StPO I: Die DNA-Mischspur als Beweisanzeichen, oder: Anforderungen an die Urteilsgründe

Ich stelle heute dann seit längerem mal wieder StPO-Entscheidungen vor.

An der Spitze hier dann zunächst der schon etwas ältere BGH, Beschl. v. 20.01.2022 – 5 StR 410/21 -, der noch einmal zu den Anforderungen an die Urteilsgründe Stellung nimmt, wenn die Feststellungen u.a. auf eine sog. DNA-Mischspur gestützt werden. Das LG hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Dagegen das Rechtsmittel des Angeklagten, das mit der Sachrüge Erfolg hatte:

„Die Strafkammer hat sich von der (Mit-)Täterschaft des diese bestreitenden Angeklagten unter anderem aufgrund von in der Bunkerwohnung gefundenen übereinstimmenden DNA-Mischspuren überzeugt. Diese wurden an einem Koffer und an einer Plastiktüte festgestellt, in denen sich jeweils Betäubungsmittel befanden. Die Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daran stellt.

Insoweit gilt: Während bei Einzelspuren jedenfalls das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden muss, ist bei Mischspuren hingegen grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187; vom 9. November 2021 – 4 StR 262/21; vom 18. August 2021 – 5 StR 217/21; vom 12. August 2021 – 2 StR 325/20; vom 14. Juli 2021 – 6 StR 303/21, jeweils mwN). Daran fehlt es jeweils.

Der Senat kann angesichts der Bedeutung, die das Landgericht diesen Beweisanzeichen beigemessen hat, nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht. Denn ungeachtet der im Übrigen für eine Täterschaft des Angeklagten streitenden Indizien (wie etwa die Anmietung der Wohnung und Besitz eines zugehörigen Schlüssels, die DNA-Einzelspuren an Gummihandschuhen, die von Zeugen beschriebenen Verkaufsgeschäfte, das Notizbuch mit Schuldnerlisten, die Behandlungsunterlagen) hat das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zur Tatherrschaft maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte Mitverursacher der Mischspuren an Koffer und Plastiktüte sei, was seinen Zugriff auf die in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel belege.“

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