Nochmals Auslagenerstattung im OWi-Verfahren, oder: Schuldspruchreife und/oder „angeblicher Tatverdacht“

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Und heute dann noch Gebühren bzw. Entscheidungen, die damit in Zusammenhang stehen. Vorab wieder der Aufruf, mir gebührenrechtliche Entscheidungen zu schicken, denn der Ordner bei mir ist fast leer. Daher muss ich ausweichen.

So auch heute. Ich stelle nämlich noch einmal eine Entscheidung zur Auslagenerstattung im Bußgeldverfahren vor in einem Fall, in dem das AG wegen Verjährung eingestellt hatte. Das AG hat der Landeskasse die Auslagen des Betroffenen nicht auferlegt. Das sieht das LG Trier, das sich neulich schon einmal zu der Frage geäußert hatte, im LG Trier, Beschl. v. 05.07.2023 -5 Qs 69/23 – anders:

„Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des Beschlusses im angegriffenen Umfang. Das Amtsgericht hat dem Betroffenen seine notwendigen Auslagen zu Unrecht auferlegt.

Dies widerspricht dem Grundsatz des § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 1 StPO, wonach die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last fallen, soweit das Verfahren gegen ihn eingestellt wird.

Als Ausnahme hiervon kann das Gericht nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO zwar davon absehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er wegen einer Ordnungswidrigkeit nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht. Bei Hinwegdenken dieses Verfahrenshindernisses – hier der eingetretenen Verfolgungsverjährung – muss feststehen, dass es mit Sicherheit zu einer Verurteilung gekommen wäre (BGH, NStZ 1995, 406, 407). Als Ausnahmevorschrift ist diese jedoch eng auszulegen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.11.2014 – 2 Ss 142/14, BeckRS 2015, 337 Rn. 4 m.w.N.).

Eine solche Schuldspruchreife kann allerdings nur nach vollständig durchgeführter Hauptverhandlung und dem letzten Wort des Betroffenen eintreten (BGH, NJW 1992, 1612, 1613; dem folgend Niesler, in: BeckOK StPO, 47. Edition, Stand: 01.04.2023, StPO § 467 Rn. 11; siehe auch BGH, Beschl. v. 19.06.2008 3 StR 545/07, Rn. 17 juris; LG Neuruppin, Beschl. v. 18.12.2020 – 11 Qs 95/20, Rn. 7 juris).

Selbst wenn man der Gegenansicht folgt, wonach von der Auslagenerstattung durch die Staatskasse bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgesehen werden kann, wenn nämlich ein auf die bisherige Beweisaufnahme gestützter erheblicher Tatverdacht besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen würden (so etwa BGH, NStZ 2000, 330, 331; siehe auch die insoweit kritische Anmerkung von Hilger, a.a.O.), führt dies im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung, da eine Hauptverhandlung nebst Beweisaufnahme vorliegend noch nicht einmal begonnen wurde.

Im Ergebnis hat daher die Staatskasse nach beiden Ansichten neben den Kosten des Verfahrens auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen.“

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