangreichen Verfahren vor dem LG. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hat die Staatsanwaltschaft über Wochen einen „Spähangriff“ mit versteckten Kameras mit Mikrofonen durchgeführt, wobei über 4 TB (!) an Daten (Filme mit Ton) angefallen sind.
Die Staatsanwaltschaft wollte mir ursprünglich DVDs zuschicken, jedoch verkannt, dass dann ca. 1.000 DVDs zu brennen gewesen wären. Also bin ich mit der Staatsanwaltschaft überein gekommen, dass ich dieser eine Festplatte übersende und mir die Daten darauf überspielt werden. Im Ergebnis ging das leider auch nicht (weshalb weiß ich nicht), und so hat man mir die 2 Festplatten der Staatsanwaltschaft übersandt (1 x 4 TB, 1 x 1 TB) mit der Bitte, die Daten hier im Hause zu kopieren.
Hier habe ich festgestellt, dass der kanzleieigene Server „nur“ 4 TB fasst, sodass ich eine neue 4-TB-Festplatte kaufen musste, auf die ich die Daten der einen Festplatte kopiert habe (wobei der Kopiervorgang alleine ca. 2 Tage in Anspruch nahm). Die Daten der 1-TB-Festplatte konnten auf dem Server gespeichert werden.
Die Kosten für die 4-TB-Festplatte habe ich gem. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV-RVG gegenüber dem Landgericht als Auslage geltend gemacht. Die Festsetzung wurde abgelehnt mit der Begründung, die EDV-Ausstattung der Kanzlei sei zu den „allgemeinen Geschäftskosten“ zu zählen. Die angeschaffte Festplatte könnte ich auch anderweitig im Kanzleibetrieb nutzen (was ich auf absehbare Zeit nicht kann, da das Verfahren sicher noch eine ganze Weile dauern wird und die Daten jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hier allein aus berufsrechtlichen Gründen hier vorgehalten werden müssen).
Nun meine ich, dass das zwar im Grundsatz zutreffend ist (sodass etwa DVDs nicht einzeln als Auslage abgerechnet werden können), aber dass keine „normals“ Kanzlei Serverspeicherplatz im Umfange von über 4 TB für den regelmäßigen Geschäftsbetrieb vorzuhalten braucht. Ich meine, dass dieser Fall eher dem der Fertigung von Fotos für ein einzelnes Mandat (OLG Hamm, NJW 1967, 1763 1764, ich habe es nachgelesen, die Entscheidung „passt“ nicht richtig) oder dem der im Rechtsanwaltskanzleibetrieb vollkommen unüblichen aber konkret erforderlichen Verpackung (vgl.: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, Vorb. 7 VV-RVG, Rn. 18) entspricht.
Vielleicht haben Sie ja einen vergleichbaren Fall (oder meinen auch, dass man als Rechtsanwalt, der alleine im Strafrecht tätig ist, einen größer dimensionierten Server vorhalten muss, was ich nicht hoffe).„
Na, jemand Ideen und/oder Entscheidungen, mit denen er dem Kollegen weiterhelfen kann?
1.) Das Anfertigen von Fotos unterscheitet sich zumindest von der Datenübertragung auf eine Festplatte dadurch, dass die Festplatte später wieder anderweitig verwendet werden kann.
Was spricht dagegen, den Dateninhalt kanzleiintern auf DVD zu brennen, dann ist die Festplatte wieder nutzbar. Das Anfertigen von DVDs entspricht dem Anfertigen von Kopien, was man bei einer Papierakte wohl tun würde.
2.) Ich frage mich aber vielmehr, was passiert, wenn die Festplatte in der Kanzlei „verunglückt“ und kaputtgeht ?
Diese Frage dürfte eher ein Thema der nächsten Steuererklärung werden. Auch den Pkw, den Sie zur Anreise zu auswärtigen Terminen benötigen, können Sie „nur“ steuerlich geltend machen.
Dem Landgericht anbieten, die Festplatte nach Abschluß des Verfahrens der Justiz zur Verfügung zu stellen?
Gegenrechnung, wieviel es die StA gekostet hätte, wenn sie – wie ursprünglich geplant – die Daten auf 1.000 DVDs gebrannt hätte?
@ Ostfalk: Und wer bezahlt die 1.000 DVD?
@Krokoschinski: Ist m.E. doch wohl ein wenig anders gelagert.
@Schepers: Das Argument sticht bei der StA wahrscheinlich nicht. 🙂
Wenn Sie die Kosten der DVD in ein Verhältnis setzen zu den Papierkosten, die Sie beim Ausdruck des gesamten Inhaltes von 1.000,00 DVD benötigten, komme ich zu folgender Überlegung:
Auf eine DVD passen bei einem Scan von 200dpi s/w 140.000 DIN A4 Seiten, das mal 1.000 ergibt 140.000.000 ersparte Kopierseiten.
Wieviel kann man dafür abrechnen ?
Wieso kann man die Festplatte anschließend wieder verwenden? Werfen Sie den Inhalt Ihrer Akten sofort im Anschluss an den Abschluss des Mandats weg?
Es ist eigentlich eindeutig, dass die Beschaffung einer voluminösen Festplatte mit 4 TB für
vielleicht 200,– Euro unter § 670 BGB dann fällt, wenn dies für die Bearbeitung des Mandats, wie hier, erforderlich ist. Es handelt sich wegen des besonders großen Umfangs der Datenmenge um besondere Geschäftskosten, die zwingend anfallen, nicht allgemeine, wie das LG fälschlich annimmt. Diese sind nach Abrechnung gesondert zu erstatten. Hinzu tritt, dass die Festplatte als Bestandteil der Akte aufbewahrt werden muss, also nicht gelöscht und wieder verwendet werden kann ( es dräut das Finanzamt ).
Alternativ könnte man jeden Frame extra ausdrucken, und darüber eine Rechnung schreiben, aber das wird schlecht funktionieren.
Das Brennen auf DVDs ist schon deswegen widersinnig, weil damit für den Anwalt ein derart unverhältnismäßiger Aufwand anfallen würde, der nicht zu rechtfertigen ist. Denn eine DVD fasst nur 4,7 Gigabyte – selbst eine Blu-Ray nur 25 bis 50 GB.
Die Frage die sich stellte: Mit welcher Begründung soll der Verteidiger hier benachteiligt werden?
Das ist ebenso wenig hinnehmbar, wie die Annahme, der Verteidiger dürfe sich eine große Akte nicht ausdrucken (bzw. dürfte die Kosten nicht in Rechnung stellen) und müsse diese brav auf dem PC ansehen.
Meiner Meinung nach ist genau das der Punkt:
»[…] Letztendlich muss bei Strafverteidigern ausgeschlossen werden, dass sie hinsichtlich des ihnen zur Verfügung stehenden Aktenmaterials im Verhältnis zur Staatsanwaltschaft und dem Gericht benachteiligt werden (MüllerRabe aaO VV 7000 Rn. 30).«
In dem einen Fall wurden Inhalte von CDs ausgedruckt, weil die Verteidiger das gerne in Papierform haben möchten, was nun einmal Geld kostet.
Und im vorliegenden Falle möchte der Verteidiger die Inhalte gerne – wie die Staatsanwaltschaft auch – auf einer Festplatte haben, weil alles andere Unfug wäre. Das kostet nicht einmal viel Geld, sondern weniger als 200,00 €, sodass auch nicht davon die Rede sein kann, die Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt.
Materiellrechtlich kann ich das natürlich weniger gut beurteilen. Für mich jedenfalls ist diese Ausgabe nicht einmal eine besondere, sondern eine übliche Ausgabe: Denn dadurch, dass der Fall eben besonders umfangreich ist, werden die Ausgaben nicht besonders, weil man auf andere Datenträger zugreifen muss. Zwischen Papier, CD, DVD, Blu-Ray und Festplatte besteht nämlich insoweit überhaupt kein Unterschied: Sie sind alle Datenträger und das kosteneffizienteste Mittel und auch sinnvollste ist hier die Festplatte.
http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=5828&ident=
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