Zuständigkeit III: Erneute Entscheidung über Ersuchen, oder: Nicht wir, sondern die vom OLG Bamberg

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Und zum Tagesschluß dann noch eine Entscheidung aus dem Auslieferungsrecht, und zwar den OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2022 -2 AR (Ausl) 85/22.

Die rumänischen Behörden haben die Auslieferung des Verfolgten beantragt. Das OLG Bamberg hat die Auslieferung für unzulässig erklärt. Begründung: Abwesenheitsurteil. Der Auslieferungshaftbefehl wird aufgehoben. Dann wird der Verfolgte, der inzwischen im Landkreis Holzminden erneut aufgrund der fortbestehenden Ausschreibung festgenommen. Inzwischen hat die GstA Celle beantragt – die Gründe tun nichts zur Sache – die Auslieferung für unzulässig zu erklären. Das OLG Celle zeigt mit dem Finger auf das OLG Bamberg und sagt: Nicht wir, sondern die:

„Der Senat ist zu einer Entscheidung nicht berufen.

Für eine gemäß § 29 Abs. 1 IRG zu treffende erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten an die r. Justizbehörden ist das Oberlandesgericht Bamberg örtlich zuständig.

Gemäß § 14 Abs. 1 IRG liegt die örtliche Zuständigkeit in Auslieferungsverfahren bei dem Oberlandesgericht und der Generalstaatsanwaltschaft, in deren Bezirk der Verfolgte zum Zwecke der Auslieferung ergriffen oder, falls eine Ergreifung nicht erfolgt, zuerst ermittelt wird. Vorliegend erfolgte die erstmalige Ermittlung sowie die Ergreifung des Verfolgten im Zuge des Erlasses des Auslieferungshaftbefehls des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17.02.2022. Die hierdurch begründete örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Bamberg ist nicht durch den späteren Aufenthalt des Verfolgten sowie seine erneute vorläufige Festnahme am 23.03.2022 im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle entfallen. Denn eine einmal bestehende örtliche Zuständigkeit dauert bis zum Ende des Auslieferungsverfahrens an und wird durch Änderungen des Aufenthalts des Verfolgten grundsätzlich nicht berührt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 02.06.2020 – Ausl 301 AR 66/20 –, juris, mwN). Insoweit stellt das Wort „zuerst“ in § 14 Abs. 1 IRG klar, dass sich ein einmal begründeter Gerichtsstand nicht durch erneute Ermittlung des Verfolgten in einem anderen Bezirk ändert (vgl. Schierholt in Schomburg/Lagodny, IRG, 6. Aufl. 2020, § 14 Rd. 4 mwN). Eine zeitlich zuerst begründete örtliche gerichtliche Zuständigkeit bleibt daher auch erhalten, wenn später Umstände eintreten, welche eine andere gerichtliche Zuständigkeit zu begründen geeignet sind. So ist eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit von der obergerichtlichen Rechtsprechung für Fälle verneint worden, in denen ein zum Zwecke der Auslieferung zur Strafverfolgung erlassener Europäische Haftbefehl durch den ersuchenden Staat zurückgenommen und zeitgleich oder später ein neuer Europäischer Haftbefehl erlassen wird, sofern beide Europäische Haftbefehle den gleichen Sachverhalt zum Gegenstand haben (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 27.02.2020 – 2 Ausl 18/20 –, juris; OLG Karlsruhe, aaO). Im vorliegenden Fall besteht der Europäische Haftbefehl des Gerichts in Tirgu Bujor vom 09.11.2021 (Az. 1114/316/2017), der bereits Gegenstand der o.g. Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17.02.2022 über die Unzulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten an die rumänischen Justizbehörden war, unverändert fort. Das in dem Europäischen Haftbefehl formulierte Auslieferungsersuchen der rumänischen Justizbehörden hat sich nach Auffassung des Senats durch die vorgenannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg nicht erledigt. In der Folge ist das Oberlandesgericht Bamberg für die im Hinblick auf das fortbestehende Auslieferungsersuchen zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen weiterhin zuständig. In Ansehung der o.g. Grundsätze ändert hieran nichts, dass der Verfolgte zwischenzeitlich im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle ermittelt und erneut vorläufig festgenommen wurde. Gerade auch in Fallkonstellationen der vorliegenden Art würde ein Wechsel der gerichtlichen Zuständigkeit dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 14 Abs. 1 IRG zuwiderlaufen, durch eine Festlegung auf das zunächst mit der Sache befasste Oberlandesgericht auch aus außenpolitischen Gründen negative Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden und auf diese Weise die Vereinfachung, Beschleunigung und Kontinuität des Auslieferungsverfahrens zu gewährleisten (vgl. OLG Karlsruhe, aaO, unter Hinweis auf BT-Drs. 9/1338, S. 48). Anderenfalls würden, wenn der Verfolgte erneut seinen Aufenthaltsort wechseln würde, zahlreiche verschiedene Oberlandesgerichte mit demselben Auslieferungsersuchen befasst werden.“

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