U-Haft III: Der Erlass eines neuen BGH-Haftbefehls, oder: Gegenstandslose Haftbeschwerde

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Und zum Tagesschluss noch etwas Verfahrensrechtliches zur U-Haft, und zwar der BGH, Beschl. v. 19.07.2022 – StB 30/22.

Der Beschuldigte ist in dieser Sache am 07.02.2022 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 08.02.2022 ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Lörrach vom selben Tag. Am 13.07.2022 hat der Ermittlungsrichter des BGH unter Aufhebung dieser Entscheidung einen neuen Haftbefehl erlassen und verkündet, der seither vollzogen wird.

Gegenstand des aktuellen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte, der im Sinne der sog. Reichsbürger-Bewegung die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Staatsorgane in Abrede stelle, habe am 07.02.2022 bei W. aus niedrigen Beweggründen versucht, durch den gezielten Zusammenstoß mit dem von ihm geführten PKW einen Polizisten zu töten, um sich einer von ihm als rechtswidrig erachteten Verkehrskontrolle zu entziehen, wobei er dem Beamten schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen zugefügt habe, strafbar unter anderem als versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Eingriff in den Straßenverkehr zur Herbeiführung eines Unglücksfalls.

Nachdem das AG Karlsruhe die Haftkontrolle vom AG Lörrach übernommen hatte, hat es sie – nach Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch den GBA – mit Beschluss vom 23. 06.2022 auf den Ermittlungsrichter des BGH übertragen. Dieser hat am 28.06.2022 darauf erkannt, dass mit dem vorbenannten Beschluss die Zuständigkeit für die weiteren Haftentscheidungen gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO auf ihn übergegangen ist.

Gegen den Haftbefehl des AG Lörrach hatte der Beschuldigte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 24.06.2022 beim AG Karlsruhe Beschwerde eingelegt. Über den GBA ist sie am 28.06.2022 dem Ermittlungsrichter des BGH übersandt worden, der ihr nicht abgeholfen und sie am Folgetag dem BGH-Senat vorgelegt hat. Der hat nun die Beschwerde als gegenstandslos angesehen:

„Die Beschwerde gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Lörrach vom 8. Februar 2022 ist gegenstandlos.

Die Untersuchungshaft wird nicht mehr aufgrund dieses Haftbefehls vollzogen, sondern auf der Grundlage des neuen erweiterten Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2022. Dies führt infolge prozessualer Überholung zur Unstatthaftigkeit der gegen den ursprünglichen Haftbefehl erhobenen Beschwerde. Da die Untersuchungshaft weiter vollzogen wird und der Beschuldigte den neuen Haftbefehl vollumfänglich angreifen kann, besteht für die Beschwerde gegen die erstmalige Haftanordnung auch unter dem Gesichtspunkt eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses kein Rechtsschutzbedürfnis. Weil die Unzulässigkeit des Rechtsmittels erst nach seiner Einlegung eingetreten ist, ist es infolge Erledigung für gegenstandslos zu erklären (s. BGH, Beschluss vom 4. Januar 2013 – StB 10/12, juris Rn. 4; OLG Koblenz, Beschluss vom 23. Dezember 2015 – 2 Ws 664/15, juris Rn. 3 ff.; BeckOK StPO/Krauß, 43. Ed., § 117 Rn. 7).“

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